Misstrauensvotum gegen Willy Brandt

Politkrimi in Bonn

34:40 Minuten
Blick auf die Stimmenauszählung im Bonner Bundestag am 27.4.1972
"Wir gingen alle davon aus, Barzel gewinnt": Stimmenauszählung im Bonner Bundestag zum Misstrauensantrag der Opposition gegen Bundeskanzler Willy Brandt. © picture-alliance / dpa
Von Hans Rubinich · 27.04.2022
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Alles steht auf der Kippe: der sozialliberale Aufbruch, die neue Ostpolitik, die Kanzlerschaft von Willy Brandt. Am 27. April 1972 will die Opposition im Bundestag unter der Führung von Rainer Barzel den Regierungschef und seine Koalition abwählen.
Bonn, 27. April 1972. 12.59 Uhr. Es ist so weit: Die sozialliberale Koalition unter Bundeskanzler Willy Brandt steht vor dem Aus. Zweieinhalb Jahre nach dem Amtsantritt hat die Regierung im Bundestag keine Mehrheit mehr.
Abgeordnete von SPD und FDP haben die Seiten gewechselt und sind zur Opposition übergetreten. Die CDU/CSU hat einen Antrag gestellt, den amtierenden Bundeskanzler mit einem konstruktiven Misstrauensvotum zu stürzen.
Nach den Erfahrungen in der Weimarer Republik hat das Grundgesetz für den Kanzlersturz eine hohe Hürde aufgebaut: Er kann nur abgewählt werden, wenn eine Mehrheit den Kandidaten der Opposition wählt. Der steht bereit an diesem 27. April 1972: der Fraktionschef der oppositionellen Unionsparteien, Rainer Barzel.
Um 10.00 Uhr hat Bundestagspräsident Kai-Uwe von Hassel die Sitzung eröffnet. Als Erster tritt Kurt Georg Kiesinger ans Rednerpult, Brandts Vorgänger von 1966 bis 1969.

Manche unserer Freunde haben uns empfohlen, diese Koalition, diese Regierung, diesen Bundeskanzler immer tiefer in die Sackgasse ihrer verfehlten Politik geraten zu lassen, um dann bessere Wahlchancen für uns zu gewinnen. Ginge es nur um das Schicksal der Regierung, dann hätten wir diesen Rat befolgt. Es geht aber um die Interessen unseres ganzen Volkes und deren weitere Gefährdung abzuwehren.

Kurt Georg Kiesinger

Sozialliberale Ostpolitik rührt an ein Tabu

Die CDU/CSU-Opposition wirft Brandt den „Ausverkauf deutscher Interessen“ vor. Es geht um die ehemaligen deutschen Ostgebiete und den Staat hinter der Elbe, die „Ostzone“, wie es damals hieß, die DDR. Das Potsdamer Abkommen der Siegermächte des Zweiten Weltkriegs hatte 1945 die deutsche Frage offengelassen.
„Zurzeit unter polnischer Verwaltung“, „zurzeit unter sowjetischer Verwaltung“ war auf den Landkarten zu lesen, die die ehemaligen deutschen Ostgebiete zeigten. Bundeskanzler Adenauer hatte die Bundesrepublik seit 1949 entschlossen an den Westen angebunden und den deutschen Anspruch auf die Ostgebiete aufrechterhalten.
An dieses Tabu rührt die sozialliberale Ostpolitik. Die Opposition wirft der Koalition vor, dass sie die Ostgebiete aufgibt und faktisch die Oder-Neiße-Linie als Westgrenze Polens anerkennt. Für die Vertriebenenverbände ist diese Politik ein Skandal und eine nationale Katastrophe. „Verzicht ist Verrat“ lautet eine Parole.
Der Kniefall von Willy Brandt vor dem Mahnmal im einstigen jüdischen Ghetto in Warschau
Wird zum Symbol für das Bemühen um eine deutsch-polnische Aussöhnung: Kniefall von Willy Brandt vor dem Mahnmal im einstigen jüdischen Ghetto in Warschau.© picture-alliance / dpa / Engelbert Reineke
Die Verträge, Brandts Regierung mit der Sowjetunion und Polen ausgehandelt hat, halten zwar völkerrechtlich die Grenzfrage offen, aber sie fixieren das Prinzip der Unverletzlichkeit der Grenzen. Damit würden Polen und die Sowjetunion zustimmen müssen, bevor die Ostgebiete wieder deutsch werden können.
Außerdem unterstellt die Opposition der Regierung Brandt, sie verspiele die Wiedervereinigung beider deutscher Staaten. Denn die hat mit einem Tabu der Adenauer-Ära gebrochen: Sie verhandelt mit DDR-Offiziellen – ein Eingeständnis, dass es die DDR als Staat wirklich gibt.
Das ist die neue Ostpolitik, über die schon vor 1969 intensiv nachgedacht wurde, weil der Versuch, die Nachkriegsverhältnisse und die Existenz zweier deutscher Staaten zu ignorieren, die Bundesregierung international in wachsende Bedrängnis gebracht hat.

