Mit dem Schlagzeug die Klassik-Welt erobert
Der Österreicher Martin Grubinger aus dem Unterdorf Thalgau hat die Klassik-Welt erobert, und zwar mit zeitgenössischer Musik und einem jungen Instrument: dem Schlagzeug. In der aktuellen Spielzeit ist der Shooting-Star Artist in Residence am Leipziger Gewandhaus.
Grubinger: "Also wenn ich ein Instrument geworden wäre, dann wahrscheinlich die Marimba."
Grubinger: "Allerdings, bei mir ist das tagesabhängig. Da steht man in der Früh auf und denkt sich, heute ist das Marimba mein Instrument, und morgen Kongas oder Base Drums und wenn man Abends mal Zeit hat, dann sagt man sich, jetzt will ich Drumset spielen."
Martin Grubinger ist Multipercussionist. Vielleicht sogar der weltbeste Multipercussionist dieser Tage. Da ist es schwer, ein Lieblingsinstrument auszuwählen. Noch dazu, wenn man alle so gewandt spielen kann wie er. Etwa 80 Schlaginstrumente beherrscht Martin Grubinger - abgesehen von der Tischplatte in einem Leipziger Café, auf der seine Finger gerade trommeln. Gar nicht nervös, sondern automatisch.
Hier in Leipzig hat er nicht lang gebraucht, um der Publikumsliebling des Gewandhauses zu werden. Seine Virtuosität begeistert, und sein Instrumentarium imponiert. Es füllt allein fast die gesamte Breite der Bühne vor dem Gewandhausorchester. Artistisch, schnell und elegant schlängelt er sich während der Konzerte hindurch: ein Paukenschlag rechts, ein Gong dahinter, vorbei an den dumpfen Schellen, über Glocken zur hölzernen Marimba. Dort schickt er die Köpfe der Klöppel in perfekter Choreografie über die Tasten, fast ohne sie zu berühren. Das ist Vollendetes Handwerk, ergreifende Emotion. So wird zeitgenössische Musik ein Erfolg.
Grubinger: "Bei zeitgenössischer Musik höre ich oft von Musikern, ja wir haben das Werk realisiert. Und ich glaub, dass das genau das Problem ist. Wir müssen eben versuchen, zeitgenössische Musik mit Emotion, mit Inspiration zu umschreiben. Und wenn wir das schaffen, dann können wir das Publikum für diese Musikrichtung gewinnen."
In New York wie in Amsterdam wie in Leipzig hat Martin Grubinger mit seinen gerade mal 26 Jahren bewiesen, dass das funktionieren kann. Dabei sahen die Pläne des jungen Österreichers eigentlich anders aus.
Grubinger: "Ich lebe ja im Land in der Nähe von Salzburg und mein Onkel ist Landwirt und ich hatte mal als Kind jahrelang die feste Überzeugung, ich will Landwirt werden."
Aber Martin Grubinger bekam Rhythmus in die Wiege gelegt. Sein Vater, Martin Senior, unterrichtet selbst Schlagzeug an der Musikschule und es dauerte nicht lang, bis Martin Junior Blockflöte, Klavier und Kontrabass beiseite legte und trommeln lernte - bei seinen Eltern zu Hause auf der Alm, am Bruckner-Konservatorium in Linz und am Mozarteum in Salzburg.
Grubinger: "Rhythmus ist das erste, womit wir konfrontiert sind im Mutterbauch. Nicht Melodie, nicht Harmonie, nicht das gesprochene Wort, sondern Rhythmus und es ist eben auch bei mir so, nur in etwas ausgeprägterem Maße und etwas komplizierteren Einheiten."
Und mit stärkerem Willen. Denn für den durchtrainierten jungen Mann gehören sportlicher Kampfgeist und Musik zusammen. Der FC-Bayern-Fan kickt selbst gern den Ball, läuft Marathon, fährt Ski und hat einen eigenen Sportmediziner. Der bereitet ihn speziell auf seine Konzerte vor, die absolute körperliche Leistungsfähigkeit erfordern – denn Grubinger sucht das Extreme in seinen Konzerten.
