Mit dem Nikotinverdampfer in die Kneipe
Auch ohne den ungesunden Rauch rauchen: Das verspricht die elektrische Zigarette. Doch die Nebenwirkungen dieser sogenannten E-Zigaretten sind bisher nicht ausreichend erforscht.
In der Wohnung von Matthias Piepenstock riecht es nicht nach Rauch. Streng genommen, ist der junge Mann seit einigen Monaten auch kein Raucher mehr, sondern er "dampft": elektrische Zigaretten:
"Das sieht aus wie eine normale Zigarette. Das Weiße von der Zigarette ist der Akku. Unter dem Filter – sieht man nicht, ich zeig's Ihnen mal kurz – ist ein Verdampfer. Und hinten ist eine kleine Patrone, wo man die Nikotinflüssigkeit reinträufelt."
Die wird über einem glühenden Heizelement verdampft und über das Mundstück inhaliert der Ex-Raucher das Nikotin. Weil er eben nicht wirklich raucht, setzt er sich auch nicht den krebserregenden Giften aus, die im Tabakrauch enthalten sind. Elektrische Zigaretten könnten also eine weniger gesundheitsschädliche Alternative zu den echten Glimmstängeln sein – jedenfalls auf den ersten Blick, sagt Dr. Tobias Rüther von der Tabakambulanz der Uni München:
"Giftig ist der Rauch. Ich sage Patienten, die zu mir kommen und sagen, sie wollen aufhören, nikotinabhängig zu sein: Wollen wir erst mal mit dem Tabak aufhören. Wenn sie das schon mal schaffen, dass sie keine Tabakprodukte zu sich nehmen, dann haben sie für ihre Lebensqualität und ihre Gesundheit schon extrem viel gewonnen."
Der Haken dabei: Die Flüssigkeit, die verdampft wird, enthält keineswegs nur Nikotin. Genaue Inhaltsangaben sucht man auf den meist in China hergestellten, sogenannten "Liquids" vergebens. Deshalb bemüht sich die Überwachungsbehörde der USA, die FDA, um eigene Analysen. FDA-Expertin Dr. Janet Woodcock sagt in einem Video auf der Website der Behörde:
"Wir werden die Chemikalien untersuchen müssen, die regelmäßig in diesen Produkten auftauchen: In welcher Menge stecken die drin, und wie giftig sind sie? Eines kann ich sagen: Einige dieser Stoffe sind ziemlich besorgniserregend."
So hat das FDA-Labor in einigen Proben Nitrosamine gefunden – dieselben krebserregenden Substanzen sind auch im Tabakrauch enthalten. Regelmäßig enthalten die Flüssigkeiten Frostschutzmittel als Trägerstoff für das Nikotin. Was alles entsteht, wenn man die über einem glühenden Draht verdampft, ist unbekannt. In Deutschland sind die Produkte nicht zugelassen, aber auch nicht verboten. Dafür wäre das Bundesamt für Arzneimittel und Medizinprodukte zuständig. Es würde die E-Zigaretten jedoch nur auf Antrag einer Landesgesundheitsbehörde genauer prüfen, sagt ein Sprecher auf Anfrage. Und ein solcher Antrag liege bisher nicht vor. Dass sich aber auch die Hersteller nicht um eine Zulassung bemühen, lässt nach Meinung von Tobias Rüther tief blicken:
"Wenn es ein medizinisches Produkt ist, dann müsste es ja auch getestet werden. Da müssten Studien in verschiedenen Phasen durchlaufen werden. Das wundert mich. Denn wenn das wirklich ginge, dann würden die Firmen das längst machen. Dann hätten nämlich Philip Morris und British American Tobacco und wie sie alle heißen ein tolles neues Produkt: Wenn sie eine Zigarette erfinden würden, die nicht gesundheitsschädlich ist, würden die das sofort machen. Dann wären sie aus dem politischen Druck raus und könnten ihre Raucher weiter beliefern."
