Ein Sport, in den man aus Versehen kommt
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In Berlin fanden im Rahmen der Finals zehn Deutsche Meisterschaften an einem Ort statt, darunter auch der Moderne Fünfkampf. Eine Sportart, die nur wenige Fans hat. Ob sich das nun ändert? Unser Reporter hat zwei deutsche Athleten gefragt.
Der Olympische Platz in Berlin am vergangenen Wochenende: Normalerweise nur dann gut gefüllt, wenn dort Hertha-Fans ihre Autos bei Heimspielen im Olympiastadion parken. Vor einer Woche wurde aus dem Park ein Sportplatz. Triathleten, Bogenschützen und Moderne Fünfkämpfer nebeneinander im Titelkampf um die Deutsche Meisterschaft. Drei Sportarten, bei denen Aktive, Trainer und Angehörige sonst meist unter sich sind, bekamen diesmal ungewohnt viel Aufmerksamkeit.
"Gerade für unsere Sportart war es Gold wert. Wir konnten uns mal präsentieren. Wir konnten zeigen, dass der Fünfkampf auch spannend ist. Man hat gesehen, wie das Publikum mitgegangen ist. Ich hoffe, das es so fortgeführt wird", sagt die Berliner Fünfkämpferin Annika Schleu.
Bei den erstmals ausgetragenen Finals holte sie zum vierten Mal in Folge den deutschen Meistertitel. Favorit bei den Männern war Titelverteidiger Alexander Nobis, ebenfalls aus Berlin. Aber diesmal war Fabian Liebig einfach besser, Nobis wurde Zweiter. Auch ihn beeindruckte die Atmosphäre: "Extrem viele Zuschauer für unsere Sportart. Die Akustik war phänomenal. Ja, es war einfach überragend."
Eine Erfindung des Öffentlich-Rechtlichen
Eine überragende Stimmung, das empfanden alle Teilnehmer der Finals so. Vor allem dank der zahlreichen Zuschauer. Insgesamt waren es knapp 180.000 an beiden Tagen. Ein Fan war diese Frau, die vor allem wegen der Bogenschützen kam: "Es ist eine Super-Idee. Ansonsten würden die Leute hier nicht so herkommen. Und ich glaube, es ist auch für die Sponsoren wichtig, dass die viel mehr Publikum haben, und dass das alles viel medienwirksamer rüberkommt."
Genauso wie der "Tag der Amateure", bei denen an einem Tag alle Landespokal-Endspiele der Fußballer ausgetragen werden, sind auch die Finals eine Erfindung des öffentlich-rechtlichen Fernsehens. Nach Einschätzung des ARD-Sportkoordinators Axel Balkausky sind Deutsche Meisterschaften als Einzelveranstaltungen heute nicht mehr zuschauergerecht. Deshalb die Entscheidung für das Multi-Event. Bei aller Euphorie sind die Fünfkämpfer Realisten und wissen, dass sie auch wieder vor deutlich weniger Fans ihre Wettkämpfe bestreiten werden.
"Wenn es dann mal so kommt, wie jetzt an dem Wochenende, das zieht einen noch viel mehr hoch. Da freut man sich umso mehr darüber, als dass wir, wenn an Wettkampftagen nicht so viel los ist, dann irgendwie negativ gestimmt sind, weil wir machen den Sport, weil wir den cool finden, weil wir es toll finden, uns zu messen, und konzentrieren uns dann auf unsere sportlichen Leistungen, auf den Wettkampf selbst."
Schießen mit Laserpistole
Ein extrem vielseitiger und anspruchsvoller Wettbewerb: 200 Meter Freistilschwimmen, Degenfechten – jeder gegen jeden – wer als Erster trifft, gewinnt, Springreiten – mit einem zugelosten Pferd sind maximal 450 Meter und zwölf Hindernisse zu meistern und zum Abschluss der Laser Run. Ein 2.400 Meter Lauf kombiniert mit vier Schießeinlagen. Geschossen wird mit einer Laserpistole.
"Um am Ende ganz oben zu stehen, muss man auf jeden Fall jede Disziplin gut beherrschen", sagt der 29-jährige Alexander Nobis. Er war vorher Leichtathlet, bevor er mit zwölf Jahren sein erstes Probetraining bei den Modernen Fünfkämpfern absolvierte und dabeiblieb.
Die ebenfalls 29-jährige Annika Schleu kam ganz ohne Erfahrungen im Vereinssport im Alter von zehn Jahren zum Fünfkampf: "Ich glaube, es ist oftmals so, dass man zum Fünfkampf ein bisschen aus Versehen kommt. Dann rutscht man auch in diesen Leistungssport mit rein, weil Breitensport haben wir gar nicht so. Dann ist es wirklich die Vielfalt, die den Unterschied zu den anderen Sportarten macht. Nicht nur im Wettkampf, sondern auch im Training, dass man jeden Tag unterschiedliche Disziplinen trainiert."
Hommage an den vollkommenen Athleten
Der Wettbewerb gehört zu den Sauriern im Olympia-Programm. Die Premiere war bereits 1912 bei den Sommerspielen in Stockholm. Die Frauen sind in dieser Disziplin erst seit dem Jahr 2000 dabei. Erfunden wurde der Sport von Pierre de Coubertin, Gründer der Olympischen Spiele der Neuzeit. Der Franzose verstand ihn als Hommage an den vollkommenen Athleten.
Die Fünfkämpfer sind sich darüber im Klaren, dass man sich für Tradition nichts kaufen kann. Deshalb würden Aktive, Trainer und Funktionäre es wie viele andere Vertreter aus Randsportarten begrüßen, wenn sie bei einer möglichen Neuauflage der Finals wieder mit am Start wären.
"Ob es jetzt alle Jahre passieren muss, weiß ich nicht. Ich könnte mir einen Zwei-Jahres-Rhythmus vorstellen, das wäre eigentlich ganz cool. Aber auf jeden Fall, dass es regelmäßig kommt, weil da alle von profitieren. Wir haben gesehen, die Zuschauer nehmen das an, das Fernsehen findet es cool und es ist auf jeden Fall ein Format, das sich hoffentlich durchsetzen wird."