Mittelalterliche Perle
Nur wenige Städte haben ihren Glanz aus vergangen Jahrhunderten so gut bewahren können wie Regensburg. Die Stadt ist reich an architektonischen Schätzen aus dem Mittelalter. Peter Brielmaier und Uwe Moosburger legen mit "Regensburg. Metropole im Mittelalter" einen beeindruckenden Band zur Stadtgeschichte vor.
Regensburg ist keineswegs unverändert durch die Zeiten gekommen, wie uns das Buch "Regensburg. Metropole im Mittelalter" von Peter Brielmaier lehrt. Selbst Regensburg hat noch nach dem Krieg 300 mittelalterliche Bauten verloren, auch zugunsten eines jener fatalen Horten-Kaufhäuser, die überall als Stadtzerstörer par exellence aufgetreten sind.
Und dennoch ist diese Stadt unerhört reich an mittelalterlichen Zeugnissen. Brielmaier, oder besser, die Bearbeiter seines Nachlasses um den Kunsthistoriker Peter Morsbach und den Bildjournalisten Uwe Moosburger, denn Brielmaier starb vor Vollendung des Buches 2005 bei einem Unfall im Alter von nur 43 Jahren, zeigt uns das bis hin zur Lektüre von mittelalterlichen Handschriften, den Lebensläufen einzelner Familien, der Bedeutung, die Frauen nicht nur im Ordensleben, sondern auch als Kaufleute entfalteten. Und mit Lust schilderte Brielmaier die vielen Machtkämpfe in der Stadt, die oft keineswegs moralisch waren. Die Mönche des Klosters von St. Emeran etwa fälschten nicht nur Urkunden, um ihre Unabhängigkeit vom Bischof durchzusetzen, sie fälschten auch gleich einen ganzen Heiligenfund inklusive Leiche, Begleitinschriften und Akteneintragungen, um den Kult um den Heiligen Dionysios aus Paris nach Regensburg zu verlagern.
Ja, es handelt sich um Lokalgeschichte. Um leidenschaftlich geschriebene sogar und ein wenig limitiert auch in der Perspektive, man wünschte sich doch den Ausblick auf die anderen Städte Mitteleuropas, vor allem den nach Köln, nach Flandern, nach Norditalien. Vielleicht muss man eine solch bürgerstolze Perspektive einnehmen in einer Stadt wie Regensburg, die seit gut 2000 Jahren den wichtigsten natürlichen Donauübergang zwischen Ulm und Wien bewacht, die gewachsen ist aus einem Römerlager, dessen Mauerzüge und Straßen sich noch heute im Stadtplan ablesen lassen, die einst Hauptstadt Bayerns war und nach dem wirtschaftlichen und politischen Niedergang am Ende des Mittelalters immerhin noch so viel Bedeutung hatte, dass hier der "Immerwährende Reichstag" etabliert wurde, die Urzelle dessen, was wir heute als Bundestag besitzen.
Illustriert ist das Buch reichlich, und schnell sieht man angesichts der meist guten Fotos über das hecktisch-modische Layout mit überflüssigen Randdekorationen, eingefärbten Seiten und Leisten, hinweg, aber auch mit so informativen Dingen wie Tabellen zur Stadtgeschichte bereichert wurde. Allerdings erstaunt, warum praktisch keine historischen Fotografien benutzt wurden. Das erklärt sich vor allem aus einem Grund: dies Buch soll mit der Betonung des heute noch vorhandenen mittelalterlichen Bildes von Regensburg eine Warnung sein, und man darf mit Fug und Recht annehmen, eine Warnung besonders an die Regensburger und ihre Stadtoberhäupter. Denn die Stadt ist im vergangenen Jahr auf die Liste des Welterbes der Unesco gestellt worden. Was aber nicht hindert, dass der schon seit Jahren debattierte Plan einer Konzert- und Kongresshalle an der berühmten Donaufront weiter betrieben wird. Noch ist nichts entschieden, aber wenn diejenigen sich durchsetzen, die ohne Rücksicht auf das mittelalterliche Antlitz unter dem Schlagwort "Regensburg darf kein Museum werden" agieren, wie der Oberbürgermeister gleich bei der Bekanntgabe der Unesco-Auszeichnung monierte, dann droht ein neuer Fall Dresden. Davor warnt dies nicht nur für Lokalpatrioten lesenswerte Buch auch.
