Möbeldesignerin Florence Knoll

Stilprägend für eine ganze Epoche

Barcelona Stühle im Pavillion Mies van der Rohe des deutschen Architekt Ludwig Mies van der Rohe.
Der Barcelona Chair von Ludwig Mies van der Rohe war 1948 das erste Lizenzprodukt der Möbelfirma Knoll. © imago/Kraft
Von Jochen Stöckmann |
Lederbezogene Stahlrohrsessel mit edlen, zurückhaltend gemusterten Bezugsstoffen: Mit einer klaren Formidee schuf Florence Knoll das Design für den American Way of Life. Ihre Firma Knoll International wurde zum Markenzeichen des Avantgarde-Designs der 1950er-Jahre.
Florence Knoll: "Mein größter Beitrag zum Design ist, dass nach 20 Jahren als Direktorin der Name Knoll für gute Gestaltung stand. Und die Firma hatte Erfolg, weil Knoll einzigartig war."
Stilprägend, geschmacksbildend für eine ganze Epoche wurden Büro-Möbel und Wohnzimmer-Ausstattungen der Firma Knoll durch überlegte Gestaltung - auch der Geschäftspolitik: Florence Knoll, geboren am 24. Mai 1917 in einer Kleinstadt im Nordwesten der USA, hatte 1955 nach dem Unfalltod ihres Mannes Hans Knoll die Firmenleitung übernommen.
Ganz allein an der Spitze des Unternehmens, hat sie immer wieder berühmte Architekten und Designer für sich gewonnen. Mit funktionalen Sitzmöbeln wurde im Katalog zugleich der Klang großer Namen, Design von Welt angeboten:
"Der Barcelona chair von Ludwig Mies van der Rohe.
Der Wassily chair von Marcel Breuer.
Der Womb chair von Eero Saarinen.
Der Arm chair von Richard Meier."

Design als Aushängeschild des American Way of Life

Mit Architekten von Weltruf war Florence Knoll von Jugend an vertraut. Nach dem frühen Tod ihrer Eltern besuchte sie die Cranbrook Academy of Arts. Während der kunsthandwerklichen Ausbildung schloss sie Freundschaft mit dem Architekten Eero Saarinen oder später berühmten Designern wie dem Paar Ray und Charles Eames.
Ihr Architekturstudium absolvierte Florence Knoll beim Bauhaus-Lehrer Marcel Breuer und bei Ludwig Mies van der Rohe. Dessen Barcelona Chair war 1948 das erste Lizenzprodukt der Möbelfirma Knoll.
Daraus entwickelte sich die klare Linie lederbezogener Stahlrohrsessel und edler, zurückhaltend gemusterter Bezugsstoffe. Ein Design, das zum Aushängeschild des American Way of Life wurde. Knoll-Möbel hielten Einzug in Firmenfoyers, diplomatische Vertretungen, Chefetagen großer Unternehmen. Dieser internationale Erfolg stieg Florence Knoll nie zu Kopf, sie hielt weiter Umschau unter jungen, noch unbekannten Produktgestaltern - wie zum Beispiel Richard Schultz.
"Seine Entwürfe hatten nichts mit Möbeln zu tun. Aber ich spürte, dass er ein guter Designer ist - und gab ihm den Job."
Dieses Gespür, der ausgewählte Geschmack prägte auch das Marketing. Die Firmenchefin setzte auf ästhetische Überzeugungskraft, das persönliche Urteil:
"Ich kenne kein gutes Design, das sich nicht verkauft. Denn gutes Möbeldesign bedeutet zufriedene Kunden - und die bringen noch mehr Kundschaft."
Eine ganz einfache Rechnung also, auf ästhetischer Grundlage: Jedes Möbel formal ausgewogen und funktionell durchdacht:
"Also praktisch. Und praktisch unbegrenzt zu erweitern. Knoll hat schon ganze Wolkenkratzer von unten bis oben eingerichtet."
Das verkündete die Knoll-Werbung 1967. Wann immer einer der avantgardistischen Möbelentwürfe in Serie ging, also industriell gefertigt werden sollte, waren die Facharbeiter gefragt.
"Das waren Experimente: Wir haben in der Fabrik erklärt, wo das Problem liegt. Und meist hatten die Arbeiter wirklich gute Ideen."

Schnörkelloser Stil

Exemplarisch für Florence Knolls eigenen schnörkellosen Stil steht die Couch "1206" von 1954, heute ein Klassiker. Aber als Einzelobjekt, als Solitär waren diese Möbel nicht gedacht. Florence Knoll verfolgte ein Konzept, sie wollte Räume gestalten, Arbeitsabläufe, Büro-Organisation oder ganz allgemein das Wohnen verbessern.
"Es gab nur Vertreter, die nach Katalog Bestellungen aufnahmen: soundso viele Tische, soundso viele Stühle. Keiner wusste, wofür die Möbel gebraucht wurden. Deshalb haben wir ein ganz neues Geschäft aufgebaut: Raumplanung."
Dabei ging es um mehr als nur "Inneneinrichtung". Das stellte Florence Knoll 1965 mit Möbelausstattung, Farbkonzept sowie Kunst- und Skulpturenprogramm für Eero Saarinens CBS-Hochhaus in New York unter Beweis: Die minimalistische Betonfassade des Wolkenkratzers wurde im Innern reflektiert, Architektur und Design hatten zusammengefunden - als gleichberechtigte Partner.
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