Neues Verhältnis zu Polen und der Sowjetunion

„Das hatte auch schon zum Beispiel den FDP-Parteitag 1967 stark beeinflusst. Da ist die entscheidende Auseinandersetzung geführt worden zum Beispiel über die Frage: Wie soll das mit der Oder-Neiße-Grenze weitergehen?“, erklärt Theo Schiller.
„Und daran hat sich festgemacht, dass insgesamt das Verhältnis zum Ostblock geändert werden müsse, dass man zu Polen, aber natürlich auch zur Führungsmacht Sowjetunion in ein anderes Verhältnis kommen musste.“
Der Marburger Politikwissenschaftler Theo Schiller war bis 1976 Bundesvorsitzender der Jungdemokraten, der damaligen Jugendorganisation der FDP.
Auch Willy Brandt machte sich seit 1963 für eine neue Ostpolitik stark. Bei einer Tagung in der Evangelischen Akademie Tutzing hatte er das von seinem Berater Egon Bahr entwickelte Konzept „Wandel durch Annäherung“ vorgestellt: Die deutsche Frage könne nur mit der Sowjetunion und nicht gegen sie gelöst werden.
1966 wurde die SPD Juniorpartner in der Großen Koalition mit der Union unter Kanzler Kiesinger, 1969 folgte der Machtwechsel, von dem die seit 20 Jahren regierenden Unionsparteien kalt erwischt wurden.

Unionsparteien hadern mit dem Machtverlust

„Das Kabinett Kiesinger trat am Dienstag zum letzten Mal bei Bundespräsident Heinemann zusammen, um mit den Abschiedsurkunden wieder auseinanderzugehen“, hieß es in einer Radioreportage. SPD und FDP hatten eine knappe Mehrheit im Bonner Bundestag, und Walter Scheel hatte die FDP auf einen sozialliberalen Kurs eingeschworen.
Die Unionsparteien taten sich schwer, diesen Machtwechsel zu akzeptieren – den ersten in der Bonner Republik und damit die Bewährungsprobe für die zweite deutsche Demokratie. Und nun brach diese neue Regierung auch noch die ehernen Tabus.
„Dreigeteilt niemals!“ – las man damals noch landauf landab auf Plakaten, die das Deutschland in den Grenzen von 1937 zeigten. Brandt, Bahr und Außenminister Scheel suchten stattdessen Aussöhnung mit Polen und der Sowjetunion und führten Verhandlungen mit der Regierung der DDR.

Der Kniefall in Warschau – ein Symbol

Volker Hauff, später Parlamentarischer Staatssekretär unter Willy Brandt:*

Es war der Versuch, eine Aussöhnung wirklich hinzukriegen. Nicht nur in der Form, dass man da ein paar Wirtschaftsabkommen gemacht hatte, sondern dass wir einen Beitrag leisten wollen, um die Wunden, die durch die Nazizeit in Europa geschaffen wurden, dass die endlich besser verheilen könnten.

Volker Hauff

Im Dezember 1970 reist Brandt nach Warschau.
Der Korrespondent Peter Schnell berichtete: “Der Kanzler rückt jetzt die Schleife, die schwarz-rot-goldene Schleife, im Kranz zurecht und verharrt dann schweigend vor dem Denkmal. Er ist niedergekniet. Selten habe ich eindrucksvoller gesehen, dass ein Deutscher die Verantwortung für diese unermesslichen Verbrechen auf sich nimmt, wie es eben hier der deutsche Bundeskanzler vor dem Denkmal im Warschauer Ghetto getan hat.“
Der Kniefall von Warschau wird zum Symbol für das Bemühen um eine deutsch-polnische Aussöhnung.
In der Innenpolitik strebt die Regierung Brandt-Scheel Reformen an. Die SPD/FDP-Koalition sieht die Studentenrevolte von 1968 nicht wie viele Konservative als Angriff langhaariger Krawallmacher auf die politische Ordnung, sondern als Aufforderung zu einer Demokratisierung der Gesellschaft, wie sie Deutschland noch nie zuvor erlebt hat.

In den 70er-Jahren werden wir aber in diesem Lande nur so viel Ordnung haben, wie wir an Mitverantwortung ermutigen. Solche demokratische Ordnung braucht außerordentliche Geduld im Zuhören und außerordentliche Anstrengung, sich gegenseitig zu verstehen.

Wir wollen mehr Demokratie wagen. Wir werden darauf hinwirken, dass ... jeder Bürger die Möglichkeit erhält, an der Reform von Staat und Gesellschaft mitzuwirken.