Grubigner: "Was passiert, wenn man mit einem Orchester schon seit vier Stunden auf der Bühne steht mit einem durchschnittlichen Puls von 150, 160? Und man auch seine Bewegungen eigentlich nicht mehr so kontrollieren kann, weil man sich bereits im Delirium befindet - was passiert mit einem dann?"
In mehreren "Marathon-Konzerten" ist er an seine Grenze gegangen und hat Antworten auf seine Fragen gefunden: zum ersten Mal 2006 in Wien: 6 Konzerte, in 4 Stunden, mit 600.000 Schlägen, alles auswendig. Das war der private und berufliche Durchbruch.
Grubinger: "Dieser Moment in Wien, als dann das Konzert vorbei war ... das war für mich wirklich die beste Erfahrung, die ich je hatte."
Zeitgenössische Komponisten wie HK Gruber, Rolf Wallin oder Anders Koppel komponieren längst für ihn. Denn sie wissen, dass Grubinger die Grenzen der Kompositionen austestet, dass er ans Limit geht und damit neue Wege beschreiten kann - auch mit immer weiteren technischen Verfeinerungen des jungen Instruments. Gerade im letzten Konzert in Leipzig hat Grubinger zur Zugabe seine neueste Trommel vorgestellt. Es ist die Flexibilität des Instruments, die es für ihn zum "Instrument des 21. Jahrhunderts" macht.
Grubinger: "Es gibt wahrscheinlich Geiger, Saxofonisten, Oboisten, die sagen, wie kommt der denn auf so einen Schmarrn. Aber ich glaube, dass dieses Instrument einen ganz speziellen Zeitgeist ausdrücken kann. Und auch die Komponisten entdecken dieses Instrument für sich, weil sie immer neue Instrumente entdecken können, um die eigene Klangsprache zu erweitern und dem Komponierten eine neue Facette geben."
Dass er selbst ein wichtiger Protagonist dieser Entwicklung ist, merkt man ihm kaum an. Wenn er über die Schlagzeuger spricht, dann wie über eine Familie, meistens im "wir". Und mit Jeans und Pulli, dem jungen, offenen Gesicht und den kurzen blonden Haaren, die nach oben gestylt sind verkörpert Martin Grubinger zweifellos den netten, aufmerksamen Jungen von nebenan. Hinter der jugendlichen Leichtigkeit aber verstecken sich klare Visionen eines zielstrebigen Musikers.
Grubinger: "Ich glaube, dass wir auch eine Mission haben müssen, eine Mission, die Gesellschaft zu verändern."
Martin Grubinger ist kritisch. Wenn er davon spricht, mit Musik gegen Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit zu kämpfen, wirkt er noch wacher, setzt sich aufrecht. Bildung ist ihm ein wirkliches Anliegen.
Grubinger: "Wenn ich jetzt über Humanismus spreche, da kann man ja leicht sagen, der spricht ja nur der Typ, der plappert und setzt aber selbst keine Aktionen um. Und was wir viel machen sind Workshops mit sozial Benachteiligten, mit Migranten, Senioren, mit Managern, Angestellten, Beamten, mit Musikjournalisten."
Als Artist in Residence in Leipzig arbeitet Grubinger aktuell zusammen mit seinem Vater an einem Workshop mit Leipziger Schülern im Alter von 16 Jahren, die zu großen Teilen keine musikalische Vorbildung haben.
In einem kargen, grauen Plattenbau haben sich beim letzten Workshop etwa 20 Jugendliche im Kreis aufgestellt. Die einen haben kleine Trommeln um die Bäuche gebunden, andere hocken hinter paukenartigen Riesentrommeln. In der Mitte springt Martin Grubinger Senior im Rhythmus umher und versucht das Chaos zusammenzuhalten.
Martin Grubinger junior allerdings hat sich gut versteckt zwischen den Jugendlichen. Er scheint nicht der Star sein zu wollen, lieber einer der Schüler. Und da spricht er auch wieder vom "wir", nicht von seinem eigenen Projekt.
