Mit "Tinnilec" gegen Tinnitus
In Deutschland leiden schätzungsweise 14 Millionen Menschen an Tinnitus. Die Betroffenen hören dabei lästige Ohrgeräusche. Ein neues Gerät aus Frankreich namens "Tinnilec", das wie ein Hörgerät hinter dem Ohr getragen wird, soll helfen, den Tinnitus "abzuschalten".
So klingt ein Tinnitus – ein Ohrgeräusch – bei der Mehrzahl der Betroffenen. "Es ist ein hoher Ton", sagt Tina Mergel. Sie muss es wissen. Im "Hörzentrum" der Medizinischen Hochschule Hannover erkundet sie täglich die Ohrgeräusche der Patienten. So auch von Sabine von Oesen, die gerade in die Hörkabine geht. Kontakt gibt es nur über die Gegensprechanlage.
" Mergel: "Frau von Oesen, Sie hören mich?"
Von Oesen: "Ja!"
Mergel: "Gut, dann schauen wir mal wegen Ihrem Tinnitus." "
Tina Mergel dreht an mehreren Knöpfen, während Sabine von Oesen hinter der Glasscheibe in einem schallisolierten Raum sitzt. Tina Mergel will herausfinden, wie der Tinnitus klingt, den die 41-jährige Patientin ständig im Ohr hat.
" Mergel: "Ist das ein Rauschen oder ein Ton, den Sie haben?
Von Oesen: "Rauschen!"
Mergel: "Gut, dann werden Sie jetzt ein Rauschen hören und vergleichen mein Rauschen mit dem in Ihrem Ohr und sagen mir, ob ich höher oder tiefer gehen muss. Gut, dann fangen wir mal an ..." "
Lautsprecher übertragen die elektronisch hergestellten Ohrgeräusche in die Kabine. Sabine von Oesen, die seit vier Jahren unter Tinnitus leidet, muss nun den Ton in ihrem Ohr und dem Ton aus dem Lautsprecher vergleichen.
Das Geräusch variiert allerdings. Mal ist es lauter, mal leiser, abhängig von der Situation, in der sie sich befindet.
"Das ist ein Rauschen, das geht bei leisen Tönen los, und das ist teilweise dann auch so laut, dass ich sage, ich höre kaum noch was. Und dem entsprechend zieht man sich zurück mit allen Sachen."
Öffentliche Veranstaltungen, sogar Treffen im Familienkreis, meidet sie, wenn irgend möglich. Denn Stimmgewirr verunsichert die Patientin. In solchen Situationen sei es unmöglich, einem Gespräch zu folgen.
"Wir können ja noch nicht das Ohrgeräusch messen. Das wäre ja gut, wenn man es 'wiegen' könnte oder ausmessen könnte in 'Zentimetern', dann wären wir schon einen großen Schritt weiter ..."
... sagt die Tinnitus-Expertin, Professor Anke Lesinsky-Schiedat über das Massenphänomen Tinnitus: 14 Millionen Deutsche sind dauerhaft davon betroffen.
"Bis jetzt sind wir komplett darauf angewiesen, was uns der Patient sagt. Nämlich das ist ein hochfrequentes oder das ist ein tieffrequentes Rauschen oder Zischen in der und der Lautstärke. Wir können also immer nur versuchen, ein analoges Geräusch in unserer Audiometrie herzustellen. Und das beschreibt es uns letztlich nur. Wir können es nur sammeln, aber eine Erklärung, warum der eine es so wahrnimmt und der andere es anders wahrnimmt, haben wir dafür nicht."
Ein französischer Elektronikhersteller entwickelte ein Gerät, das die Ohrgeräusche ein für allemal abschalten soll: Es heißt "Tinnilec" und besteht aus einem digitalen Prozessor, der wie ein Hörgerät hinter dem Ohr getragen wird. Unter der Kopfhaut befindet sich das dazugehörige Empfangsteil – unsichtbar implantiert. Von dort aus gehen milde elektrische Reizsignale über eine Elektrode weiter bis zum Innenohr. Petra Sarnes – Ingenieurin für Medizintechnik:
"Tinnilec macht Folgendes: Es stimuliert die Hörschnecke und damit auch den Hörnerv elektrisch und soll damit die Hörschnecke und den Hörnerven reizen, um den Tinnitus zu unterdrücken."