Willy Brandt

Am 19. März 1970 reist Brandt als erster Bundeskanzler in die DDR, nach Erfurt, zu einem Treffen mit DDR-Ministerpräsident Willi Stoph. Die Staatssekretäre beider deutscher Staaten, Egon Bahr und Michael Kohl, unterzeichnen in Bonn ein Transitabkommen. Vom Deutschen Bundestag muss es noch ratifiziert werden.

Widerstand gegen Brandts Ostpolitik

Auch die Verträge mit Polen und der Sowjetunion müssen noch ratifiziert werden. Gewaltverzicht, keine Gebietsansprüche. Entspannung im Kalten Krieg. Im Warschauer Vertrag erkennt die Bundesrepublik die Oder-Neiße-Linie faktisch als Westgrenze Polens an.
Die Verträge, von CDU und CSU wie auch von den Vertriebenenverbänden erbittert bekämpft - sie liegen dem Bundestag nun zur Abstimmung vor. Wer das ganze Gebäude der neuen Ostpolitik noch zum Einsturz bringen will, muss jetzt handeln.

Ihre Regierung und vor allem ihr Außenminister haben uns zwar immer wieder versichert, es würde nichts festgeschrieben und nichts anerkannt. Aber Sie haben sich auf Verträge eingelassen, die nach der entschiedenen Auffassung Ihres mächtigen Vertragspartners genau diese Anerkennung zum Inhalt haben.

Diese Politik sichert weder die Interessen des deutschen, des ganzen deutschen Volkes, noch macht sie den Frieden sicherer. Daher sind wir der Überzeugung, dass die Ostverträge in ihrer jetzigen Form im Deutschen Bundestag keine Mehrheit finden werden.

Kurt Georg Kiesinger

Als Kurt Georg Kiesinger am 27. April 1972 mit der neuen Ostpolitik von Kanzler Brandt und Außenminister Scheel abrechnet, weiß er: Brandts Regierung hat keine Mehrheit mehr im Bundestag, sie kann die Ostverträge nicht mehr gegen den Widerstand der Unionsparteien durchsetzen, und deshalb ist jetzt die Gelegenheit, zum großen Schlag auszuholen und den Machtwechsel von 1969 gewissermaßen rückgängig zu machen.
„Es fiel natürlich den Vertriebenenverbänden sehr schwer und auch den einzelnen Menschen, die die Vertreibung hinter sich hatten, die immer noch in der großen Hoffnung waren, irgendwann kommt das große Rollback und dann gehen wir da wieder zurück in unser eigenes Land“, sagt Volker Hauff.
„Oder zu akzeptieren, dass ein friedliches Zusammenleben oder auch eine Rückkehr in ihre angestammten Heimatgebiete, in denen sie aufgewachsen sind, nur möglich ist, wenn wir die Friedens- und Entspannungspolitik tatsächlich zum Erfolg führen.“

Die „Kette des Unrechts“ durchbrechen

Für Willy Brandt geht es darum, dass die Deutschen von einer Nachkriegsillusion Abschied nehmen. Adenauer hatte nach 1949 die Bundesrepublik fest in die westliche Staatengemeinschaft eingefügt, aber alle Fragen in Richtung Osten offengelassen.

Es war ein entscheidender Versuch, zur Westbindung hinzuzufügen: die Aussöhnung mit dem Osten. Das heißt eben auch, was Gebietsansprüche und anderes angeht, an das deutsche Volk von restlosen Illusionen zu befreien auch. Und in eine andere Zukunft zu führen, wo man nicht davon träumt, dass man da wieder in die Gebiete einziehen kann oder Ähnliches.

Sondern: Dass da Fakten geschaffen wurden, die wir jetzt anerkennen müssen und von dort ausgehend versuchen müssen, ein gedeihliches Zusammenleben wirklich zu organisieren. Oder noch mal Brandt - dieses wunderbare Wort: ‚Es kommt darauf an, die Kette des Unrechts zu durchbrechen.‘

Volker Hauff

Nazideutschland hatte den Osten Europas unterwerfen und erobern wollen. Dass im Ergebnis Deutschland im Osten große Gebiete verlor und nun vertraglich aufgab, musste auf Widerstand stoßen. International hingegen erwarb sich Brandt hohen Respekt, erhielt den Friedensnobelpreis.
Die Abgeordneten erfuhren es im Plenarsaal: „Ich unterbreche unsere Sitzung für einen Augenblick. Ich erhalte soeben die Nachricht, dass die Nobelpreis-Kommission des norwegischen Parlamentes heute dem Herrn Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland den Friedensnobelpreis verliehen hat.“
Die Abgeordneten der Regierung applaudierten stehend. Die Abgeordneten der CDU/CSU blieben sitzen.

