Adrian Lobe ist Jahrgang 1988 und hat in Tübingen, Heidelberg und Paris Politik- und Rechtswissenschaft studiert. Seit 2014 arbeitet er als freier Journalist für diverse Medien im deutschsprachigen Raum (u.a. Die Zeit, FAZ, NZZ, Süddeutsche Zeitung). 2016 wurde er für seine Artikel über Datenschutz und Überwachung mit dem Preis des Forschungsnetzwerks "Surveillance Studies" ausgezeichnet. Er ist zudem Träger des Georg von Holtzbrinck Preises für Wissenschaftsjournalismus, 2016.
Die perfiden Tricks der Buchungsportale
04:20 Minuten
Urlauber können auf Buchungsportalen noch begehrte Unterkünfte und Flugreisen ergattern – teilweise mit hohem Rabatt. Vorsicht bei der Schnäppchenjagd, warnt der Politikwissenschaftler Adrian Lobe.
Jede vierte Hotelübernachtung wird in Deutschland über Onlinebuchungsportale reserviert. Wenn man etwa auf Booking.com nach einem Hotel sucht, erscheinen zunächst "Unsere Top-Tipps" – versehen mit einem nach oben gehobenen Daumen. Bloß: Das sind keine Empfehlungen des virtuellen Reisebüromitarbeiters, sondern subtile Anzeigen. Denn ganz oben auf der Liste landen nicht die Unterkünfte mit dem besten Preis-Leistungs-Verhältnis, sondern die, die am meisten Provision bezahlen. Zum Teil bis zu 20 Prozent.
Vergleichsportale finanzieren sich durch Provisionen
Provisionen machen bis zu 90 Prozent der Einnahmen von Vergleichsportalen aus. Sie fließen nicht nur bei erfolgreicher Vermittlung, sondern auch dann, wenn sich der Kunde dort nur informiert. Mit Cookies, kleinen Textdateien, die Webseitenbetreiber auf den Computern ihrer Besucher abspeichern, lassen sich Seitenbesuche genau nachverfolgen. Es ist ungefähr so, als würde ein Reiseanbieter Geld dafür bekommen, dass man mit dem Finger über ein Hotel in einem Reisekatalog fährt. In den Ohren der gebeutelten Reisebüros muss das wie Hohn klingen.
Der nichtsahnende Verbraucher tappt im Dunkeln. Denn: Ihm wird diese Preispolitik nicht richtig transparent gemacht. Nur, wenn man mit der Maus über den ausgestreckten Daumen fährt, erscheint ein Hinweis: "Diese Unterkunft zahlt Booking.com möglicherweise etwas mehr, um Teil dieses Programms zu sein." Dass das "Daumen hoch"-Symbol gekauft ist, erfährt der Kunde erst im Dickicht der AGBs.
Der nichtsahnende Verbraucher tappt im Dunkeln. Denn: Ihm wird diese Preispolitik nicht richtig transparent gemacht. Nur, wenn man mit der Maus über den ausgestreckten Daumen fährt, erscheint ein Hinweis: "Diese Unterkunft zahlt Booking.com möglicherweise etwas mehr, um Teil dieses Programms zu sein." Dass das "Daumen hoch"-Symbol gekauft ist, erfährt der Kunde erst im Dickicht der AGBs.
Künstliche Nachfrage manipuliert Verbraucher
Wettbewerbsökonomen kritisieren diese Praxis schon länger – vor allem, weil die Hervorhebung in der Trefferliste einen großen Einfluss auf das Buchungsverhalten hat. Das Bundeskartellamt sieht in der fehlenden oder unzureichenden Kennzeichnung einen Fall von verdeckter Werbung, die gegen das Transparenz- und Verschleierungsverbot verstößt.
Doch das sind nicht die einzigen Tricks, mit denen Buchungsportale arbeiten. Wenn man sich nach einem Flug nach Mallorca umsieht, steht da über einem Angebot: "Es sehen sich gerade 64 Personen Flüge nach Palma de Mallorca an." Die unterschwellige Botschaft: Schnell buchen, bevor jemand anderes zugreift! Doch häufig stimmen diese Angaben gar nicht – die Zahlen sind aus der Luft gegriffen. Die Portale spiegeln dem Verbraucher eine künstliche Nachfrage vor, um ihn zu einer schnellen Kaufentscheidung zu animieren. Dark Patterns, dunkle Muster, nennen Experten diese perfiden Verkaufstricks.
Der israelischen Sicherheitsforscherin Ophir Harpaz ist es gelungen, diese Muster aufzudecken. Sie war gerade dabei, einen Flug zu buchen, als ihr die Buchungsplattform anzeigte, dass sich 38 Leute denselben Flug anschauten. Die Zahl erschien ihr hoch. Also klickte sie mit der rechten Maustaste auf das Hinweisfeld zur Zahl der Interessenten. Daraufhin poppte ein Dateiname mit dem verräterischen Hinweis "random" auf – zu Deutsch: Zufall. Im Quellcode entdeckte sie schließlich einen Zufallsgenerator, der Werte zwischen 28 und 45 generiert. Ein einziger Bluff.
Der israelischen Sicherheitsforscherin Ophir Harpaz ist es gelungen, diese Muster aufzudecken. Sie war gerade dabei, einen Flug zu buchen, als ihr die Buchungsplattform anzeigte, dass sich 38 Leute denselben Flug anschauten. Die Zahl erschien ihr hoch. Also klickte sie mit der rechten Maustaste auf das Hinweisfeld zur Zahl der Interessenten. Daraufhin poppte ein Dateiname mit dem verräterischen Hinweis "random" auf – zu Deutsch: Zufall. Im Quellcode entdeckte sie schließlich einen Zufallsgenerator, der Werte zwischen 28 und 45 generiert. Ein einziger Bluff.
Schnäppchen werden mit persönlichen Daten bezahlt
Zwar hat sich Booking.com nach einem Dialog mit der EU-Kommission verpflichtet, Angebote und Preise klarer darzustellen. Richtig transparent ist das Sponsoring aber immer noch nicht. Die Online-Buchung gleicht also manchmal einem Hütchenspiel. Und sie ist auch nicht gerade sicher. Immer wieder wurden in der Vergangenheit Kreditkartendaten auf Buchungsportalen von Hackern abgegriffen. Man kann auf Reiseportalen sicher auch mal ein Schnäppchen finden. Man sollte sich aber bewusst sein, dass man diese Angebote mit seinen Daten bezahlt.