Von der fehlenden Zulassung abgesehen, bleibt noch ein Problem: Nikotin macht extrem süchtig. Auch andere Produkte - Pflaster, Kaugummis oder ein Inhalator - haben nur zum Ziel, die Nutzer erst einmal vom Tabak zu entwöhnen. Ob die E-Zigarette dafür überhaupt geeignet ist, lässt sich derzeit nicht sagen. Denn seriöse Untersuchungen gibt es nicht – die einzige Studie wurde von einem Hersteller der Produkte finanziert. Dort heißt es: Man nimmt weniger Nikotin auf als über einen Inhalator. Und es soll auch länger dauern als beim echten Rauchen, bis das Nikotin ins Blut kommt. Wenn das stimmt:
"Dann gibt es diesen Kick nicht. Das Interessante ist ja: Wir glauben in der Suchtforschung, je schneller das Suchtmittel in die Blutbahn gerät, umso stärker suchtmachend ist es. Also ein höheres Suchtpotenzial hat es, sagen wir. Und bei der normalen Zigarette, wenn man raucht, müssen Sie sich vorstellen, Sie atmen ein, und innerhalb von 10, 15 Sekunden ist das Nikotin bereits im Gehirn, mit 2, 3 Herzschlägen. Das macht richtig boang. Ein richtiger Schlag, wie wenn Sie Heroin injizieren würden – das geht sogar noch ein bisschen langsamer."
Ob die elektrische Zigarette aus diesem Grund weniger süchtig macht als Tabakprodukte, das hat bisher aber niemand untersucht. Tobias Rüther hat den Eindruck, dass einige Patienten weniger abhängig sind als früher. Bei Matthias Piepenstock ist das anders:
"Die Sucht an sich ist geblieben. Ob das jetzt besser ist als normale Zigaretten, weiß ich nicht genau. Ich finde sie jedenfalls besser, zumindest nicht so schädlich. Und ich möchte auch irgendwann mal komplett aufhören."
Das wäre allerdings nicht im Sinne des Erfinders. In einem Gerichtsverfahren in den USA sagte der Anwalt eines Herstellers:
"Wir wollen die Leute nicht von der E-Zigarette entwöhnen. Wir wollen, dass sie sie so lange rauchen, wie sie vorher echte Zigaretten geraucht haben."
Es geht dem Hersteller also nicht um einen Beitrag zur Suchtbekämpfung. Bis mögliche Gefahren geklärt sind, sollte man also lieber die Finger von den Nikotinverdampfern lassen. Meint auch der Münchner Experte Tobias Rüther:
"Das wäre ganz ideal, wenn wir so etwas hätten, was wirklich funktioniert. Nur ich glaube noch nicht daran."
"Das sieht aus wie eine normale Zigarette. Das Weiße von der Zigarette ist der Akku. Unter dem Filter – sieht man nicht, ich zeig's Ihnen mal kurz – ist ein Verdampfer. Und hinten ist eine kleine Patrone, wo man die Nikotinflüssigkeit reinträufelt."
Die wird über einem glühenden Heizelement verdampft und über das Mundstück inhaliert der Ex-Raucher das Nikotin. Weil er eben nicht wirklich raucht, setzt er sich auch nicht den krebserregenden Giften aus, die im Tabakrauch enthalten sind. Elektrische Zigaretten könnten also eine weniger gesundheitsschädliche Alternative zu den echten Glimmstängeln sein – jedenfalls auf den ersten Blick, sagt Dr. Tobias Rüther von der Tabakambulanz der Uni München:
"Giftig ist der Rauch. Ich sage Patienten, die zu mir kommen und sagen, sie wollen aufhören, nikotinabhängig zu sein: Wollen wir erst mal mit dem Tabak aufhören. Wenn sie das schon mal schaffen, dass sie keine Tabakprodukte zu sich nehmen, dann haben sie für ihre Lebensqualität und ihre Gesundheit schon extrem viel gewonnen."
Der Haken dabei: Die Flüssigkeit, die verdampft wird, enthält keineswegs nur Nikotin. Genaue Inhaltsangaben sucht man auf den meist in China hergestellten, sogenannten "Liquids" vergebens. Deshalb bemüht sich die Überwachungsbehörde der USA, die FDA, um eigene Analysen. FDA-Expertin Dr. Janet Woodcock sagt in einem Video auf der Website der Behörde:
"Wir werden die Chemikalien untersuchen müssen, die regelmäßig in diesen Produkten auftauchen: In welcher Menge stecken die drin, und wie giftig sind sie? Eines kann ich sagen: Einige dieser Stoffe sind ziemlich besorgniserregend."