Grubinger: "Wir haben eine Mission. Wir wollen im Mai ein tolles Konzert abliefern, vor den Eltern, den Freunden, Musikinteressierten. Darauf freue ich mich sehr."
Grubinger: "Allerdings, bei mir ist das tagesabhängig. Da steht man in der Früh auf und denkt sich, heute ist das Marimba mein Instrument, und morgen Kongas oder Base Drums und wenn man Abends mal Zeit hat, dann sagt man sich, jetzt will ich Drumset spielen."
Martin Grubinger ist Multipercussionist. Vielleicht sogar der weltbeste Multipercussionist dieser Tage. Da ist es schwer, ein Lieblingsinstrument auszuwählen. Noch dazu, wenn man alle so gewandt spielen kann wie er. Etwa 80 Schlaginstrumente beherrscht Martin Grubinger - abgesehen von der Tischplatte in einem Leipziger Café, auf der seine Finger gerade trommeln. Gar nicht nervös, sondern automatisch.
Hier in Leipzig hat er nicht lang gebraucht, um der Publikumsliebling des Gewandhauses zu werden. Seine Virtuosität begeistert, und sein Instrumentarium imponiert. Es füllt allein fast die gesamte Breite der Bühne vor dem Gewandhausorchester. Artistisch, schnell und elegant schlängelt er sich während der Konzerte hindurch: ein Paukenschlag rechts, ein Gong dahinter, vorbei an den dumpfen Schellen, über Glocken zur hölzernen Marimba. Dort schickt er die Köpfe der Klöppel in perfekter Choreografie über die Tasten, fast ohne sie zu berühren. Das ist Vollendetes Handwerk, ergreifende Emotion. So wird zeitgenössische Musik ein Erfolg.
Grubinger: "Bei zeitgenössischer Musik höre ich oft von Musikern, ja wir haben das Werk realisiert. Und ich glaub, dass das genau das Problem ist. Wir müssen eben versuchen, zeitgenössische Musik mit Emotion, mit Inspiration zu umschreiben. Und wenn wir das schaffen, dann können wir das Publikum für diese Musikrichtung gewinnen."
In New York wie in Amsterdam wie in Leipzig hat Martin Grubinger mit seinen gerade mal 26 Jahren bewiesen, dass das funktionieren kann. Dabei sahen die Pläne des jungen Österreichers eigentlich anders aus.
Grubinger: "Ich lebe ja im Land in der Nähe von Salzburg und mein Onkel ist Landwirt und ich hatte mal als Kind jahrelang die feste Überzeugung, ich will Landwirt werden."
Aber Martin Grubinger bekam Rhythmus in die Wiege gelegt. Sein Vater, Martin Senior, unterrichtet selbst Schlagzeug an der Musikschule und es dauerte nicht lang, bis Martin Junior Blockflöte, Klavier und Kontrabass beiseite legte und trommeln lernte - bei seinen Eltern zu Hause auf der Alm, am Bruckner-Konservatorium in Linz und am Mozarteum in Salzburg.
Grubinger: "Rhythmus ist das erste, womit wir konfrontiert sind im Mutterbauch. Nicht Melodie, nicht Harmonie, nicht das gesprochene Wort, sondern Rhythmus und es ist eben auch bei mir so, nur in etwas ausgeprägterem Maße und etwas komplizierteren Einheiten."
Und mit stärkerem Willen. Denn für den durchtrainierten jungen Mann gehören sportlicher Kampfgeist und Musik zusammen. Der FC-Bayern-Fan kickt selbst gern den Ball, läuft Marathon, fährt Ski und hat einen eigenen Sportmediziner. Der bereitet ihn speziell auf seine Konzerte vor, die absolute körperliche Leistungsfähigkeit erfordern – denn Grubinger sucht das Extreme in seinen Konzerten.
Grubigner: "Was passiert, wenn man mit einem Orchester schon seit vier Stunden auf der Bühne steht mit einem durchschnittlichen Puls von 150, 160? Und man auch seine Bewegungen eigentlich nicht mehr so kontrollieren kann, weil man sich bereits im Delirium befindet - was passiert mit einem dann?"
