Wem gehört die Straße?
Sie sind wie ein Zwitter zwischen Fahrrad und Auto, sie sind praktisch für den Stadtverkehr und sie schonen die Umwelt: elektronische Roller. eRoller haben eine Reichweite von 100 km - für die Mobilität von Großstädtern scheint der eRoller geradezu perfekt zu sein.
Laura: "Also wir sind jetzt Graefestraße, der nächste Roller ist…"
Laura blickt auf ihr Smartphone. Sie hat die App "eMio" geöffnet und schaut damit, wo der nächste eRoller steht.
"… am Paul-Lincke Ufer, Olivia, 327 m."
Olivia, so heißt das Roller-Modell.
"Jetzt muss ich den aber noch reservieren, sonst ist er weg wenn wir hinkommen, unter Umständen."
Laura hat das e-Roller Sharing erst vor ein paar Monaten für sich entdeckt.
"Ich bin immer Fahrrad gefahren, aber witzigerweise seit ich dieses Roller-Sharing mache, fahre ich kaum noch Fahrrad. Außer für kurze Strecken. Aber für längere Strecken bin ich mittlerweile zu faul geworden das Fahrrad zu nehmen. Da denke ich mir jedes Mal, da nehme ich jetzt den Roller, ist doch auch wurscht."
Einen gemieteten Roller kann sie parken wie ein Fahrrad: Einfach auf dem Bürgersteig abstellen, ausloggen, fertig.
"Man kommt auch viel schneller voran als mit dem Auto oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln, weil man sich einfach durch den Verkehr schlängeln kann und an Autos vorbei…"
An warmen Tagen mache das auch mehr Spaß als jetzt, sagt die 26-Jährige. Es ist kühler, nass und ungemütlich geworden. Laura nutzt deshalb den Dienst mittlerweile weniger.
Das weiß auch Valerian Seither. Zusammen mit zwei Wirtschaftsinformatik-Studenten hat er sich eMio ausgedacht. Das eRoller Sharing rechnet sich vor allem im Sommer.
Valerian Seither: "Man merkt schon, dass es jetzt ein wenig geringer wird, von der Auslastung her, aber es ist trotzdem nicht so, dass sobald die Temperaturen unter zehn Grad sind, keiner mehr Roller fährt. Sondern unsere Kunden passen sich an, ziehen dann eine warme Jacke an und können die Vorteile genießen, mit einem Roller unterwegs zu sein."
Nische zwischen Auto und Fahrrad
Ende Dezember bringt eine dickere Jacke aber auch nichts, wenn die Straßen glatt und vereist sind. Die 150 eMio-Roller verschwinden darum über den Winter von der Straße und kommen erst im nächsten März wieder.
Noch kann Laura durch die Stadt cruisen. Sie hat den auffällig orange-rot lackierten Roller gefunden.
"Jetzt klicke ich hier in der App auf Helmbox öffnen… muss dann diese Fragen beantworten, ob die Sitzbank sauber ist, ob ich meinen Führerschein dabei habe, ja… und dann geht die Helmbox auf…."
Laura setzt sich den Helm auf, nimmt den Schlüssel aus der Box und steigt auf den Roller. Weil er einen Elektromotor hat, hört man kaum etwas. Beim Anfahren surrt es leise, später überwiegen die Rüttelgeräusche vom Kopfsteinpflaster.
Für Weert Canzler, Soziologe und Mobilitätsforscher am "Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung", füllt das eRoller-Sharing eine Nische zwischen Auto- und Fahrrad-Sharing. Mit bekannten Vorteilen:
Weert Canzler: "Na, erstens sind sie abgasfrei..."
Und werden im besten Fall mit grünem Strom aufgeladen.
"...zweitens sind sie leise."
Und drittens: Für den Forscher sind sie ein weiterer Baustein einer modernen, städtischen Mobilität.
"Und das ist dann eben nicht nur der eRoller, das sind dann auch eFahrräder oder auch Fahrräder, Autos und natürlich als Grundlage ein gut funktionierender öffentlicher Verkehr. Und die Kombination! Die könnte, wenn sie gut funktioniert, so attraktiv sein, dass sie das private Auto oder zumindest den Zweitwagen im Haushalt ersetzen kann."
Zwei Euro für zehn Minuten
Ein eRoller hat im Durchschnitt eine Reichweite von 100 km, länger hält der Akku nicht. Ideal für kurze Strecken in der Stadt. Ist die Batterie fast leer, kommt ein Techniker und tauscht sie aus. Für Valerian Seither von "e-Mio" geht diese Rechnung auf:
"Die Energiekosten, die man für 100 km benötigt, sind bei einem Elektroroller 80 cent auf 100 km, das Äquivalent, das man an Benzin verfahren hätte, liegt so bei 4, 5 Euro."
Seit August muss sich eMio den Berliner Markt mit Coup teilen, einer Tochterfirma von Bosch. Coup hat 200 eRoller in der Stadt verteilt. Beide Unternehmen beschränken ihr Nutzungsgebiet auf die zentralen Berliner Bezirke.
eMio hat inzwischen 13.000 Kunden, für Coup gibt es noch keine Zahlen. Und während das eRoller-Sharing im hippen Berlin weiter wächst, entdecken es auch andere Großstädte: In Stuttgart bieten die Stadtwerke geteilte eRoller an - allerdings nur 15 Stück - und in Essen und Hamburg liebäugeln zwei Firmen mit dem eRoller-Sharing.
Laura beendet ihre kurze Tour. Das Geld wird über die App direkt von ihrem Konto abgezogen. Für zehn Minuten zahlt sie knapp zwei Euro.
Laura hat das eRoller Sharing im Sommer viel genutzt. Und weil ihr das Rollern so gut gefällt, überlegt sie, ob sie sich nicht einen eigenen Roller zulegen sollte. Ob sie den dann auch teilt?