Mit falschem Haar den Krebs besiegt
Als Sophie van der Stap 21 Jahre alt ist, wird bei ihr eine seltene Krebsart des Muskelgewebes diagnostiziert. Anrührend, ehrlich und mitreißend erzählt sie von ihren Gefühlen, ihren Nöten, aber auch von ihrem Lebensmut und dem Willen nicht aufgeben zu wollen. Symbolisch dafür stehen Stella, Sue, Daisy, Blondie, Platina, Oema, Pam, Lydia oder Bebé - ihre neun Perücken, die ihr erlauben, jeden Tag eine andere Sophie zu sein.
Rhabdomyosarkom - eine seltene Form von Muskelgewebekrebs - im fortgeschrittenen Stadium. So lautet die niederschmetternde Diagnose, nachdem mehrere Ärzte sie wegen ihrer Müdigkeit, Atembeschwerden und ein paar Kilo weniger untersucht und sie anschließend beim Lungenfacharzt landete. Es ist Januar 2005, die Niederländerin Sophie van der Stap ist 21 Jahre jung. Sie steht mitten im Leben, trifft sich gerne mit ihren Freunden, reist viel und studiert Politologie. Die Zukunft liegt vor ihr. Jetzt nicht mehr?
Der Schock sitzt tief. Gerade erst hat ihre Mutter ihre letzte Chemotherapie hinter sich gebracht, jetzt trifft es die jüngste Tochter der Familie, Sophie. Schluchzend kriecht die unter den Schreibtisch des Arztes, will nicht wahrhaben, was wahr ist. Für alle geht das Leben weiter wie gehabt, nicht so für Sophie van der Stap. Für sie beginnt im Zimmer des Lungenarztes ein neues, anderes Leben. Eines von dem sie nicht weiß, wie lange es noch geht.
Fortan ist Sophie van der Stap ein Mädchen mit Krebs. Und dem gilt es den Kampf anzusagen, egal was Ärzte ihr über die Krankheit sagen, egal was im Internet steht. Unterstützt durch ihre Familie und mit Hilfe ihrer neun Perücken nimmt sie diesen Kampf auf. Stella, Sue, Daisy, Blondie, Platina, Oema, Pam, Lydia oder Bebé - ihre neun Perücken stehen symbolisch für jeden einzelnen Tag dieser Odyssee, die Sophie van der Stap bisher zumindest als geheilt durchlitten hat.
Trotzdem: Es ist ein harter, hinterhältiger und Furcht einflössender Kampf, von dem Sophie van der Stap schreibt. Ein Kampf, der sie an die Grenzen der Belastbarkeit bringt und der sie am Ende doch stärker macht, ihr eine Zukunftsperspektive gibt, sogar einen Beruf, den der Journalistin.
"Heute bin ich blond" so heißt ihr Buch, in dem sie anrührend, ehrlich und mitreißend im Tagebuchstil von ihren Gefühlen, ihren Nöten, aber auch von ihrem Lebensmut und dem Willen, nicht aufgeben zu wollen, erzählt. Und so beschreibt sie sich mal als "armes kleines Krebsbündel", das die Kontrolle über die eigene Blase verliert, um dann aber als starke Kämpferin mit erhobenem Mittelfinger durchs Leben zu schreiten. Was zeigt: Wer jetzt Betroffenheits- oder Ratschlagliteratur auf den 240 Seiten dieses gelungenen Buches erwartet, der wird enttäuscht. "Heute bin ich blond" ist mehr: Es ist der frech geschriebene und eindrucksvolle Bericht eines jungen Menschen über den Überlebenskampf gegen Krebs, wo jeder Tag so gelebt werden muss, als wäre er der letzte.
Und genau das ist die Stärke dieses Buches. Es erlaubt eine Innenperspektive auf die Volkskrankheit Krebs. Nimmt den unbeteiligten Leser wie den selbst Erkrankten an die Hand und erzählt von den bitteren Ängsten und körperlichen Veränderungen, aber vor allem auch von den Fluchten aus diesem Alptraum, die helfen, nicht verrückt zu werden. Die Mut machen. Mut, den man braucht.
Bei Sophie van der Stap sind es die Perücken, die ihr helfen, den Alptraum hinter sich zu lassen. Wann immer sie eine andere Perücke aufzieht, eine blonde, eine rote, eine braune, eine kurze eine langhaarige, gerät die alles bestimmende Krankheit für kurze Zeit in Vergessenheit. Sophie van der Stap wird so selbst wieder Herrin ihres eigenen Lebens. Und genau darum geht es der jungen Autorin. Sie will Mut machen, zeigen, dass man nicht aufgeben darf, weil sonst die Krankheit schon lange vor dem Ende siegt.
Gezielt sucht Sophie deshalb auch Kontakt zu anderen jungen Patienten, vorläufig geheilten, die ihr als Beispiel dienen, nicht aufzugeben. Mit ihnen bespricht sie die Diagnose, die Behandlung, wie die Chemotherapie und die Bestrahlung mit all ihren Folgen. Sie macht sich schlau. Sophie van der Stap beweist damit, wie wichtig es ist, den eigenen Willen nicht komplett abzugeben, sondern wachsam die eigene Behandlung zu begleiten.
