Mit Mode die Welt verbessern
Die österreichische Modedesignerin Elisabeth Prantner protestiert nicht gegen die Modewelt - denn sie gehört ja selbst dazu mit ihrem Label "Lisa D". Und dann ist da noch die Änderungsschneiderei "Bis es mir vom Leibe fällt", bei der der Name Programm ist.
ICH WAR EINMAL ein dicker Strickpulli, kurzeitig im Besitz eines jungen Politologiestudenten, der sich intensiv in der Occupybewegung engagierte und mich gut bei den Besetzungen in den Zeltlagern gebrauchen konnte. Endlich kam etwas Aufregung in mein Leben, ich wurde ja die letzten zehn Jahre von seinem Vater nur hin und wieder für den Skiurlaub aus dem Schrank geholt...
Und dann folgt die Kurzgeschichte der Herstellermarke, ein bisschen über ihre Philosophie - und schließlich das Missgeschick, dass diesen Pulli in zerrissenem Zustand in die Veränderungsschneiderei brachte, wo er zu einer Mütze und Handschuhen umrepariert wurde...
Solche Geschichten stehen reichlich auf der Webseite des Veränderungsateliers "Bis es mir vom Leibe fällt" in den Hackeschen Höfen in Berlin.
"Wenn du vom Opa vier Hosen geerbt hast und du würdest sie normalerweise wegschmeissen, dann bieten wir eben an, dass man aus diesen Hosen einen Stoff erzeugen kann, und aus diesem Stoff kann man ein Kleid machen oder ein Gürteltäschchen - so ein Täschchen, das man sich umbindet - beziehungsweise eine Mütze... "
Elisabeth Prantner ist Mitte 50 und so eine Art politische Aktivistin. Und eine Modeschöpferin mit eigenem Designerlabel "Lisa D". Und sie hebt sich auffällig ab vom wichtigtuerischen, aber keimfreien Flair der Fashion-Week-Stadt, der Bread & Butter-Stadt Berlin: Mit ihrer quirligen und doch bodenständigen kärntnerischen Art hebt sie sich ab - ohne Makeup, die langen rote Haare gern zu einem Pferdeschwanz gebunden, im grob karierten Kleid Vivian-Westwood-Stil.
"Ich hab dann in Graz studiert - Mathematik und Kunst, habe dann sechs Jahre lang unterrichtet, und auch Theater unterrichtet - also so Schultheater -, bin dann nach New York gezogen, habe dort als Autodidaktin angefangen, T-Shirts zu bemalen - bin dann darüber zur Performance gekommen, hab dann ein paar Jahre Perfomances gemacht... "
Mode-Performances um Themen wie Globalisierung, Produktionsverhältnisse, Nachhaltigkeit - und durchaus im großen Stil: mit Joint Ventures zwischen ihrem Modelabel und Avantgardemusikern, namhaften Schauspielern, Künstlern und Schockperformern. Eine Moderevue basierte "auf einem Stück von einem Stück von Elfriede Jelinek". Ihr letztes Programm hieß "Boat People - das Label ist schön", und das gab es sowohl als Modemarke wie auch als Theaterprojekt: Eine Mischung aus Theaterstück und Modenschau auf, und es lief ein halbes Jahr am Wiener Burgtheater.
Aus Billigtextilien, die in asiatischen Dumpinglohnländern in irgendwelchen Sweatshops hergestellt worden waren, schneiderte Lisa Prantner extrem teure Einzelstücke. Zum Beispiel aus mehreren billigen Babystramplern ein mondänes Abendkleid für 700 bis 800 Euro - aber an den Seiten guckten noch die Preisschilder der Billigstrampler raus: Als Zeichen der aktiven Teilhabe am Ausbeutungsprozess, wie die Künstlerin sagte.
"Also die Leute haben dann zwar applaudiert, aber im Endeffekt haben meine ganzen Aktionen nicht viel bewirkt. Und das war dann die Idee: Ok, ich gehe jetzt wirklich an die Basis und mache richtige Basisarbeit, wo wir einfach viel mehr Leute erreichen können."
Und also gründete sie "Bis es mir vom Leibe fällt" - eine Weltveränderungsschneiderei! Neben Prantner sind das vor allem drei junge Frauen, die die Wiederbelebung von alten Klamotten hier erledigen.
" Judith und Esther. Und Kathrin ist auch noch, aber die ist heute leider nicht da."
