Mit Ironie und spitzer Feder
Der langjährige Stuttgarter Oberbürgermeister Manfred Rommel hält in seinem Buch "Vom Schlaraffenland ins Jammertal?" der Politik einen Spiegel vor. Ohne dabei in die Rolle des besserwisserischen Schwaben zu verfallen, arbeitet er nüchtern Fakten ab und legt den Finger immer wieder auf die empfindlichste Stelle menschlicher Eitelkeiten.
Gewöhnlich, so sagt man, wird der Schwabe mit 40 gescheit, was auf Hochdeutsch so etwas wie klug und weise bedeutet. Manfred Rommel, bis vor 10 Jahren ganze 22 Jahre lang Oberbürgermeister von Stuttgart und zugleich Schlitzohr mit untrüglichem Blick für öffentliche Wirkung, hat inzwischen die 70 überschritten und ist also folgerichtig schon seit Jahrzehnten weise, klug, überlegen, nachsichtig, erfahren, weltläufig, urteilsmild, gelassen – eben gescheit.
Aus dieser Einsicht und fußend auf sieben Jahrzehnten Erfahrung hat uns dieser immer wieder erstaunliche Manfred Rommel erneut in Buch mit Einsichten und tiefen Gedanken geschenkt, sein Fünfzehntes übrigens. Er warnt vor ständigem Jammern, obwohl er selbst ernsthaft nicht glaubt, dass wir uns zu Tode jammern. Nur eben ins Schlaraffenland kämen wir allesamt nie und nimmer hin - mit Jammern schon gar nicht. Und ein ewiges Nirwana sei keineswegs dadurch zu erreichen, dass allen alle Wünsche erfüllt würden - im Gegenteil, es gelte, Begierden zu dämpfen.
Hier schreibt ein mit dem Alter wirklich klug gewordener ehemaliger Politiker, was ihm auf der Seele liegt. Und mahnt uns augenzwinkernd:
"Was ich hinterlassen will, ist der Rat: Wenn Sie es irgendwie einrichten können, bleiben Sie fröhlich, entwickeln und pflegen Sie die Fähigkeit, über sich selbst lachen zu können und trainieren Sie Blick und Sinn für das Absurde und Komische. Sie werden mehr aus Ihrem Leben machen können und Ihren Mitmenschen angenehmer sein. Wahren Sie Ihr Recht, aber rächen Sie sich nicht, es bringt nichts. Und ertragen Sie mit Fassung, was Sie nicht ändern können, und seien Sie, wenn ohnehin nichts anderes übrig bleibt, möglichst zufrieden."
Selbstverständlichkeiten? Offenbar nicht, denn sonst würde es uns dieser Manfred Rommel nicht zwischen zwei Buchdeckeln aufschreiben.
Es ist eines von jenen Büchern, die schmunzelnd gelesen werden können. Man kann hinten anfangen oder vorne, man kann es kapitelweise lesen oder einfach irgendwo aufschlagen – man bleibt hängen und folgt den oft verblüffenden Einsichten des Autors mit wachsender Neugier, so auch dieser:
"Auf dem Weg in die Zukunft gewinnen wir mehr Sicherheit, wenn wir jedenfalls das nicht tun, was nachweisbar falsch ist."
Mit Ironie und spitzer Feder hält Rommel der Politik einen Spiegel vor, selten schmeichelhaft. Dabei verfällt er nicht in die Haltung des besserwisserischen Schwaben, sondern arbeitet nüchtern Fakten ab und legt den Finger immer wieder auf die empfindlichste Stelle menschlicher Eitelkeiten. Und Humor hat er, dieser ehemalige offizielle Fassbieranstecher auf Stuttgarts berühmtem Volksfest, den Cannstatter Wasen:
"Viele Mitbürger verabscheuen die Politik, weil Sie meinen, dort würden notorisch Versprechen gebrochen und gelogen, dass sich die Balken biegen. Das ist maßlos übertrieben. Erfolgreich zu lügen ist nämlich schwer. Das erfordert Phantasie, Intelligenz, Kaltblütigkeit und Schlagfertigkeit. Ein junger Mann stellte sich bei der Musterung blind, und zwar so geschickt, dass er vom Wehrdienst frei kam. Zur Feier des Tages meinte er, sich etwas leisten zu sollen, und ging ins Kino. Dort nahm ein Herr neben ihm Platz, den er als den Arzt wieder erkannte, der ihn bei der Musterung untersucht und für blind erklärt hatte. Bevor der Arzt etwas sagen konnte, fragte er diesen: "Fräulein, ich bin doch hier recht in der S-Bahn nach Feuerbach?" So etwas muss einem einfallen, und zwar sofort, nicht erst eine halbe Stunde später."
Weit gespannt ist die Thematik dieses vorerst letzten Rommel-Buches: Von Hartz IV und Gerechtigkeit über Globalisierung, Kultur und Finanzpolitik bis zur Grundsatzfrage, ob Politiker zuviel verdienen. Und immer wieder diese leichte Ironie, gerade auch im Grundsätzlichen:
"Die Volkswirtschaft ist ein Werk von Menschen, und wo Menschen tätig werden ist auch das Irrationale. Zum Irrationalen gehören Zuneigung und Abneigung, Angst und Mut, Hoffnung und Resignation. Von Bedeutung ist nicht nur, wie die Tatsachen objektiv sind, sondern was die Menschen von ihnen denken und wie sie auf sie reagieren. Die Volkswirtschaft ist somit nicht eine Maschine, die auf Knopfdruck oder Drehen an Stellschrauben voraus berechenbar reagiert. Sie ist eher ein Organismus, der einige seiner Geheimnisse bewahrt."