In mehreren "Marathon-Konzerten" ist er an seine Grenze gegangen und hat Antworten auf seine Fragen gefunden: zum ersten Mal 2006 in Wien: 6 Konzerte, in 4 Stunden, mit 600.000 Schlägen, alles auswendig. Das war der private und berufliche Durchbruch.
Grubinger: "Dieser Moment in Wien, als dann das Konzert vorbei war ... das war für mich wirklich die beste Erfahrung, die ich je hatte."
Zeitgenössische Komponisten wie HK Gruber, Rolf Wallin oder Anders Koppel komponieren längst für ihn. Denn sie wissen, dass Grubinger die Grenzen der Kompositionen austestet, dass er ans Limit geht und damit neue Wege beschreiten kann - auch mit immer weiteren technischen Verfeinerungen des jungen Instruments. Gerade im letzten Konzert in Leipzig hat Grubinger zur Zugabe seine neueste Trommel vorgestellt. Es ist die Flexibilität des Instruments, die es für ihn zum "Instrument des 21. Jahrhunderts" macht.
Grubinger: "Es gibt wahrscheinlich Geiger, Saxofonisten, Oboisten, die sagen, wie kommt der denn auf so einen Schmarrn. Aber ich glaube, dass dieses Instrument einen ganz speziellen Zeitgeist ausdrücken kann. Und auch die Komponisten entdecken dieses Instrument für sich, weil sie immer neue Instrumente entdecken können, um die eigene Klangsprache zu erweitern und dem Komponierten eine neue Facette geben."
Dass er selbst ein wichtiger Protagonist dieser Entwicklung ist, merkt man ihm kaum an. Wenn er über die Schlagzeuger spricht, dann wie über eine Familie, meistens im "wir". Und mit Jeans und Pulli, dem jungen, offenen Gesicht und den kurzen blonden Haaren, die nach oben gestylt sind verkörpert Martin Grubinger zweifellos den netten, aufmerksamen Jungen von nebenan. Hinter der jugendlichen Leichtigkeit aber verstecken sich klare Visionen eines zielstrebigen Musikers.
Grubinger: "Ich glaube, dass wir auch eine Mission haben müssen, eine Mission, die Gesellschaft zu verändern."
Martin Grubinger ist kritisch. Wenn er davon spricht, mit Musik gegen Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit zu kämpfen, wirkt er noch wacher, setzt sich aufrecht. Bildung ist ihm ein wirkliches Anliegen.
Grubinger: "Wenn ich jetzt über Humanismus spreche, da kann man ja leicht sagen, der spricht ja nur der Typ, der plappert und setzt aber selbst keine Aktionen um. Und was wir viel machen sind Workshops mit sozial Benachteiligten, mit Migranten, Senioren, mit Managern, Angestellten, Beamten, mit Musikjournalisten."
Als Artist in Residence in Leipzig arbeitet Grubinger aktuell zusammen mit seinem Vater an einem Workshop mit Leipziger Schülern im Alter von 16 Jahren, die zu großen Teilen keine musikalische Vorbildung haben.
In einem kargen, grauen Plattenbau haben sich beim letzten Workshop etwa 20 Jugendliche im Kreis aufgestellt. Die einen haben kleine Trommeln um die Bäuche gebunden, andere hocken hinter paukenartigen Riesentrommeln. In der Mitte springt Martin Grubinger Senior im Rhythmus umher und versucht das Chaos zusammenzuhalten.
Martin Grubinger junior allerdings hat sich gut versteckt zwischen den Jugendlichen. Er scheint nicht der Star sein zu wollen, lieber einer der Schüler. Und da spricht er auch wieder vom "wir", nicht von seinem eigenen Projekt.
Grubinger: "Wir haben eine Mission. Wir wollen im Mai ein tolles Konzert abliefern, vor den Eltern, den Freunden, Musikinteressierten. Darauf freue ich mich sehr."