Rezensiert von Nikolaus Bernau
Peter Brielmaier, Uwe Moosburger (Hrsg.): Regensburg. Metropole im Mittelalter
Verlag Friedrich Pustet, Regensburg 2007
275 Seiten 49,90 Euro
Und dennoch ist diese Stadt unerhört reich an mittelalterlichen Zeugnissen. Brielmaier, oder besser, die Bearbeiter seines Nachlasses um den Kunsthistoriker Peter Morsbach und den Bildjournalisten Uwe Moosburger, denn Brielmaier starb vor Vollendung des Buches 2005 bei einem Unfall im Alter von nur 43 Jahren, zeigt uns das bis hin zur Lektüre von mittelalterlichen Handschriften, den Lebensläufen einzelner Familien, der Bedeutung, die Frauen nicht nur im Ordensleben, sondern auch als Kaufleute entfalteten. Und mit Lust schilderte Brielmaier die vielen Machtkämpfe in der Stadt, die oft keineswegs moralisch waren. Die Mönche des Klosters von St. Emeran etwa fälschten nicht nur Urkunden, um ihre Unabhängigkeit vom Bischof durchzusetzen, sie fälschten auch gleich einen ganzen Heiligenfund inklusive Leiche, Begleitinschriften und Akteneintragungen, um den Kult um den Heiligen Dionysios aus Paris nach Regensburg zu verlagern.
Ja, es handelt sich um Lokalgeschichte. Um leidenschaftlich geschriebene sogar und ein wenig limitiert auch in der Perspektive, man wünschte sich doch den Ausblick auf die anderen Städte Mitteleuropas, vor allem den nach Köln, nach Flandern, nach Norditalien. Vielleicht muss man eine solch bürgerstolze Perspektive einnehmen in einer Stadt wie Regensburg, die seit gut 2000 Jahren den wichtigsten natürlichen Donauübergang zwischen Ulm und Wien bewacht, die gewachsen ist aus einem Römerlager, dessen Mauerzüge und Straßen sich noch heute im Stadtplan ablesen lassen, die einst Hauptstadt Bayerns war und nach dem wirtschaftlichen und politischen Niedergang am Ende des Mittelalters immerhin noch so viel Bedeutung hatte, dass hier der "Immerwährende Reichstag" etabliert wurde, die Urzelle dessen, was wir heute als Bundestag besitzen.
Illustriert ist das Buch reichlich, und schnell sieht man angesichts der meist guten Fotos über das hecktisch-modische Layout mit überflüssigen Randdekorationen, eingefärbten Seiten und Leisten, hinweg, aber auch mit so informativen Dingen wie Tabellen zur Stadtgeschichte bereichert wurde. Allerdings erstaunt, warum praktisch keine historischen Fotografien benutzt wurden. Das erklärt sich vor allem aus einem Grund: dies Buch soll mit der Betonung des heute noch vorhandenen mittelalterlichen Bildes von Regensburg eine Warnung sein, und man darf mit Fug und Recht annehmen, eine Warnung besonders an die Regensburger und ihre Stadtoberhäupter. Denn die Stadt ist im vergangenen Jahr auf die Liste des Welterbes der Unesco gestellt worden. Was aber nicht hindert, dass der schon seit Jahren debattierte Plan einer Konzert- und Kongresshalle an der berühmten Donaufront weiter betrieben wird. Noch ist nichts entschieden, aber wenn diejenigen sich durchsetzen, die ohne Rücksicht auf das mittelalterliche Antlitz unter dem Schlagwort "Regensburg darf kein Museum werden" agieren, wie der Oberbürgermeister gleich bei der Bekanntgabe der Unesco-Auszeichnung monierte, dann droht ein neuer Fall Dresden. Davor warnt dies nicht nur für Lokalpatrioten lesenswerte Buch auch.
Rezensiert von Nikolaus Bernau
Peter Brielmaier, Uwe Moosburger (Hrsg.): Regensburg. Metropole im Mittelalter
Verlag Friedrich Pustet, Regensburg 2007
275 Seiten 49,90 Euro