Die Gesellschaft ist stark polarisiert

Gerhart Baum, später Parlamentarischer Staatssekretär des FDP-Innenministers Hans-Dietrich Genscher:* „Es war sehr merkwürdig. Die Reaktionen der Opposition. Sie hatten nicht die Größe, das anzuerkennen. Der Mann war verhasst. Wirklich schlimm“, erinnert er sich.
Ein halbes Jahr später kann Kurt Georg Kiesinger in der Gewissheit, dass die Stunde der Revanche gekommen ist, mit dem Friedensnobelpreisträger, seinem Nachfolger, abrechnen.
„Wir haben uns diese Entscheidung nicht leicht gemacht. Sie, Herr Bundeskanzler, haben gestern Ihre Außenpolitik als den gewiss nicht einfachen Versuch bezeichnet, die deutsche Politik mit den herrschenden internationalen Tendenzen in Einklang zu bringen“, so Kiesinger.
„Diesen Einklang können wir aber nicht dadurch schaffen, dass wir das große Anliegen der Wiederherstellung der Einheit des deutschen Volkes durch eine Politik gefährden, welche den Weg zu diesem Ziel durch eine Verhärtung oder eine Anerkennung des Status quo in Europa verbaut.“
Gerhart Baum im Rückblick: „Das war eine Polarisierung der Gesellschaft, die der heutigen in nichts nachsteht. Mich brüllten Leute über die Straße an. Ich war tätlichen Angriffen ausgesetzt. Die einen haben gesagt: Diese neue Regierung liefert uns den Kommunisten aus, und die anderen haben gesagt, es ist der einzige Weg zum Frieden in Europa.“
Volker Hauff im Rückblick: „Es hat rumort im Parlament zum ersten Mal. Es hat rumort in der Gesellschaft. Es hat rumort in der SPD. Die CDU war der Meinung, das ist ein Spuk und den darf man auf keinen Fall zulassen. Damals sind da wirklich Welten aufeinandergeprallt.“

Hitzige Debatte zu den Ostverträgen

Zwei Monate vor dem Misstrauensvotum debattierte der Bundestag zu den Ostverträgen. Franz-Josef Strauß (CSU), Rainer Barzel (CDU), Willy Brandt, der Kanzler.

Meine politischen Freunde und ich sind der Überzeugung, dass diese Verträge in der vorliegenden Verfassung über den militärischen Gewaltverzicht und über die Bereitschaft zur Zusammenarbeit hinausgeht, einen Bruchpunkt in der deutschen Nachkriegsgeschichte bedeuten auf einer Straße, an deren Ende nur Unheil stehen kann.

Franz Josef Strauß

Wir - meine Damen und Herren - wollen dauerhaften Frieden, wirksame Entspannung und Freiheit für die Menschen. Wir wollen, dass das freie Europa sich vereinigt und mit den anderen Staaten Europas zusammenarbeitet. Dass Selbstbestimmungsrecht und Freizügigkeit und die zu unserer Überzeugung zur dauerhaften Friedensordnung führen, der dann die Völker zustimmen, weil die Menschen greifbar und spürbar etwas davon haben. Deshalb sagen wir zu diesem Vertragswerk: so nicht.

Rainer Barzel

Der Gewaltverzicht und die Prinzipien des friedlichen Zusammenlebens sind eine Sache der internationalen und europäischen Politik geworden. Meine Damen und Herren, nehmen Sie es so, wie ich es sage:  Heute können wir noch zu den Schrittmachern einer neuen Politik gehören, morgen würden wir bestenfalls zu den Nachzüglern gezählt werden.

Willy Brandt

Die entscheidende Frage ist: Was wiegt schwerer, was ist der Bevölkerung wichtiger? Das Festhalten an einer nationalen Vision? Oder die Sehnsucht nach Versöhnung, Ausgleich und praktischen Erleichterungen im Leben?

„Die Menschen hingen an den Lautsprechern“

Mit dem Kanzlersturz will die Opposition die Beantwortung dieser Frage erzwingen. Der 27. April 1972 ist ein Donnerstag.
„Es war eine der spannendsten Abstimmungen, die ein deutsches Parlament überhaupt je erlebt hat. Da hing vieles davon ab: das Schicksal der Regierung, der einzelnen Personen. Aber es wäre auch eine politische Weichenstellung geworden“, sagt Gerhart Baum.
Werner Sonne berichtet für die ARD: „So etwas hat es hier noch nicht gegeben, selbst nicht in der Wahlnacht des Herbstes 1969. Hier ist nicht nur die Lobby dicht gedrängt von Journalisten, von Kollegen, sondern auch auf den Treppen Zuschauer im Moment.“
Demonstranten bei einer Solidaritätskundgebung für die Regierung Brandt-Scheel auf der Hamburger Moorweidfordern fordern "Willy muss Kanzler bleiben".
"Willy muss Kanzler bleiben": Tausende Menschen bei einer Solidaritätskundgebung für die Regierung Brandt-Scheel am 26.4.1972 in Hamburg. © picture-alliance / dpa / Lothar Heidtman
„In der ganzen Bundesrepublik, aber insbesondere im Ruhrgebiet, traten Belegschaften von Großbetrieben in den Ausstand“, erzählt Bernd Rother. „Bemerkenswert ist, dass keiner dieser Proteste auf einen zentralen Aufruf zurückzuführen ist.“
Der Historiker Bernd Rother hat soeben ein Buch veröffentlicht, unter dem Titel: „Willy Brandt muss Kanzler bleiben! Die Massenproteste gegen das Misstrauensvotum 1972“.