Sie upcyceln Massenware aus dem Modediscount, Fehl- oder Frustkäufe, zu eng gewordene Kostüme - was der Kunde halt anschleppt.
"Ich habe immer das Gefühl: Die Menschen wissen überhaupt nicht mehr ein noch aus, die kaufen das halt - 20 Mal im Jahr ein H&M-Shirt, dann landet es nach drei mal Tragen wieder im dem Müll. Und der Müllberg wird immer größer und größer und die Giftstoffe immer ärger. Und wir wollen halt dem Menschen sagen: Ok, du musst ja das T-Shirt nicht wegschmeißen, sondern bring es zu uns und lass es ver-ändern. Und in dem Maß, wo man selber als Bürger bestimmen kann, dass man das Teil verändert, gewinnt man seine eigene Definitionsmacht wieder zurück und man entzieht es diesem Kreislauf."
Und tatsächlich würde man - bei dem theoretischen Überbau - auf einen dogmatischen linken Kleiderladen tippen. Aber es geht ja auch ums Design bei "Bis es mir vom Leibe fällt" - ums Arbeiten mit schöner Kleidung...
"Und wir arbeiten an der Basis: an der Bewußtseinsveränderungsbasis."
Ja, klar, aber wie bewusst ist den Kunden denn die politische Botschaft, wenn sie für eine sehr aufwändige Umgestaltung ihrer Klamotten auch mal bis 500 Euro zahlen?
"Es gibt ja so viel Handarbeitsmenschen, die total auf die Handarbeit hier stehen - die das einfach nur als Handarbeit sehen. Die gibt es natürlich auch. Aber wenn sie dann zum dritten Mal kommen und auch unsere Texte lesen und mit unsern Mitarbeitern sprechen, dann wird das schon klarer, dass das ein weiteres Denken ist und dass wir nur ein kleiner Teil in dieser Bewegung sind."
Und deshalb stehen ihre Ideen im Internet auch rechtefrei zum lustigen Kopieren!
"Das ist eine Mischung zwischen meinem Drang, etwas zu verändern, gleichzeitig auch natürlich der kommerzielle Wunsch zu überleben und eine ökonomische Basis für uns zu schaffen. Das gehört natürlich zusammen."
Wie so Vieles zusammengehört bei Lisa Prantner und "Bis es mir vom Leibe fällt": Alles hat mehrere Sinnebenen. Und manchmal einfach nur, weil das Spaß macht!
"Ja, es ist schon eine ziemlich gelungene Mischung aus Arbeit und Spaß - was ja immer meine Doktrin ist, eigentlich: So sollte man ja leben, ja... "
Und dann folgt die Kurzgeschichte der Herstellermarke, ein bisschen über ihre Philosophie - und schließlich das Missgeschick, dass diesen Pulli in zerrissenem Zustand in die Veränderungsschneiderei brachte, wo er zu einer Mütze und Handschuhen umrepariert wurde...
Solche Geschichten stehen reichlich auf der Webseite des Veränderungsateliers "Bis es mir vom Leibe fällt" in den Hackeschen Höfen in Berlin.
"Wenn du vom Opa vier Hosen geerbt hast und du würdest sie normalerweise wegschmeissen, dann bieten wir eben an, dass man aus diesen Hosen einen Stoff erzeugen kann, und aus diesem Stoff kann man ein Kleid machen oder ein Gürteltäschchen - so ein Täschchen, das man sich umbindet - beziehungsweise eine Mütze... "
Elisabeth Prantner ist Mitte 50 und so eine Art politische Aktivistin. Und eine Modeschöpferin mit eigenem Designerlabel "Lisa D". Und sie hebt sich auffällig ab vom wichtigtuerischen, aber keimfreien Flair der Fashion-Week-Stadt, der Bread & Butter-Stadt Berlin: Mit ihrer quirligen und doch bodenständigen kärntnerischen Art hebt sie sich ab - ohne Makeup, die langen rote Haare gern zu einem Pferdeschwanz gebunden, im grob karierten Kleid Vivian-Westwood-Stil.
