Mit Poesie auf ausgetretenen Pfaden
Wandern ist für Freddy Langer eine elementare Erfahrung. Diese beschreibt der Reisejournalist in 17 Reportagen. Und er schafft es dabei, dass man beim Lesen selbst die Wanderschuhe schnüren möchte.
Alles begann auf einer Tauchtour nach Borneo. Statt sich ins Meer sinken zu lassen, beschloss Freddy Langer, den nahe der Küste aufragenden 4101 Meter hohen Mount Kinabalu, den höchsten Berg Südostasiens, zu besteigen. Es war eine Qual, schreibt er. Oben angekommen war er vollkommen erschöpft, aber zugleich beginnt mit diesem Aufstieg eine wachsende Leidenschaft: die Wanderlust.
Siebzehn seiner schönsten Reisen veröffentlicht Freddy Langer, der den Reiseteil der Frankfurter Allgemeinen Zeitung leitet, jetzt gesammelt in seinem Buch "Weitergehen". Und landet damit einen schönen Überraschungserfolg: Beim Lesen möchte man selbst die Wanderschuhe schnüren. Sofort.
Wandern ist für Freddy Langer eine elementare Erfahrung. Es schärfe die Sinne – nicht nur für die Umgebung, sondern auch für das Licht, für das Wetter und für die eigenen Befindlichkeiten. Gehen hilft beim nachdenken, so der Autor, vor allem auch dann, wenn es um Fragen geht, denen man sonst gerne ausweicht.
Und weil Erschöpfung dabei nicht hilfreich ist, wählt Langer immer nur Wanderrouten aus, die nicht mehr verlangen als Kondition, ein wenig Trittsicherheit und die Bereitschaft, ein oder zwei Tage auf eine warme Dusche zu verzichten, jedoch nie auf eine warme Mahlzeit oder ein kühles Bier.
Und so führen Langers Touren nicht so sehr an außergewöhnliche und einsame Ziele. Das exotischste ist der Chimborazo, der höchste Berg Ecuadors: "Alexander von Humboldt hat den Gipfel des Chimborazo nicht erreicht. Ich auch nicht!" lauten die ersten beiden Sätze seiner Reportage. Ansonsten wandert Freddy Langer durch die Alpen, spaziert durch Münster, besteigt den Gipfel des Teide auf Teneriffa, läuft durch das Ettal und den Taunus, erklettert den Olymp oder durchwandert Lappland.
Erstaunlich ist, wie viel Neues und wie viel Poesie Langer diesen ausgetretenen Pfaden abgewinnen kann. Wenn er den Spätherbst am Ettal beschreibt, wie der erste Schnee langsam die Häuser einhüllt, die Farben dämpft und nun kein trockenes Herbstlaub mehr unter seinen Wanderstiefeln raschelt, sondern nun der Schnee knarzt, dann hat das schon literarische Qualitäten. Genauso wenn er von Schäferidyllen am Olymp erzählt, um dann aber schnell festzustellen, wie brüchig diese scheinbare Idyllen sind. In Wirklichkeit leben die Hirten in schlimmster Armut.
Die Texte unter der Überschrift "Versuche über" runden das Wanderprogramm ab. Es sind schöne, (selbst)ironische Kapitel über die Materialschlacht der Outdoor-Ausrüstungshersteller, darüber dass es Ruck- und Schlafsäcke speziell für Frauen gibt (Rucksäcke mit kürzeren Rücken und anderen Traggurten, Schlafsäcke mit dickerem Fußende), aber auch darüber, das man das alles nicht wirklich braucht.
Im Büro eines Herstellers sieht Freddy Langer den Rucksack, den Hermann Buhl 1953 zur Besteigung des "Nanga Parbat" benutzte und stellt lakonisch fest: Da würde nicht mal sein Büchervorrat für die Wanderung reinpassen.
Besprochen von Günther Wessel
Freddy Langer: Weitergehen. Auf berühmten Wegen und wunderlichen Pfaden Ellert&Richter Verlag, Hamburg 2012
192 Seiten, 12,95 Euro
Siebzehn seiner schönsten Reisen veröffentlicht Freddy Langer, der den Reiseteil der Frankfurter Allgemeinen Zeitung leitet, jetzt gesammelt in seinem Buch "Weitergehen". Und landet damit einen schönen Überraschungserfolg: Beim Lesen möchte man selbst die Wanderschuhe schnüren. Sofort.
Wandern ist für Freddy Langer eine elementare Erfahrung. Es schärfe die Sinne – nicht nur für die Umgebung, sondern auch für das Licht, für das Wetter und für die eigenen Befindlichkeiten. Gehen hilft beim nachdenken, so der Autor, vor allem auch dann, wenn es um Fragen geht, denen man sonst gerne ausweicht.
Und weil Erschöpfung dabei nicht hilfreich ist, wählt Langer immer nur Wanderrouten aus, die nicht mehr verlangen als Kondition, ein wenig Trittsicherheit und die Bereitschaft, ein oder zwei Tage auf eine warme Dusche zu verzichten, jedoch nie auf eine warme Mahlzeit oder ein kühles Bier.
Und so führen Langers Touren nicht so sehr an außergewöhnliche und einsame Ziele. Das exotischste ist der Chimborazo, der höchste Berg Ecuadors: "Alexander von Humboldt hat den Gipfel des Chimborazo nicht erreicht. Ich auch nicht!" lauten die ersten beiden Sätze seiner Reportage. Ansonsten wandert Freddy Langer durch die Alpen, spaziert durch Münster, besteigt den Gipfel des Teide auf Teneriffa, läuft durch das Ettal und den Taunus, erklettert den Olymp oder durchwandert Lappland.
Erstaunlich ist, wie viel Neues und wie viel Poesie Langer diesen ausgetretenen Pfaden abgewinnen kann. Wenn er den Spätherbst am Ettal beschreibt, wie der erste Schnee langsam die Häuser einhüllt, die Farben dämpft und nun kein trockenes Herbstlaub mehr unter seinen Wanderstiefeln raschelt, sondern nun der Schnee knarzt, dann hat das schon literarische Qualitäten. Genauso wenn er von Schäferidyllen am Olymp erzählt, um dann aber schnell festzustellen, wie brüchig diese scheinbare Idyllen sind. In Wirklichkeit leben die Hirten in schlimmster Armut.
Die Texte unter der Überschrift "Versuche über" runden das Wanderprogramm ab. Es sind schöne, (selbst)ironische Kapitel über die Materialschlacht der Outdoor-Ausrüstungshersteller, darüber dass es Ruck- und Schlafsäcke speziell für Frauen gibt (Rucksäcke mit kürzeren Rücken und anderen Traggurten, Schlafsäcke mit dickerem Fußende), aber auch darüber, das man das alles nicht wirklich braucht.
Im Büro eines Herstellers sieht Freddy Langer den Rucksack, den Hermann Buhl 1953 zur Besteigung des "Nanga Parbat" benutzte und stellt lakonisch fest: Da würde nicht mal sein Büchervorrat für die Wanderung reinpassen.
Besprochen von Günther Wessel
Freddy Langer: Weitergehen. Auf berühmten Wegen und wunderlichen Pfaden Ellert&Richter Verlag, Hamburg 2012
192 Seiten, 12,95 Euro