Zehntausende von Telegrammen gingen in diesen Tagen im Bundeskanzleramt ein, eine Welle von Zuschriften, wie es sie zuvor und danach nicht wieder gegeben hat. Oder es kamen Angestellte eines Krankenhauses, alles Frauen, auf Verabredung in Rot gekleidet zur Arbeit, um damit zum Ausdruck zu bringen, wo sie standen.

Zählt man zusammen, wie viele Menschen sich an diesen Protesten beteiligt haben, so kommt man auf eine Zahl von über 400.000.

Bernd Rother

Journalist Werner Sonne sagt rückblickend: „Die Menschen hingen an den Lautsprechern überall. Manche Kommentatoren haben schon etwas überspitzt natürlich von einer Bürgerkriegsstimmung gesprochen, weil die grundsätzliche Befindlichkeit war so, da wird ein Verrat geübt. Der populäre Willy Brandt wird mit schrecklichen Methoden um sein Amt gebracht.“

Dünne Mehrheit seit dem Machtwechsel 1969

Die Mehrheit war schon immer dünn gewesen, seit dem Machtwechsel 1969. Auch 1969, als sich Brandt und Scheel entschieden, den Machtwechsel zu wagen und die Union aus dem Kanzleramt zu verdrängen.
Noch in der Wahlnacht rief Brandt Walter Scheel an, den Bundesvorsitzenden der FDP. Gerhard Baum erinnert sich: „Wir haben dem Scheel, dem Spitzenkandidaten, geraten, unbedingt ein Fenster zu öffnen: die Tür für Koalitionsmöglichkeiten mit der SPD. Das ist im letzten Moment passiert. Und dann kam er in das Führungsgremium zurück in der Nacht und sagte: ‚Ich habe eben mit Willy Brandt gesprochen. Wir machen eine Koalition und wer nicht das nicht will, der kann gehen.‘“
SPD und FDP hatten 1969 gerade mal zwölf Sitze mehr als die Union. Vor diesem Hintergrund ist der Mut dieser Koalition, innen- und vor allem außenpolitisch die ganz heißen Eisen anzupacken und keinen Tabubruch zu scheuen, bemerkenswert. Mehrere Abgeordnete der Koalitionsfraktionen lehnen die neue Ostpolitik ab und sind zur Opposition gewechselt.
Theo Schiller, Politikwissenschaftler aus Marburg, erklärt, wie sich die Situation bis zum April 1972 zugespitzt hat.

Die Unsicherheit war immer da. Durch die Austritte und Übertritte war dann schon die Mehrheit der Koalition von zwölf Stimmen im Bundestag auf sechs Stimmen zusammengeschrumpft. Das war dann schon nach dem Oktober 1970.

Im Herbst 1971 kam es zu den berühmten Freiburger Thesen, also einem gesellschaftspolitisch wirklich linksliberalen Programm, das vor fünf Jahren noch undenkbar gewesen wäre. Das hat eine große öffentliche Unterstützung gefunden. Allerdings hat es den Riss innerhalb der FDP zum Teil jedenfalls verschärft.

Theo Schiller

"Ein schäbiges Spiel"

„Auf dem Parteitag 1971 haben wir eine klare Ostpolitik noch mal bestätigt“, erklärt Gerhart Baum. „Da sind einige zur CDU gegangen. Das war ein Prozess, den ich außerordentlich begrüßt habe. Die fühlten sich nicht mehr wohl. Ja, es hat enorme Kämpfe gegeben.“
Im April 1972 verliert die FDP bei der Landtagswahl in Baden-Württemberg erheblich, sie erhält 5,5 Prozent weniger Stimmen als vier Jahre zuvor.
„Das hat auch zur Folge gehabt, dass die Mehrheitsverhältnisse im Bundesrat sich verschoben haben“, erläutert Theo Schiller. „Die FDP fiel raus aus der Regierung. Die CDU hatte die absolute Mehrheit erreicht. Und in dieser Situation haben sich nun zwei weitere Abgeordnete deutlich positioniert, nämlich Herr Kienbaum und von Kühlmann-Stumm.“
Sie bleiben in der FDP, aber wenn diese beiden Parlamentarier der Regierungsfraktionen den Kandidaten unterstützen, der gegen Brandt antritt, dann ist die Regierung gestürzt. Genau das kündigen sie vor dem 27. April 1972 an: dass sie beim Misstrauensvotum für Rainer Barzel stimmen werden.
Die FDP-Wahlniederlage in Baden-Württemberg ist das Vorspiel zur Entscheidung in Bonn, so Theo Schiller: „In Baden-Württemberg der 23.4. war der Wahltag und am 27. April das Misstrauensvotum.“
Seit fast drei Stunden läuft die Debatte zum Misstrauensvotum. Nun ruft der Bundestagspräsident Walter Scheel auf, den Bundesvorsitzenden der FDP, Vizekanzler und Außenminister. Die Rede, die er hält, ist eine bittere Abrechnung im Angesicht der Niederlage.