"Ich hab dann in Graz studiert - Mathematik und Kunst, habe dann sechs Jahre lang unterrichtet, und auch Theater unterrichtet - also so Schultheater -, bin dann nach New York gezogen, habe dort als Autodidaktin angefangen, T-Shirts zu bemalen - bin dann darüber zur Performance gekommen, hab dann ein paar Jahre Perfomances gemacht... "
Mode-Performances um Themen wie Globalisierung, Produktionsverhältnisse, Nachhaltigkeit - und durchaus im großen Stil: mit Joint Ventures zwischen ihrem Modelabel und Avantgardemusikern, namhaften Schauspielern, Künstlern und Schockperformern. Eine Moderevue basierte "auf einem Stück von einem Stück von Elfriede Jelinek". Ihr letztes Programm hieß "Boat People - das Label ist schön", und das gab es sowohl als Modemarke wie auch als Theaterprojekt: Eine Mischung aus Theaterstück und Modenschau auf, und es lief ein halbes Jahr am Wiener Burgtheater.
Aus Billigtextilien, die in asiatischen Dumpinglohnländern in irgendwelchen Sweatshops hergestellt worden waren, schneiderte Lisa Prantner extrem teure Einzelstücke. Zum Beispiel aus mehreren billigen Babystramplern ein mondänes Abendkleid für 700 bis 800 Euro - aber an den Seiten guckten noch die Preisschilder der Billigstrampler raus: Als Zeichen der aktiven Teilhabe am Ausbeutungsprozess, wie die Künstlerin sagte.
"Also die Leute haben dann zwar applaudiert, aber im Endeffekt haben meine ganzen Aktionen nicht viel bewirkt. Und das war dann die Idee: Ok, ich gehe jetzt wirklich an die Basis und mache richtige Basisarbeit, wo wir einfach viel mehr Leute erreichen können."
Und also gründete sie "Bis es mir vom Leibe fällt" - eine Weltveränderungsschneiderei! Neben Prantner sind das vor allem drei junge Frauen, die die Wiederbelebung von alten Klamotten hier erledigen.
" Judith und Esther. Und Kathrin ist auch noch, aber die ist heute leider nicht da."
Sie upcyceln Massenware aus dem Modediscount, Fehl- oder Frustkäufe, zu eng gewordene Kostüme - was der Kunde halt anschleppt.
"Ich habe immer das Gefühl: Die Menschen wissen überhaupt nicht mehr ein noch aus, die kaufen das halt - 20 Mal im Jahr ein H&M-Shirt, dann landet es nach drei mal Tragen wieder im dem Müll. Und der Müllberg wird immer größer und größer und die Giftstoffe immer ärger. Und wir wollen halt dem Menschen sagen: Ok, du musst ja das T-Shirt nicht wegschmeißen, sondern bring es zu uns und lass es ver-ändern. Und in dem Maß, wo man selber als Bürger bestimmen kann, dass man das Teil verändert, gewinnt man seine eigene Definitionsmacht wieder zurück und man entzieht es diesem Kreislauf."
Und tatsächlich würde man - bei dem theoretischen Überbau - auf einen dogmatischen linken Kleiderladen tippen. Aber es geht ja auch ums Design bei "Bis es mir vom Leibe fällt" - ums Arbeiten mit schöner Kleidung...
"Und wir arbeiten an der Basis: an der Bewußtseinsveränderungsbasis."
Ja, klar, aber wie bewusst ist den Kunden denn die politische Botschaft, wenn sie für eine sehr aufwändige Umgestaltung ihrer Klamotten auch mal bis 500 Euro zahlen?
"Es gibt ja so viel Handarbeitsmenschen, die total auf die Handarbeit hier stehen - die das einfach nur als Handarbeit sehen. Die gibt es natürlich auch. Aber wenn sie dann zum dritten Mal kommen und auch unsere Texte lesen und mit unsern Mitarbeitern sprechen, dann wird das schon klarer, dass das ein weiteres Denken ist und dass wir nur ein kleiner Teil in dieser Bewegung sind."
Und deshalb stehen ihre Ideen im Internet auch rechtefrei zum lustigen Kopieren!
"Das ist eine Mischung zwischen meinem Drang, etwas zu verändern, gleichzeitig auch natürlich der kommerzielle Wunsch zu überleben und eine ökonomische Basis für uns zu schaffen. Das gehört natürlich zusammen."
Wie so Vieles zusammengehört bei Lisa Prantner und "Bis es mir vom Leibe fällt": Alles hat mehrere Sinnebenen. Und manchmal einfach nur, weil das Spaß macht!
"Ja, es ist schon eine ziemlich gelungene Mischung aus Arbeit und Spaß - was ja immer meine Doktrin ist, eigentlich: So sollte man ja leben, ja... "