Wer erhält den Sachbuchpreis der Leipziger Buchmesse?
Aus dem Literarischen Colloquium Berlin: Im Gespräch mit den Autoren Andreas Reckwitz ("Gesellschaft der Singularitäten"), Martin Geck ("Beethoven"), Bernd Roeck ("Der Morgen der Welt") und Gerd Koenen ("Die Farbe Rot") stellen wir nominierte Sachbücher für den Preis der Leipziger Buchmesse vor.
Am 15. März wird der Preis der Leipziger Buchmesse verliehen. Vorab präsentierte Deutschlandfunk Kultur im Literarischen Colloquium Berlin vier der nominierten Autoren in der Kategorie Sachbuch. Sie hören einen gekürzten Mitschnitt der Veranstaltung; zudem dokumentieren wir online die zentralen Aussagen der Gäste.
Andreas Reckwitz: "Die Gesellschaft der Singularitäten. Zum Strukturwandel der Moderne" (Suhrkamp)
Wenn der Kultursoziologe Andreas Reckwitz von einem "Wertewandel" hin zur "Singularisierung" spricht, so meint er einen Prozess, der heute insbesondere von einer neuen Mittelschicht vorangetrieben werde. Diese Schicht sei kulturell gebildet und lege großen Wert darauf, dass die "Dingwelt", mit der man sich umgibt, "einzigartig" und "nicht von der Stange" sei. Kulturelle Kennerschaft könne sich in diesem Milieu sowohl auf Mountainbikes, Ernährung oder klassische Musik beziehen.
In seinem Buch zeichnet Reckwitz das Bild einer Mittelschicht,
"die eben versucht, den Gedanken der Selbstverwirklichung und den sozialen Status, eben auch einen gewissen bürgerlichen Status, miteinander zu verknüpfen",
wie er selbst sein Anliegen zusammenfasst.
Hier unsere Rezension.
Martin Geck: "Beethoven. Der Schöpfer und sein Universum" (Siedler)
Der Musikwissenschaftler Martin Geck ergreift das Wort, um seine große Faszination für das Werk des Komponisten Ludwig van Beethoven zum Ausdruck zu bringen:
"In Beethoven ist solch eine bewundernswerte Energie, wie er Gefühle in eine plausible musikalische Struktur zu bringen vermag. Da ist das meines Erachtens noch klarer als etwa in der Malerei (…), diese Zuordnung von diffusen oder unbestimmten Gefühlen zu klar definierten Noten, die ist für mich da noch viel klarer."
Beethovens Musik stehe für "individuelle Ehrlichkeit", was sich gewissermaßen auf den Hörer übertrage:
"Er zeigt uns das, indem wir Gefühle zulassen können, die man im normalen Leben nicht zu zeigen wagt, die aber unsere innere Wahrheit widerspiegeln."
Bernd Roeck: "Der Morgen der Welt. Geschichte der Renaissance" (C. H. Beck)
Weit über 1000 Seiten, ein beeindruckendes Panorama der Renaissance: Bernd Roeck lässt den Leser eintauchen in eine Welt der "Diskursrevolution", wie er sagt.
Seit dem 12./13. Jahrhundert wird das "große Gespräch mit den Alten und der Antike" immer wichtiger, führt er aus:
"Man redet nicht vorwiegend immer nur über religiöse Probleme. Man geht nicht nur an die Auslegung der Kirchenväter oder der Heiligen Schriften, sondern es kommen immer mehr weltliche Gegenstände ins Gespräch. Man diskutiert buchstäblich über Gott und die Welt, über den Menschen und seine Stellung im Universum, man fragt nach physikalischen Gesetzen (…)."
Dabei seien die Übergänge vom Mittelalter in die Neuzeit lang gewesen. Diesen komplizierten Prozess zeichnet Roeck en detail, auch mit Blick nach China und in die arabische Welt.
Hier unsere Rezension.
Gerd Koenen: "Die Farbe Rot" (C. H. Beck)
Ein Buch über Ursprünge und Geschichte des Kommunismus:
"Und ich versuche eben eigentlich gerade, diese kommunistische Weltbewegung in die Landschaft des 20. Jahrhunderts zu stellen – mit all diesen Anschlüssen in die Geschichte des 19. Jahrhunderts, wo es noch ganz eine modern, westliche Geschichte eines europäischen Sozialismus ist, mit dem Kern des Marxismus", sagt der Publizist Gerd Koenen.
Hier unsere Rezension.
Karl Schlögel: "Das sowjetische Jahrhundert" (C. H. Beck)
Eine fesselnde Archäologie des Kommunismus: Hier unsere Rezension.