Mit schwarz-weißen Quadraten in Netz

Von Philip Banse |
Mancher kennt sie aus der Zeitung oder vom Online-Ticket der Bahn: Codes aus kleinen schwarzen Karos können große Mengen von Daten speichern - und dürften bald den traditionellen Strichcode ablösen.
Der Durchbruch war eigentlich ein Video von den Pet Shop Boys.

"Da kam nichts anderes vor als QR Codes, die waren quasi auch als QR Codes verkleidet, die Jungs. Und da haben wir uns das mal angeguckt, was macht das eigentlich."

Was Frank Schmiechen, heute stellvertretender Chef der Welt-Gruppe im Axel-Springer Verlag, und die Pet Shop Boys in ihrem Video zu "Integral" faszinierte, waren zweidimensionale Barcodes: Kleine schwarze und weiße Quadrate, wild verteilt auf einer quadratischen Grundfläche. Es gibt viele Spielarten dieser grafischen Codes: Sie heißen Aztec, Data Matrix oder QR-Code, QR steht für Quick Response, schnelle Antwort.

Gemeinsam ist allen zweidimensionalen Codes: Die schwarzen und weißen Quadrate sind verschlüsselter Text, je nach Technik stehen die schwarzen Quadrate für bis zu 4000 Buchstaben und Zeichen. Vorteil: Scanner können die Codes lesen - im Bruchteil einer Sekunde. Am weitesten verbreitet sind QR Codes. Denn sie sind lizenzfrei. Das heißt: Jeder kann sie ganz einfach im Internet mit Code-Generatoren herstellen und ausdrucken. So fanden die futuristischen Muster ihren Weg ins Video der Pet Shop Boys - und weckten die Neugier von Zeitungsmacher Frank Schmiechen:

"Und haben wir gesehen: QR Code ist eigentlich nichts anderes als ein direkter Link von der Zeitung ins mobile Internet. Und das hat uns so begeistert, dass wir das jetzt seit zwei Jahren machen."

Heute steht unter einigen Artikeln in Springers "WELT kompakt" ein Quadrat aus schwarzen und weißen Quadraten. Dieser QR Code enthält stets einen Link ins Netz.

"Man braucht ein Smart-Phone, dann muss man sich ne App runter laden."

Journalist Schmiechen nimmt sein iPhone, öffnet eine App - eine Anwendung - und macht ein Foto vom Code in der Zeitung. Das Telefon meldet, es habe einen Link dekodiert, ob die Webseite geöffnet werden soll.

"Dann drückt man drauf und sagt: Yes, ich will ins Internet. Dann liest er dieses Ding aus und führt mich an die Stelle des Internets, wo ich ihn hin haben möchte als Redakteur. In diesem Fall ist es eine Geschichte über Werder-Trainer Thomas Schaaf. Jetzt sieht man hier Thomas Schaaf, wie er auf die Torwand schießt. Also, mich begeistert das nach wie vor. Ich bin absolut fasziniert davon."

Doch trotz des Nutzens - man muss die langen kryptischen Internetadressen nicht mehr umständlich abtippen - Code-Scannen ist kein Volkssport, sagt Blattmacher Schmiechen: Die Codes auf der Welt-Titelseite scannen maximal 10.000 Leser. In den westlichen Industrienationen sind zweidimensionale Codes nicht populär: Vor allem die Industrie nutzt die Codes, die Bahn etwa auf ihren Online-Tickets zum selber ausdrucken. Dank der schwarz-weißen Muster können Schaffner die Tickets schnell mit einem Scanner einlesen und kontrollieren. Doch darüber hinaus gibt es für Privatleute kaum Anwendungen. In Japan und Südkorea dagegen sind 2D-Codes allgegenwärtig.

In Werbespots preisen Mobilfunkanbieter die Vorzüge von QR Codes. In Japan bedecken die schwarz-weißen Quadrate ganze Hochhäuser, sagt der Brite Roger Smolski, Betreiber von "2d Code", einem Blog, das sich seit Jahren ausschließlich mit Anwendung und Analyse zweidimensionaler Barcodes beschäftigt. In Japan sah der Blogger denn auch seinen ersten Code:

"Der Code war auf der Rückseite eines Lastwagens. Mein japanischer Kollege machte ein Foto, scannte also den Code und der brachte ihn zur Website der Firma, der der Lastwagen gehörte, und machte ihm ein Sonderangebot. Da merkte ich, dass ich etwas sah, das auch im Westen groß werden wird. Es ist nur eine Frage der Zeit."

Doch das ist es immer noch. Nur in Japan hatten die Telefongesellschaften sofort verstanden, dass sie viel Datenverkehr und damit Umsatz erzeugen können, wenn ihre Kunden laufend Codes scannen und anschließend Webseiten aufrufen. Jedes japanische Telefon hat heute ein Code-Lesegerät. In den westlichen Industrienationen werden die Lebensbedingungen für die Codes erst jetzt besser: Neue Mobiltelefone mit guten Kameras, auf denen schnell eine Lese-Software installiert ist; günstige Daten-Flatrates fürs Handy mindern die Angst vor unkalkulierbaren Kosten durch mobiles Surfen. Jetzt seien 2D-Codes auf dem Vormarsch, sagt Code-Blogger Smolski:

"Die USA und Europa werden gerade sehr schnell aufgefüllt mit QR-Codes, wenn sie so wollen. Ich denke, dass es keine 18 Monte dauern wird, bis sie halb so populär sind wie in Japan. In vielleicht drei Jahren könnten wir sie genauso intensiv nutzen wie die Japaner."