Beim Thema sexualisierte Gewalt an Kindern und Jugendlichen habe die Evangelische Kirche noch sehr viel Aufklärungsarbeit zu leisten, sagt Detlef Zander, Gründer des "Netzwerks Betroffenenforum". Er ist auch Co-Forscher einer EKD-finanzierten Studie zur Aufarbeitung der Fälle. Das Thema steht auch im Zentrum der digitalen Synode der Evangelischen Kirche, die am Sonntag eröffnet wurde.
Viele Betroffene schweigen noch immer
Leider gebe es immer noch zu wenig Betroffene, die sich zu ihren Erlebnissen äußern wollten, so Zander. Viele argumentierten: "Was bringt mir das? Mir wird nicht geglaubt."
Deshalb müsse man den Betroffenen besser erklären, dass eine solche Studie unabhängig sei und was sie davon hätten. "Wer das Schweigen bricht, der bricht auch den Rücken des Täters."
"Ganz cool" hinter den Katholiken versteckt
Dass es bei der Aufklärung nur schleppend vorangehe, liegt nach Auffassung Zanders unter anderem daran, "dass sich die evangelische Kirche bis jetzt ganz cool hinter der katholischen Kirche verstecken konnte". Man habe nach dem Motto agiert "bei uns ist das gar nicht so schlimm, wir haben ja nur Einzelfälle".
Dabei sei das Gegenteil der Fall, betont Zander: "Man muss der Öffentlichkeit sagen, dass es auch in der evangelischen Kirche Tausende von Fällen gibt."
Bedford-Strohm hinterlässt einen Scherbenhaufen
Dem EKD-Ratsvorsitzenden stellt der Betroffenenvertreter diesbezüglich ein miserables Zeugnis aus. Heinrich Bedford-Strohm habe jetzt sieben Jahre Zeit gehabt, um die Aufarbeitung in der evangelischen Kirche voranzutreiben, und hinterlasse "einen Scherbenhaufen".
So habe sich Bedford-Strohm bisher noch nicht einmal mit dem Betroffenenbeirat auseinandergesetzt, sagt Zander, der selbst Mitglied in diesem Beirat ist. Die Selbstkritik des EKD-Vorsitzenden, seine Kirche müsse besser aufarbeiten, sei von daher "nur kirchenpolitisches Geplänkel."