Das Besondere an "Tinnilec": Es gibt nur eine einzige Elektrode, die von außen an die Hörschnecke herangeführt wird. Außerdem sind die Stromschwingungen, die zur Hörschnecke gelangen, extrem schwach. Viel schwächer als die Nervensignale, die von der Hörschnecke erzeugt werden, versichert Prof. Thomas Lenarz, der Leiter des Hörzentrums:
"Das Prinzip besteht darin, dass man mit elektrischen Reizen den Hörnerven anregen kann. Der Nerv wird sozusagen wieder beschäftigt. Und damit wird das, was zum Ohrgeräusch führt, nämlich eine unkontrollierte Nervenentladung, unterdrückt."
Da jeder Patient anders reagiert, muss "Tinnilec" - wie jedes Hörgerät - an das Ohr angepasst werden. Das geschieht natürlich beim ersten Mal nach Implantation und später dann in regelmäßigen Abständen von einem Monat. Noch einmal Petra Sarnes:
"Wir können den elektrischen Stimulus mit dem Patienten zusammen anpassen, wir haben auch eine eigene Software dafür entwickelt, wo wir die Frequenz und auch die Intensität dieses elektrischen Impulses an den Tinnitus vom Patienten anpassen können."
Wenn der Patient nichts mehr hört – kein Pfeifen und kein Rauschen – dann ist das Gerät optimal angepasst. Nur neun Patienten weltweit wurden bislang mit dem implantierbaren Gerät behandelt. Sechs in Marseille, drei in Hannover. Darunter auch Sabine von Oesen:
"Das hat wunderbar funktioniert. Nach drei Tagen habe ich mein eigenes Rauschen nicht mehr gehört."
Doch nicht alle Patienten haben auf "Tinnilec" so positiv reagiert wie die Patientin aus Frenke bei Hameln. Gleichwohl ist Prof. Thomas Lenarz optimistisch. Er möchte die Zahl der Studienteilnehmer erheblich ausweiten:
"Ja, also das ist so, dass die Patienten eine Unterdrückung des Ohrgeräusches angeben, was zunächst mal auch bei kleiner Zahl auch dafür spricht, dass das Prinzip richtig ist."
Was würden die betroffenen Menschen dafür geben ... den Tinnitus einfach abzuschalten und die Stille zu genießen, den leisen Flügelschlag einer Biene inmitten einer Blumenwiese.
" Mergel: "Frau von Oesen, Sie hören mich?"
Von Oesen: "Ja!"
Mergel: "Gut, dann schauen wir mal wegen Ihrem Tinnitus." "
Tina Mergel dreht an mehreren Knöpfen, während Sabine von Oesen hinter der Glasscheibe in einem schallisolierten Raum sitzt. Tina Mergel will herausfinden, wie der Tinnitus klingt, den die 41-jährige Patientin ständig im Ohr hat.
" Mergel: "Ist das ein Rauschen oder ein Ton, den Sie haben?
Von Oesen: "Rauschen!"
Mergel: "Gut, dann werden Sie jetzt ein Rauschen hören und vergleichen mein Rauschen mit dem in Ihrem Ohr und sagen mir, ob ich höher oder tiefer gehen muss. Gut, dann fangen wir mal an ..." "
Lautsprecher übertragen die elektronisch hergestellten Ohrgeräusche in die Kabine. Sabine von Oesen, die seit vier Jahren unter Tinnitus leidet, muss nun den Ton in ihrem Ohr und dem Ton aus dem Lautsprecher vergleichen.
Das Geräusch variiert allerdings. Mal ist es lauter, mal leiser, abhängig von der Situation, in der sie sich befindet.
"Das ist ein Rauschen, das geht bei leisen Tönen los, und das ist teilweise dann auch so laut, dass ich sage, ich höre kaum noch was. Und dem entsprechend zieht man sich zurück mit allen Sachen."
Öffentliche Veranstaltungen, sogar Treffen im Familienkreis, meidet sie, wenn irgend möglich. Denn Stimmgewirr verunsichert die Patientin. In solchen Situationen sei es unmöglich, einem Gespräch zu folgen.
