Das Gespräch sendeten wir ursprünglich am 22. August 2019.
Modeschöpferin Martina Glomb
Porträt der Modedesignerin Martina Glomb. © Axl Jansen
Nachhaltig in einer kurzlebigen Branche
34:06 Minuten
Martina Glomb ist Modeschöpferin und lehrt Modedesign in Hannover. Sie hat zusammen mit Vivienne Westwood gearbeitet und wie sie hat sie sich vom Punk inspirieren lassen. Gerade versucht sie, die Textilindustrie nachhaltiger zu machen.
Wie bekommt man einen Job bei einer Mode-Ikone wie Vivienne Westwood? Martina Glomb machte es so: Sie fälschte eine Eintrittskarte für eine Modenschau, fuhr nach Paris und sprach Westwood an, mit Erfolg. Beide Frauen arbeiteten später viele Jahre zusammen. Glomb stieg bis zur Chefdesignerin auf.
Glomb verehrte Punk, die Sex Pistols, Westwood schuf in den 70er-Jahren die Outfits dafür. Das passte.
"Ich war ein Fan von Vivienne Westwood, seit ich denken kann. Seitdem ich wusste, die Kleidung der Sex Pistols ist von Vivienne Westwood und Malcolm McLaren (damals Westwoods Ehemann, Anm. d. Red). Für mich hat Punk ganz viel ausgelöst. Durch Punk konnte ich sein, wie ich wirklich bin."
Gekauft und nie getragen
2005 wurde Glomb zur Professorin an die Hochschule Hannover berufen, unterrichtet seither Modedesign.
"Ich liebe Mode. Für mich gibt es wenig anderes, was mich so inspiriert wie Textilien, Stoffe."
Auch deshalb macht sich die Modeschöpferin viele Gedanken darüber, wie die Branche nachhaltiger werden kann. Denn die Textilindustrie soll zu den schmutzigsten der Welt gehören.
"Wir verbrauchen Unmengen. Wir verbrauchen Ressourcen und verschmutzen damit die Umwelt. Und das hat natürlich damit zu tun, dass sich Mode in eine Richtung entwickelt hat, die wenig wertschätzend mit Kleidung umgeht. Wir kaufen und schmeißen weg."
So schätzt die Professorin, dass bis zu 60 Prozent der Kleidung, die in Deutschland gekauft wird, für immer ungetragen bleibt.
"Die Menschen haben verlernt, diese ungenutzte Kleidung weiter zu verwenden, kreativ damit umzugehen. Und das ist eine neue Aufgabe für Modedesignerinnen."
Also arbeitet Glomb zusammen mit ihren Student*innen an nachhaltigen Design-Strategien und leitet das Forschungsprojekt "Slow Fashion".
"Die Welt muss sich ändern"
Eine Idee: Wie früher sollte Kleidung länger getragen werden. Statt Hosen oder Pullover immer gleich in den Müll zu werfen, könne man sie reparieren, oder andere Kleidungsstücke daraus entwerfen. Aber, so Glomb:
"Die Welt muss sich ändern, wenn Slow-Fashion wirksam werden soll. Ich glaube, das Wichtigste ist, dass es eine Veränderung im Verhalten der Konsumentinnen gibt. Und natürlich auch: Die Produktionsbedingungen müssen sich ändern. Überhaupt die ganze Einstellung der Menschen. Das betrifft ja nicht nur Textilien, das betrifft ja alles um uns herum."
Martina Glomb ist optimistisch, dass Modedesigner nicht weniger Aufgaben hätten, im Gegenteil. "Wir erweitern hier das Arbeitsfeld, indem wir den direkten Kontakt mit Nutzerinnen haben. Leute schulen, auch in die Industrie gehen. Ich glaube, dass das die Modebranche rettet."
Früher, in Zeiten von Punk, den Sex Pistols und der Arbeit für Vivienne Westwood, da hätte sich Martina Glomb eine Zusammenarbeit mit der Polizei wohl kaum vorstellen können. Heute aber umso mehr. Denn in einem Projekt mit der niedersächsischen Polizei versucht die Modeschöpferin, Dienstkleidung "nachhaltiger und innovativer zu gestalten."