So hat das FDA-Labor in einigen Proben Nitrosamine gefunden – dieselben krebserregenden Substanzen sind auch im Tabakrauch enthalten. Regelmäßig enthalten die Flüssigkeiten Frostschutzmittel als Trägerstoff für das Nikotin. Was alles entsteht, wenn man die über einem glühenden Draht verdampft, ist unbekannt. In Deutschland sind die Produkte nicht zugelassen, aber auch nicht verboten. Dafür wäre das Bundesamt für Arzneimittel und Medizinprodukte zuständig. Es würde die E-Zigaretten jedoch nur auf Antrag einer Landesgesundheitsbehörde genauer prüfen, sagt ein Sprecher auf Anfrage. Und ein solcher Antrag liege bisher nicht vor. Dass sich aber auch die Hersteller nicht um eine Zulassung bemühen, lässt nach Meinung von Tobias Rüther tief blicken:
"Wenn es ein medizinisches Produkt ist, dann müsste es ja auch getestet werden. Da müssten Studien in verschiedenen Phasen durchlaufen werden. Das wundert mich. Denn wenn das wirklich ginge, dann würden die Firmen das längst machen. Dann hätten nämlich Philip Morris und British American Tobacco und wie sie alle heißen ein tolles neues Produkt: Wenn sie eine Zigarette erfinden würden, die nicht gesundheitsschädlich ist, würden die das sofort machen. Dann wären sie aus dem politischen Druck raus und könnten ihre Raucher weiter beliefern."
Von der fehlenden Zulassung abgesehen, bleibt noch ein Problem: Nikotin macht extrem süchtig. Auch andere Produkte - Pflaster, Kaugummis oder ein Inhalator - haben nur zum Ziel, die Nutzer erst einmal vom Tabak zu entwöhnen. Ob die E-Zigarette dafür überhaupt geeignet ist, lässt sich derzeit nicht sagen. Denn seriöse Untersuchungen gibt es nicht – die einzige Studie wurde von einem Hersteller der Produkte finanziert. Dort heißt es: Man nimmt weniger Nikotin auf als über einen Inhalator. Und es soll auch länger dauern als beim echten Rauchen, bis das Nikotin ins Blut kommt. Wenn das stimmt:
"Dann gibt es diesen Kick nicht. Das Interessante ist ja: Wir glauben in der Suchtforschung, je schneller das Suchtmittel in die Blutbahn gerät, umso stärker suchtmachend ist es. Also ein höheres Suchtpotenzial hat es, sagen wir. Und bei der normalen Zigarette, wenn man raucht, müssen Sie sich vorstellen, Sie atmen ein, und innerhalb von 10, 15 Sekunden ist das Nikotin bereits im Gehirn, mit 2, 3 Herzschlägen. Das macht richtig boang. Ein richtiger Schlag, wie wenn Sie Heroin injizieren würden – das geht sogar noch ein bisschen langsamer."
Ob die elektrische Zigarette aus diesem Grund weniger süchtig macht als Tabakprodukte, das hat bisher aber niemand untersucht. Tobias Rüther hat den Eindruck, dass einige Patienten weniger abhängig sind als früher. Bei Matthias Piepenstock ist das anders:
"Die Sucht an sich ist geblieben. Ob das jetzt besser ist als normale Zigaretten, weiß ich nicht genau. Ich finde sie jedenfalls besser, zumindest nicht so schädlich. Und ich möchte auch irgendwann mal komplett aufhören."
Das wäre allerdings nicht im Sinne des Erfinders. In einem Gerichtsverfahren in den USA sagte der Anwalt eines Herstellers:
"Wir wollen die Leute nicht von der E-Zigarette entwöhnen. Wir wollen, dass sie sie so lange rauchen, wie sie vorher echte Zigaretten geraucht haben."
Es geht dem Hersteller also nicht um einen Beitrag zur Suchtbekämpfung. Bis mögliche Gefahren geklärt sind, sollte man also lieber die Finger von den Nikotinverdampfern lassen. Meint auch der Münchner Experte Tobias Rüther:
"Das wäre ganz ideal, wenn wir so etwas hätten, was wirklich funktioniert. Nur ich glaube noch nicht daran."