"Wir können ja noch nicht das Ohrgeräusch messen. Das wäre ja gut, wenn man es 'wiegen' könnte oder ausmessen könnte in 'Zentimetern', dann wären wir schon einen großen Schritt weiter ..."
... sagt die Tinnitus-Expertin, Professor Anke Lesinsky-Schiedat über das Massenphänomen Tinnitus: 14 Millionen Deutsche sind dauerhaft davon betroffen.
"Bis jetzt sind wir komplett darauf angewiesen, was uns der Patient sagt. Nämlich das ist ein hochfrequentes oder das ist ein tieffrequentes Rauschen oder Zischen in der und der Lautstärke. Wir können also immer nur versuchen, ein analoges Geräusch in unserer Audiometrie herzustellen. Und das beschreibt es uns letztlich nur. Wir können es nur sammeln, aber eine Erklärung, warum der eine es so wahrnimmt und der andere es anders wahrnimmt, haben wir dafür nicht."
Ein französischer Elektronikhersteller entwickelte ein Gerät, das die Ohrgeräusche ein für allemal abschalten soll: Es heißt "Tinnilec" und besteht aus einem digitalen Prozessor, der wie ein Hörgerät hinter dem Ohr getragen wird. Unter der Kopfhaut befindet sich das dazugehörige Empfangsteil – unsichtbar implantiert. Von dort aus gehen milde elektrische Reizsignale über eine Elektrode weiter bis zum Innenohr. Petra Sarnes – Ingenieurin für Medizintechnik:
"Tinnilec macht Folgendes: Es stimuliert die Hörschnecke und damit auch den Hörnerv elektrisch und soll damit die Hörschnecke und den Hörnerven reizen, um den Tinnitus zu unterdrücken."
Das Besondere an "Tinnilec": Es gibt nur eine einzige Elektrode, die von außen an die Hörschnecke herangeführt wird. Außerdem sind die Stromschwingungen, die zur Hörschnecke gelangen, extrem schwach. Viel schwächer als die Nervensignale, die von der Hörschnecke erzeugt werden, versichert Prof. Thomas Lenarz, der Leiter des Hörzentrums:
"Das Prinzip besteht darin, dass man mit elektrischen Reizen den Hörnerven anregen kann. Der Nerv wird sozusagen wieder beschäftigt. Und damit wird das, was zum Ohrgeräusch führt, nämlich eine unkontrollierte Nervenentladung, unterdrückt."
Da jeder Patient anders reagiert, muss "Tinnilec" - wie jedes Hörgerät - an das Ohr angepasst werden. Das geschieht natürlich beim ersten Mal nach Implantation und später dann in regelmäßigen Abständen von einem Monat. Noch einmal Petra Sarnes:
"Wir können den elektrischen Stimulus mit dem Patienten zusammen anpassen, wir haben auch eine eigene Software dafür entwickelt, wo wir die Frequenz und auch die Intensität dieses elektrischen Impulses an den Tinnitus vom Patienten anpassen können."
Wenn der Patient nichts mehr hört – kein Pfeifen und kein Rauschen – dann ist das Gerät optimal angepasst. Nur neun Patienten weltweit wurden bislang mit dem implantierbaren Gerät behandelt. Sechs in Marseille, drei in Hannover. Darunter auch Sabine von Oesen:
"Das hat wunderbar funktioniert. Nach drei Tagen habe ich mein eigenes Rauschen nicht mehr gehört."
Doch nicht alle Patienten haben auf "Tinnilec" so positiv reagiert wie die Patientin aus Frenke bei Hameln. Gleichwohl ist Prof. Thomas Lenarz optimistisch. Er möchte die Zahl der Studienteilnehmer erheblich ausweiten:
"Ja, also das ist so, dass die Patienten eine Unterdrückung des Ohrgeräusches angeben, was zunächst mal auch bei kleiner Zahl auch dafür spricht, dass das Prinzip richtig ist."
Was würden die betroffenen Menschen dafür geben ... den Tinnitus einfach abzuschalten und die Stille zu genießen, den leisen Flügelschlag einer Biene inmitten einer Blumenwiese.