MOCAA in Kapstadt

Ein Megamuseum für Afrika

Die Waterfront in Kapstadt. Hier entsteht mit dem MOCAA das größte Kunstmuseum Afrikas.
Die Waterfront in Kapstadt. Hier entsteht mit dem MOCAA das größte Kunstmuseum Afrikas. © imago/Sven Simon
Von Leonie March |
Es soll eines der größten Museen für zeitgenössische Kunst auf dem afrikanischen Kontinent werden: das Zeitz Museum of Contemporary Art Africa, kurz: MOCAA, in Kapstadt. 6000 Quadratmeter Ausstellungsfläche in einem ehemaligen Getreidesilo: Museumsgründer Jochen Zeitz setzt sich quasi selbst ein Denkmal.
Noch ist das Megamuseum eine riesige Baustelle: Kräne ragen in den blauen Himmel, Männer in Blaumännern arbeiten in schwindelerregender Höhe. Das historische Getreidesilo an Kapstadts Waterfront war einmal das höchste Gebäude im Südlichen Afrika. Neun Stockwerke, dominiert von 42 Betonröhren, in denen früher Mais und Weizen gelagert wurden.
Lange war dieser Industriekoloss in Vergessenheit geraten, erinnert sich David Green, Geschäftsführer der Waterfront-Betreibergesellschaft, die den millionenschweren Bau finanziert.
"Zur selben Zeit, als wir uns Gedanken darüber machten, was wir mit diesem Gebäude anfangen könnten, suchte Jochen Zeitz nach einem Ort für seine Kunstsammlung. In punkto Sicherheit, Stabilität und Klima bot sich Kapstadt an. Außerdem hat er sich direkt in das alte Silo verliebt. Als Architekten konnten wir Thomas Heatherwick gewinnen. Ihm gefielen sowohl die Vorstellung eines öffentlichen Museums für afrikanische Kunst als auch die Seele und der Charakter dieses Gebäudes."
Der britische Stararchitekt wird den düsteren Innenraum zu einem lichtdurchfluteten, Kathedralen-artigen Museum umgestalten. Konferenz- und Schulungsräume, Gastronomie und Hotel inklusive.
Der Standort ist clever gewählt: Die Waterfront, Kapstadts Einkaufs- und Vergnügungsmeile, zieht jedes Jahr 24 Millionen Besucher an. Und die sollen künftig nicht nur shoppen, sondern auch Kunst konsumieren. Auf über 6000 Quadratmetern Ausstellungsfläche, rund 80 Galerien und einem Skulpturengarten auf dem Dach.
Museumspavillon bietet Vorgeschmack
Einen Vorgeschmack auf die Sammlung bietet ein kleiner Museumspavillon vis-à-vis der Baustelle. Wechselnde Ausstellungen vermitteln das Bild eines modernen, aufstrebenden Kontinents. An den Wänden hängen etwa kleinformatige Fotoarbeiten des angolanischen Künstlers Edson Chagas. Sie hatten 2013 nicht nur die Jury bei der Biennale in Venedig überzeugt, sondern auch Jochen Zeitz, der kurzerhand die gesamte Ausstellung erwarb.
Zeitz und sein südafrikanischer Kurator Mark Coetzee kaufen regelmäßig in großem Stil ein. Ziel der stetig wachsenden Sammlung sei von Beginn an ein Museum gewesen.
"Wir sammeln Gegenwartskunst von der Jahrtausendwende bis heute, die unsere Zeit und den Kontinent repräsentiert. Doch das heißt nicht, dass jeder Künstler aus allen 54 Staaten Afrikas plus seiner Diaspora vertreten ist. Stattdessen wählen wir einige Künstler aus, die stellvertretend für eine Region, eine Idee oder ein Thema stehen und deren Werk wir in seiner ganzen Tiefe zeigen. In vielen Ländern Afrikas werden momentan post-koloniale Theorien diskutiert, es geht um Themen wie Identität, Geschlechterrollen, Korruption, Landrechte oder Migration. Es geht uns also darum, den Geist, die Energie und die Probleme zu erfassen, die dem Kontinent auf den Nägeln brennen."
Insgesamt trifft dieses Konzept in der süd- und panafrikanischen Kulturszene auf viel Zustimmung. Ein zeitgenössisches Museum dieser Größenordnung sei überfällig gewesen, so der Tenor.
Nur eine Kopie eines westlichen Museums?
Andere halten sich noch mit Kommentaren zurück: Es sei noch zu früh, um das ehrgeizige Projekt zu beurteilen, lautete die Antwort auf etliche Interviewanfragen. Nur der Kunstkritiker Matthew Blackman fand in seinem offenen Brief an Zeitz und Coetzee klare Worte: Ein Museum für afrikanische Kunst, das von einem deutschen Sammler bestückt, von einem britischen Architekten entworfen und einem weißen Südafrikaner geleitet werde, drohe zu einer Kopie eines westlichen Museums zu werden, heißt es darin. Es ist die Frage nach der Deutungshoheit in einem Kontinent, der lange keine eigene Stimme hatte.
Der künftige Direktor und Chefkurator des Zeitz MOCAA, Mark Coetzee, lässt diesen Einwand nicht gelten:
"Jedes Mal, wenn wir Interesse an einem Werk bekundet haben, waren es die Künstler, die dafür gesorgt haben, dass wir es auch bekommen. Sie wollen, dass es in Afrika bleibt. Sie haben ihre Galeristen davon überzeugt und sind uns teilweise auch finanziell entgegengekommen. Denn zu lange schon gehen die bedeutendsten Kunstwerke ins Ausland. Erst durch die Kolonialmächte und später durch finanzstarke internationale Sammler und Museen. Es ist wichtig, dass das Publikum die Kunst, die hier entsteht, auch hier sehen kann und dafür nicht ins Ausland reisen muss. Und es ist wichtig, dass die Kunst auch in dem Kontext gezeigt wird, auf den sie sich bezieht."
Coetzee kennt sowohl die Innen- als auch die Außensicht. Er hat seine Heimat Südafrika während der Apartheid verlassen, lebte 25 Jahre im Ausland und machte sich unter anderem als Direktor der "Rubell Family Collection" in Miami international einen Namen. Diese Kontakte werden dem Zeitz MOCAA sicherlich zu Gute kommen, wenn es Anfang 2017 für Besucher öffnet.
Schon jetzt kooperiert es mit internationalen Museen – und zwar auf Augenhöhe. Ein Novum für die afrikanische Kunstszene.
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