Sophie van der Stap hat ein kluges Buch geschrieben. Denn ohne jeden Eingriff explizit zu beschreiben, verharmlost sie nichts. Alles was sie erzählt, beschreibt sie ausschließlich aus ihrem eigenen, subjektiven Blickwinkel heraus. Und so werden vermeintliche Nebensächlichkeiten oft wichtiger, wie etwa die Suche nach einem Liebhaber oder nach einer passenden Jeans. Und genau das macht ihr Buch zu einem Glücksfall gerade für junge Krebskranke, die glauben, die Hoffnung verloren zu haben. Denn Sophie van der Stap ermutigt sie, frech und fordernd der eigenen Krankheit und damit dem Leben zu begegnen.
Rezensiert von Kim Kindermann
Sophie van der Stap: Heute bin ich blond. Das Mädchen mit den neun Perücken
Aus dem Niederländischen von Barbara Heller
Droemer, München 2008
240 Seiten, broschiert, 16,95 Euro
Der Schock sitzt tief. Gerade erst hat ihre Mutter ihre letzte Chemotherapie hinter sich gebracht, jetzt trifft es die jüngste Tochter der Familie, Sophie. Schluchzend kriecht die unter den Schreibtisch des Arztes, will nicht wahrhaben, was wahr ist. Für alle geht das Leben weiter wie gehabt, nicht so für Sophie van der Stap. Für sie beginnt im Zimmer des Lungenarztes ein neues, anderes Leben. Eines von dem sie nicht weiß, wie lange es noch geht.
Fortan ist Sophie van der Stap ein Mädchen mit Krebs. Und dem gilt es den Kampf anzusagen, egal was Ärzte ihr über die Krankheit sagen, egal was im Internet steht. Unterstützt durch ihre Familie und mit Hilfe ihrer neun Perücken nimmt sie diesen Kampf auf. Stella, Sue, Daisy, Blondie, Platina, Oema, Pam, Lydia oder Bebé - ihre neun Perücken stehen symbolisch für jeden einzelnen Tag dieser Odyssee, die Sophie van der Stap bisher zumindest als geheilt durchlitten hat.
Trotzdem: Es ist ein harter, hinterhältiger und Furcht einflössender Kampf, von dem Sophie van der Stap schreibt. Ein Kampf, der sie an die Grenzen der Belastbarkeit bringt und der sie am Ende doch stärker macht, ihr eine Zukunftsperspektive gibt, sogar einen Beruf, den der Journalistin.
"Heute bin ich blond" so heißt ihr Buch, in dem sie anrührend, ehrlich und mitreißend im Tagebuchstil von ihren Gefühlen, ihren Nöten, aber auch von ihrem Lebensmut und dem Willen, nicht aufgeben zu wollen, erzählt. Und so beschreibt sie sich mal als "armes kleines Krebsbündel", das die Kontrolle über die eigene Blase verliert, um dann aber als starke Kämpferin mit erhobenem Mittelfinger durchs Leben zu schreiten. Was zeigt: Wer jetzt Betroffenheits- oder Ratschlagliteratur auf den 240 Seiten dieses gelungenen Buches erwartet, der wird enttäuscht. "Heute bin ich blond" ist mehr: Es ist der frech geschriebene und eindrucksvolle Bericht eines jungen Menschen über den Überlebenskampf gegen Krebs, wo jeder Tag so gelebt werden muss, als wäre er der letzte.
Und genau das ist die Stärke dieses Buches. Es erlaubt eine Innenperspektive auf die Volkskrankheit Krebs. Nimmt den unbeteiligten Leser wie den selbst Erkrankten an die Hand und erzählt von den bitteren Ängsten und körperlichen Veränderungen, aber vor allem auch von den Fluchten aus diesem Alptraum, die helfen, nicht verrückt zu werden. Die Mut machen. Mut, den man braucht.
Bei Sophie van der Stap sind es die Perücken, die ihr helfen, den Alptraum hinter sich zu lassen. Wann immer sie eine andere Perücke aufzieht, eine blonde, eine rote, eine braune, eine kurze eine langhaarige, gerät die alles bestimmende Krankheit für kurze Zeit in Vergessenheit. Sophie van der Stap wird so selbst wieder Herrin ihres eigenen Lebens. Und genau darum geht es der jungen Autorin. Sie will Mut machen, zeigen, dass man nicht aufgeben darf, weil sonst die Krankheit schon lange vor dem Ende siegt.
Gezielt sucht Sophie deshalb auch Kontakt zu anderen jungen Patienten, vorläufig geheilten, die ihr als Beispiel dienen, nicht aufzugeben. Mit ihnen bespricht sie die Diagnose, die Behandlung, wie die Chemotherapie und die Bestrahlung mit all ihren Folgen. Sie macht sich schlau. Sophie van der Stap beweist damit, wie wichtig es ist, den eigenen Willen nicht komplett abzugeben, sondern wachsam die eigene Behandlung zu begleiten.
Sophie van der Stap hat ein kluges Buch geschrieben. Denn ohne jeden Eingriff explizit zu beschreiben, verharmlost sie nichts. Alles was sie erzählt, beschreibt sie ausschließlich aus ihrem eigenen, subjektiven Blickwinkel heraus. Und so werden vermeintliche Nebensächlichkeiten oft wichtiger, wie etwa die Suche nach einem Liebhaber oder nach einer passenden Jeans. Und genau das macht ihr Buch zu einem Glücksfall gerade für junge Krebskranke, die glauben, die Hoffnung verloren zu haben. Denn Sophie van der Stap ermutigt sie, frech und fordernd der eigenen Krankheit und damit dem Leben zu begegnen.
Rezensiert von Kim Kindermann
Sophie van der Stap: Heute bin ich blond. Das Mädchen mit den neun Perücken
Aus dem Niederländischen von Barbara Heller
Droemer, München 2008
240 Seiten, broschiert, 16,95 Euro