Man wünschte sich, dass Politiker, wenn sie zur Feder greifen, es derart tun wie Manfred Rommel: leicht verständlich, augenzwinkernd, kenntnisreich, sich selbst zurücknehmend, unprätenziös. Auch hier ist dieser Mann, der seine Parkinson-Krankheit und mancherlei Altersängste keineswegs verschweigt, eine Ausnahme.
Manfred Rommel: Vom Schlaraffenland ins Jammertal?
Wir machen uns schlechter, als wir sind
Hohenheim Verlag
Stuttgart 2006
Aus dieser Einsicht und fußend auf sieben Jahrzehnten Erfahrung hat uns dieser immer wieder erstaunliche Manfred Rommel erneut in Buch mit Einsichten und tiefen Gedanken geschenkt, sein Fünfzehntes übrigens. Er warnt vor ständigem Jammern, obwohl er selbst ernsthaft nicht glaubt, dass wir uns zu Tode jammern. Nur eben ins Schlaraffenland kämen wir allesamt nie und nimmer hin - mit Jammern schon gar nicht. Und ein ewiges Nirwana sei keineswegs dadurch zu erreichen, dass allen alle Wünsche erfüllt würden - im Gegenteil, es gelte, Begierden zu dämpfen.
Hier schreibt ein mit dem Alter wirklich klug gewordener ehemaliger Politiker, was ihm auf der Seele liegt. Und mahnt uns augenzwinkernd:
"Was ich hinterlassen will, ist der Rat: Wenn Sie es irgendwie einrichten können, bleiben Sie fröhlich, entwickeln und pflegen Sie die Fähigkeit, über sich selbst lachen zu können und trainieren Sie Blick und Sinn für das Absurde und Komische. Sie werden mehr aus Ihrem Leben machen können und Ihren Mitmenschen angenehmer sein. Wahren Sie Ihr Recht, aber rächen Sie sich nicht, es bringt nichts. Und ertragen Sie mit Fassung, was Sie nicht ändern können, und seien Sie, wenn ohnehin nichts anderes übrig bleibt, möglichst zufrieden."
Selbstverständlichkeiten? Offenbar nicht, denn sonst würde es uns dieser Manfred Rommel nicht zwischen zwei Buchdeckeln aufschreiben.
Es ist eines von jenen Büchern, die schmunzelnd gelesen werden können. Man kann hinten anfangen oder vorne, man kann es kapitelweise lesen oder einfach irgendwo aufschlagen – man bleibt hängen und folgt den oft verblüffenden Einsichten des Autors mit wachsender Neugier, so auch dieser:
"Auf dem Weg in die Zukunft gewinnen wir mehr Sicherheit, wenn wir jedenfalls das nicht tun, was nachweisbar falsch ist."
Mit Ironie und spitzer Feder hält Rommel der Politik einen Spiegel vor, selten schmeichelhaft. Dabei verfällt er nicht in die Haltung des besserwisserischen Schwaben, sondern arbeitet nüchtern Fakten ab und legt den Finger immer wieder auf die empfindlichste Stelle menschlicher Eitelkeiten. Und Humor hat er, dieser ehemalige offizielle Fassbieranstecher auf Stuttgarts berühmtem Volksfest, den Cannstatter Wasen:
"Viele Mitbürger verabscheuen die Politik, weil Sie meinen, dort würden notorisch Versprechen gebrochen und gelogen, dass sich die Balken biegen. Das ist maßlos übertrieben. Erfolgreich zu lügen ist nämlich schwer. Das erfordert Phantasie, Intelligenz, Kaltblütigkeit und Schlagfertigkeit. Ein junger Mann stellte sich bei der Musterung blind, und zwar so geschickt, dass er vom Wehrdienst frei kam. Zur Feier des Tages meinte er, sich etwas leisten zu sollen, und ging ins Kino. Dort nahm ein Herr neben ihm Platz, den er als den Arzt wieder erkannte, der ihn bei der Musterung untersucht und für blind erklärt hatte. Bevor der Arzt etwas sagen konnte, fragte er diesen: "Fräulein, ich bin doch hier recht in der S-Bahn nach Feuerbach?" So etwas muss einem einfallen, und zwar sofort, nicht erst eine halbe Stunde später."
Weit gespannt ist die Thematik dieses vorerst letzten Rommel-Buches: Von Hartz IV und Gerechtigkeit über Globalisierung, Kultur und Finanzpolitik bis zur Grundsatzfrage, ob Politiker zuviel verdienen. Und immer wieder diese leichte Ironie, gerade auch im Grundsätzlichen:
"Die Volkswirtschaft ist ein Werk von Menschen, und wo Menschen tätig werden ist auch das Irrationale. Zum Irrationalen gehören Zuneigung und Abneigung, Angst und Mut, Hoffnung und Resignation. Von Bedeutung ist nicht nur, wie die Tatsachen objektiv sind, sondern was die Menschen von ihnen denken und wie sie auf sie reagieren. Die Volkswirtschaft ist somit nicht eine Maschine, die auf Knopfdruck oder Drehen an Stellschrauben voraus berechenbar reagiert. Sie ist eher ein Organismus, der einige seiner Geheimnisse bewahrt."
Man wünschte sich, dass Politiker, wenn sie zur Feder greifen, es derart tun wie Manfred Rommel: leicht verständlich, augenzwinkernd, kenntnisreich, sich selbst zurücknehmend, unprätenziös. Auch hier ist dieser Mann, der seine Parkinson-Krankheit und mancherlei Altersängste keineswegs verschweigt, eine Ausnahme.
Manfred Rommel: Vom Schlaraffenland ins Jammertal?
Wir machen uns schlechter, als wir sind
Hohenheim Verlag
Stuttgart 2006