Mit Blues und Radsport gegen innere Feinde

Vorgestellt von Hannelore Heider |
"Black Snake Moan" ist ein Südstaatendrama um Liebe und Erlösung, in dem der Blues als Heilmittel gegen innere Dämonen angewendet wird. "The Flying Scotsman" zeichnet den Weg des schottischen Radrennfahrers Graeme Obree nach, der in den 90er Jahren zweimal den Stundenweltrekord im Bahnradfahren aufstellte. Obree musste gegen die Engstirnigkeit der Funktionäre im Radsportverband UCI und gegen seine eigenen Ängste ankämpfen.
"Black Snake Moan"
USA 2006. Regie: Craig Brewer. Darsteller: Samuel L. Jackson, Christina Ricci, Justin Timberlake

Das Südstaatendrama um Liebe und Erlösung beginnt mit einer Szene aus einer der Blues-Dokumentationen von Martin Scorsese, in der ein alter Musiker (Son House) die einfache Wahrheit formuliert, dass der Blues immer eine dramatische Angelegenheit zwischen Mann und Frau ist.

Craig Brewer setzt diese Erkenntnis in einer ungewöhnlichen Liebesgeschichte um, die hoch dramatisch und visuell expressiv zwei großartige Schauspieler aufeinander hetzt. Samuel L. Jackson ist ein alter Farmer, den zum Spott der Gemeinde gerade seine jüngere Frau verlassen hat. Den gottesfürchtigen Mann plagen die Dämonen, daran kann auch sein Freund, der Pfarrer nichts ändern.

Schlimmer noch trifft es Rae, eine gottverlassene junge Weiße, die ihren Freund Robbie in die Army ziehen lassen muss, um danach in Drogenräusche und Sexorgien abzustürzen. Als sie eines Tages blutig und im Drogenkoma vor der Tür des alten Lazarus liegt, tut er gegen alle gesellschaftlichen Konventionen das, was sein Name suggeriert - er nimmt sie ins Haus, kettet sie an und treibt ihr so die Dämonen aus, wobei die Bibel und der Blues, den der alte Musiker wieder für sich entdeckt, die entscheidenden Werkzeuge sind.

So einfach die Figuren strukturiert sind, so schockierend die gewalttätigen Szenen von Raes Absturz und so fragwürdig die einfachen Lösungen - vor allem die großartigen Darsteller schaffen es, die Geschichte einfach wahr und glaubwürdig werden zu lassen. Die grellen Effekten erzeugen intensive Momente großer Menschlichkeit, für die vor allem Christina Ricci als Rae bis an die Grenze des Darstellbaren geht.

Auch Samuel L. Jackson ist großartig in der Rolle eines "geraden" Mannes, dessen Gottesfrucht in keinem Moment lächerlich wird, wobei sein schräger Humor wohl genau das Quäntchen Distanz bringt, das den Film vor dem Absturz ins Melodramatische und Künstliche bewahrt. Samuel L. Jackson singt und spielt seine Blues-Nummern selbst. Für Justin Timberlake ist die Rolle als hilfloser Freund der unzähmbaren Rae eine Herausforderung, die er meistert.


<im_39023>Flying Scotsman (NUR im ZUSAMMENHANG MIT DEM FILMSTART)</im_39023>"The Flying Scotsman"
GB/BRD 2006. Regie: Douglas Mackinnon. Darsteller: Jonny Lee Miller, Laura Fraser, Billy Boyd, Bryan Cox

Das Leben und die erstaunliche Karriere des ehemaligen schottischen Radrennfahrers Graeme Obree wird in einem realistischen Filmporträt nachgezeichnet, das in der aufgeheizten Doping-Diskussion um diese Sportart sicher auf mehr Interesse stoßen könnte, als es der sorgfältig gestaltete, kleine Film sonst erwarten dürfte. Denn wir erleben hier einen Selfmademan, der es ohne eine großen Rennstall und aufwendige Medizin- und Sporttechnik im Rücken geschafft hat, zwei Mal den Stundenweltrekord im Bahnradfahren zu brechen und Doppelweltmeister in der Einerverfolgung zu werden.

Nach anfänglichen Erfolgen sogar im zähen Kampf gegen den Weltradsportverein, dem dieser Einzelkämpfer immer suspekt war, was als deutliche Kritik am Profisport formuliert wird. Das klingt sehr technisch und die Radrennen sind auch auf hohem Standard gefilmt, aber im Mittelpunkt stehen die persönlichen Hürden, die dieser Ausnahmesportler zu überwinden hatte.

Radfahren wurde ihm als Kind die einzige Möglichkeit zur Selbstbehauptung, als erwachsener Mann kämpfte er damit gegen Depressionen an. An seiner Seite nicht nur eine verständnisvolle Frau, sondern auch ein Pastor und ein Sponsor, die ihn mental und auch finanziell bei seinen ausgeklügelten Basteleien am Rad unterstützte. Es wurde zu einer aus Schrottteilen zusammengebastelten "Wundermaschine", gegen die die Funktionäre immer neue Reglement-Hürden erließen. Seine einzigartige Sitzhaltung ist als "Superman-Position" in die Radsportgeschichte eingegangen.