Musée de Cluny in Paris wiedereröffnet

Fabelhaft lebendiges Mittelalter

06:51 Minuten
Eine Wandteppich-Serie zeigt eine Frau und ein Einhorn im Mittelaltermuseum "Musée de Cluny" in Paris.
Zentrales Werk der Ausstellung: Die rätselhaften und komplexen Wandteppiche "Die Dame und das Einhorn" sind herausragende Kunstwerke des Mittelalters. © imago-images / IP3press / Vincent Isore
Von Stefanie Markert |
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Nach Jahren der Restaurierung ist Frankreichs bedeutendstes Museum für die Kunst des Mittelalters – das Musée de Cluny – wieder geöffnet. Die neue Dauerausstellung lässt das Zeitalter in beeindruckender Weise auferstehen und begeistert die Besucher.
Das Werbeplakat zur Wiedereröffnung des Musée de Cluny ist in Paris überall zu sehen. Darauf sind die Stars des Museums mit modernen Accessoires zu sehen: ein Ritter mit Rockgitarre, ein Prediger als DJ, Nonnen mit Sonnenbrillen, eine halb nackte Skulptur schlürft am Grill einen Smoothie. Mittelalter goes Neuzeit.
"Wir wollten zeigen, dass das Mittelalter sehr farbenprächtig, sehr lebendig ist und die Objekte wiederentdeckt werden wollen. Wir bieten im Vergleich zu anderen Museen einen Luxus – die Nähe zu den Werken – und hoffen, die Besucher gehen damit verantwortungsvoll um", sagt der Konservator Damien Berné.

Neue Auswahl und neuer Parcours

Die fragilsten sind in Vitrinen, aber einigen Holzstatuen kommt man so nahe, dass man sie glatt umarmen könnte. Aus dem Bestand von 24.000 Objekten sind 1.600 ausgestellt, 500 davon wurden restauriert. Die Auswahl ist neu und dem Parcours angepasst.
Früher ging es thematisch in Zeitsprüngen hin und her. Jetzt geht es chronologisch voran von der Antike bis ins 15. Jahrhundert. Die Fenster sind nicht mehr vollgestellt oder verhangen, sie fluten das Museum mit Licht.
Das Museum ist innen und außen saniert und durch die neue Klarheit kein Labyrinth mehr. Es verbindet Reste einer römischen Therme mit dem mittelalterlichen Palais der Äbte von Cluny, wo damals die weltgrößte Kirche stand. Ihre Pariser Residenz gab dem Museum den Namen. Objekte und Gebäude haben heute eine neue Harmonie gefunden.

Tanzende Führung und Massage im Museum

Seit 2018 hat das Museum einen modernen Eingangsbereich. Die Ornamente an der Aluminiumguss-Fassade findet man schon in der Kapelle der Äbte.
Die Dauerausstellung erstreckt sich über 21 Säle. Die Hauptattraktion sind die sechs Wandteppiche mit dem Titel "Die Dame und das Einhorn" aus dem 15. Jahrhundert.
Besucher im Musée de Cluny betrachten Kunstwerke des Mittelalters.
Ein Gobelin aus aus der Kathedrale von Auxerre und Kirchenmöbel des späten Mittelalters im Musée de Cluny.© imago-images / IP3press / Vincent Isore
Mit viel Rot aus Wolle und Seide gefertigt, hängt der Sixpack wirkungsvoll in einem schwarzen Saal. Es gibt sogar eine Führung, die das Kunstwerk tanzend kommentiert.
Man kann sich auch Statuen aus der Kathedrale Notre Dame erklären lassen, an einem interaktiven Tisch sehen, wo sie einst standen, und dabei eine Massage genießen. Oder die meditative Führung "Ruhiges Cluny" mit einer Hypnose-Expertin buchen.
Im letzten Saal hat sich der Konservator einen Traum erfüllt: 40 Meter Gobelin aus der Kathedrale von Auxerre, dazu Kirchenmöbel des späten Mittelalters.

Viele Kunstwerke aus Deutschland

Man habe sich für den Museumsaufbau von Deutschland inspirieren lassen, sagt Berné. "Dort weiß man, wie man Altaraufsätze ausstellt und in Kontext setzt. Denn in Deutschland ist Kirchenmobiliar weitgehend erhalten, wir aber hatten die Französische Revolution. Als Inspiration denke ich ans Berliner Bode-Museum oder das Germanische Nationalmuseum in Nürnberg."
Der Innenhof des Musée de Cluny mit einem Café.
Wo einst die Äbte lebten: Der ruhige Innenhof des Musée de Cluny.© Stefanie Markert
Es gibt auch deutsche Kunstschätze zu sehen, darunter eine große goldene, sehr beeindruckende Altartafel, die etwa 1000 Jahre alt ist, ein Geschenk von Kaiser Heinrich II. an das Basler Münster.
"Schöne schwäbische Skulpturen, frisch und farbenreich vom Ende des Mittelalters", schwärmt Berné. "Oder ein langer bemalter Tisch, der in einem Palais in Hamburg oder Lüneburg stand. Deutschland ist auf dem gesamten Parcours präsent. Deutsche Besucher erleben, wie Werke aus ihrem Land mit den anderen im Dialog stehen.“
Das Museum wird auf der einen Seite von einem Mittelaltergarten und auf der anderen von einem ruhigen Innenhof mit Café flankiert. Die Besucher dort sind begeistert über die neue Präsentation, denn so lebendig und modern wie im Musée de Cluny ist das Mittelalter wohl nirgends.

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