Jeder einzelne Abgeordnete muss heute eine Entscheidung von großer politischer Tragweite fällen. Wenn es zur Regel werden sollte, dass Mehrheitsverhältnisse in den Parlamenten durch Parteien-Wechsel, also ohne Wählervotum, verändert werden, dann stirbt die Glaubwürdigkeit der parlamentarischen Demokratie.  Die Sicherung der persönlichen politischen Zukunft ist keine Gewissensfrage. Was hier gespielt werden soll, ist ein schäbiges Spiel.

Machen Sie unser Land und sich selber nicht unglücklich, indem Sie zur falschen Zeit mit den falschen Methoden eine Regierung etablieren wollen, deren Fundament sich auf politische Überläufer stützen müsste und deren Geburtsstunde vom Makel des Wortbruchs gekennzeichnet wäre? Eine Regierung gegen Treu und Glauben hat unser Volk nicht verdient. Das haben auch Sie nicht verdient, Herr Dr. Barzel.

Walter Scheel

Alle erwarten Barzels Sieg

„Man war total angespannt. Wir gingen alle davon aus, Barzel gewinnt. Das hat sich ganz klar abgezeichnet“, erinnert sich Theo Schiller. „Von daher war Untergangsstimmung. Weil, wenn das Misstrauensvotum gewinnt, Brandt als Bundeskanzler gestürzt ist, die Parteiführung der FDP gestürzt ist, dann ist ja auch die gesamte Reformentwicklung der FDP weg.“
Volker Hauff, der parlamentarische Staatssekretär unter Willy Brandt, erinnert sich: „Wir waren alle sehr angeschlagen. Aber es hat auch eher Kraft gegeben. Zu sagen: Für das, was hier eintreten, für das wir jetzt abgestraft werden sollen, weil das der Ausverkauf Deutschlands ist, das werden wir weiter vorantreiben. Ich jedenfalls war fest davon überzeugt, am Ende des Tages werden wir siegen. Nicht an dem Tag, aber dann eben später.“
Was Volker Hauff nicht wusste: In den Tagen vor dem Misstrauensvotum sucht die DDR und auch die Sowjetunion nach Wegen, wie Brandt das Misstrauensvotum überstehen könnte.
„Ich habe da auch eine Erfahrung gemacht, da mir in anonymer Form ein Brief zugespielt wurde. Der angeblich belegen sollte, dass es den Versuch gab vonseiten der CDU/CSU, SPD-Abgeordnete zu bestechen und dass die Industrie da mithelfen würde“, erzählt Volker Hauff.
„Es war ein gefälschter Brief und es war einfach der Versuch, auf diese Weise ein öffentliches Ereignis zu schaffen, wo ein junger SPD-Abgeordneter triumphierend aufsteht und sagt: ‚Die CDU besticht.‘ Um dann hinterher ganz kleinmütig vom Gericht zurechtgewiesen zu werden. Ich glaube nicht, dass ich da sozusagen ein völliger Ausnahmefall war. Hier wurde mit ganz harten, unsauberen Bandagen gearbeitet. Es war einfach der Versuch, eine Falle zu stellen.“

"Was fürchten sie denn?"

Nur noch wenige Minuten bis zur Abstimmung: Bundeskanzler Willy Brandt tritt ans Rednerpult. Er kritisiert zunächst die Abgeordneten, die die Seiten gewechselt haben.

Ich stimme denen zu, die sich dagegen wehren, dass ein Parteiwechsel als etwas Ehrenrühriges betrachtet wird. Aber ich habe meine eigene Meinung dazu, ob man willkürlich Mandate mitnehmen darf.

Aber eines leuchtet mir nicht ein: Wenn die Antragstellenden Zusagen erhalten haben von Abgeordneten, die nicht ihrer Fraktion angehören, warum stehen dann diese nicht wenigstens auf? Warum bekennen Sie sich nicht vor dem deutschen Volk? Was haben sie denn zu befürchten? Was fürchten Sie denn?

Willy Brandt

Fast drei Stunden hat die Debatte gedauert. „Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Aussprache. Wir kommen zur Wahl“, verkündet Bundestagspräsident Kai-Uwe von Hassel.
Abstimmung, Auszählung. Nie zuvor hat die ganze Republik so gebannt an den Radio- und Fernsehgeräten auf den Bonner Bundestag geschaut wie an diesem 27. April 1972. In Schulen wird der Unterricht unterbrochen und die Entscheidung im Parlament übertragen.
Parlamentskorrespondent Ernst Dieter Lueg berichtet. „Die Auszählung der Stimmen steht unmittelbar vor Abschluss. Und getrennt in dichten Trauben warten Opposition und Koalition auf das Ergebnis. Es scheint für die Regierung geklappt zu haben. Und da sitzt Rainer Barzel. Er schüttelt den Kopf.“

Nur die Minister der Koalition stimmen ab

Die Koalition hat sich etwas überlegt, um zu verhindern, dass jemand aus ihren Reihen für Barzel stimmt: Nur die Bundesminister nehmen an der Abstimmung teil, nicht die einfachen Abgeordneten der Koalition. Denn es kommt einzig und allein darauf an, dass Barzel die absolute Mehrheit der Stimmen bekommt, das sind 249.
Indem die Minister abstimmen, geben sie zugleich Schutz für potenzielle Abweichler aus der Union. Denn damit gibt es auf jeden Fall eine Reihe von Gegenstimmen gegen Barzel, nicht nur ein oder zwei Abweichler.
Für den Rundfunk berichtet Werner Sonne: „In diesem Augenblick steht Bundeskanzler Brandt an seinem Platz an der Regierungsbank und um ihn herum drängen sich seine Kollegen und Abgeordnete. Er erhält Beifall, er erhält die Glückwünsche. Aber die offizielle Bekanntgabe des Bundestagspräsidenten steht noch aus. Ich weiß, dass an dieser Stelle Rainer Barzel sitzt. Wir können in wenigen Augenblicken das offizielle Ergebnis dieser Abstimmung erwarten.“
Der Bundestagspräsident verliest das Ergebnis: „Von den stimmberechtigten Abgeordneten wurden abgegeben. 260 Stimmen. Von den 260 stimmberechtigten Abgeordneten haben für den Antrag mit Ja gestimmt 247. Mit Nein 10 Abgeordnete. Drei Stimmen sind Enthaltungen. Die absolute Mehrheit der stimmberechtigten Abgeordneten beträgt, wie Sie wissen, 249 Stimmen. Ich stelle fest, dass der von der Fraktion der CDU/CSU vorgeschlagene Abgeordnete Dr. Barzel die Stimmen der Mehrheit der Mitglieder des Deutschen Bundestages nicht erreicht hat.“

Barzel verleiht dem Augenblick Würde

Volker Hauff schaut auf den Gewinner, auf Willy Brandt. „Das war ein schönes Gesicht, als es vorbei war. Hut ab vor Barzel, wie er gratuliert hat sowohl Brandt als auch Scheel. Wo ich wirklich richtigen Respekt hatte vor Barzel. Ich habe den vorher wirklich ein bisschen als Schreihals erlebt, als ein Darsteller mit seinen weißen Socken“, sagt er.
„Der Tag selbst war für mich auch eine gewisse Wende in der Frage: Wie schätze ich den Menschen ein? So was kann man überhaupt nur machen, wenn man klaren inneren Kompass hat, aufzustehen, hinzugehen, zu gratulieren, vor allen anderen und zu sagen: ‚So, du hast jetzt gewonnen. Und jetzt geht es in unserem gemeinsamen Land weiter.‘“
Rainer Barzel (CDU, l.) gratuliert am 27.04.1972 in Bonn Bundeskanzler Willy Brandt (SPD), nachdem das von der CDU/CSU-Bundestagsfraktion angestrengte Konstruktive Misstrauensvotum gegen Brandt im Bundestag gescheitert ist.
"Hut ab vor Barzel": Der Unterlegene gratuliert dem Kanzler nach dem gescheiterten Misstrauensvotum.© picture alliance / dpa
Mit dieser Haltung verleiht Rainer Barzel dem historischen Augenblick eine Würde. Die Gratulation des Verlierers ist die Geste, dass die Union die Wahlniederlage und den Machtverlust von 1969 annimmt. Die Bonner Demokratie hat ihre Bewährungsprobe bestanden.
Jahre später erinnert sich Rainer Barzel an diesen Tag: „Ich bin natürlich davon ausgegangen, dass ich alle Stimmen kriege, die man mir zugesagt hatte. Mir war sehr schnell klar, dass da zwei aus dem eigenen Lager nicht dabei waren. Ich habe mich nie daran beteiligt, wer das war. Ich hatte es nicht geschafft.“
Zwei Abgeordnete hatten Geld von der DDR-Staatssicherheit bekommen. Julius Steiner von der CDU und Leo Wagner von der CSU. 50.000 DM haben sie kassiert, sich der Stimme enthalten und damit Barzels Sieg verhindert. Die Staatsführung der DDR wollte, dass Brandt gewinnt und seine Ostpolitik fortsetzen kann.

Man hätte ja sagen können: Wir lassen das nicht zu. Aber wer wusste das schon. Also ich meine, dass die Tatsache, dass hier Stimmen beeinflusst worden sind. Man weiß ja auch nicht, ob der Gekaufte nicht ohnehin dafür gestimmt hätte. Ich weiß ja auch nicht, ob das Kaufen die eigentliche Motivation war, so oder so abzustimmen. Das kann man in der Politik nicht ausschließen.

In diesem Fall war es eine hoch brisante Situation. Der Zweck heiligt die Mittel nicht. Ist das Abgeordneten-Bestechung? Doch wohl nicht. Also soll ich das moralisch verurteilen? Das fällt mir schwer.

Gerhart Baum

Epochale Entscheidung, fragwürdige Umstände

Eine epochale Entscheidung ist gefallen, unter fragwürdigen Umständen. Aber die Umstände, wie es überhaupt zu diesem Showdown gekommen war, die Abwanderung und Abwerbung von Koalitionsabgeordneten, war auch schon fragwürdig gewesen.
Norbert F. Pötzl berichtet im "Spiegel" am 15. Februar 2022 über ein Gespräch zwischen seinem Kollegen Hartmut Palmer und Rainer Barzel. Zwei Jahre vor seinem Tod 2006, erzählt Palmer jetzt, habe ihm Barzel in einem langen Gespräch die Sensation anvertraut: Er wisse inzwischen, dass Strauß ihn am 27. April 1972 nicht gewählt habe. Erst habe der CSU-Chef ihn bedrängt, ihn geradezu genötigt, das Misstrauensvotum endlich zu wagen, dann habe er ihn ins Messer laufen lassen und sich der Stimme enthalten.
Neben Steiner und Wagner sei also Strauß der dritte Abtrünnige aus dem Unionslager gewesen. Wörtlich, so Palmer, habe ihm Barzel gesagt: „Das meine ich nicht nur, sondern das weiß ich genau. Aber wenn Sie das zu meinen Lebzeiten scheiben, werde ich Sie durch alle Instanzen verklagen.“
Strauß, so Spiegel-Redakteur Palmer, habe sich immer selbst für den besten Kanzlerkandidaten gehalten.

„Es war ein wunderbares Jahr“

Nach dem gescheiterten Misstrauensvotum kann die sozialliberale Koalition nun ihr entscheidendes Werk unter Dach und Fach bringen. Der Bundestag ratifiziert im Mai 1972 die Ostverträge. Die Union legt sich nicht mehr quer, sondern enthält sich bei der Abstimmung.
Aber das ändert nichts daran, dass es danach ein Patt zwischen Regierung und Opposition gibt: 248 zu 248. Im September stellt Brandt die Vertrauensfrage, damit dann nach der beabsichtigten Niederlage das Parlament aufgelöst werden kann.
„Wenn das Misstrauensvotum Erfolg gehabt hätte, das hätte keinen Deut daran geändert, dass wir die Politik in der nächsten Wahl dann mitten ins Zentrum stellen und darüber die Auseinandersetzung suchen“, sagt Volker Hauff.

Umso schöner war dann, dass es gescheitert war. Das war eigentlich, wenn ich heute über das Misstrauensvotum nachdenke, es war ein wunderbares Jahr, weil das war ein so unglaublich schöner Wahlkampf, den wir führen konnten, indem wir sagten: So, und das werden wir jetzt weiter noch ausbauen.

Und das schönste Wahlplakat, das ich überhaupt jemals erlebt habe, war in dem 72er-Wahlkampf dann das Plakat von der SPD: Deutsche, Ihr könnt stolz sein auf euer Land.

Volker Hauff

Die SPD gewinnt die Bundestagswahl mit einem Traumergebnis: 45,8 Prozent. Ein Rekord ist auch die Wahlbeteiligung. Sie liegt bei 91,2 Prozent.** „Willy wählen“ – mit diesem Slogan macht die SPD die Wahl zu einem Plebiszit für Brandt und die neue Ostpolitik. Barzel hat dem mit seinem Slogan „Rainer, sonst keiner“ nichts entgegenzusetzen. Und die FDP gewinnt auch und kommt auf 8,4 Prozent.
Der Wahlsieg ist der Höhepunkt, aber auch der Wendepunkt in Brandts Karriere. Eineinhalb Jahre später wird er als Kanzler zurücktreten, nachdem der DDR-Spion Günter Guillaume in seinem engsten Umfeld enttarnt worden ist.
Gerhart Baum rückblickend: „Er war als Bundeskanzler müde. Ich habe das im Kabinett erlebt. Da saß er da, es wurde etwas vorgetragen und es gab eine Kontroverse, und er wusste nicht mehr weiter. Ihn interessierte das nicht. Schmidt hat dann das Heft in die Hand genommen.“
*Volker Hauff und Gerhart Baum wurden erst nach der Bundestagswahl vom November 1972 Parlamentarische Staatssekretäre.
**Hinweis: Die Wahlbeteiligung bei der Bundestagswahl 1972 betrug genau 91,11 Prozent.
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