Mögliche Ausgangssperren

Extremgängelung im Lockdown

07:08 Minuten
Wegen der Corona-Pandemie sind härtere Maßnahmen wie eine Steigerung des Lockdown bis hin zu Ausgangssperren in der Diskussion. Im Bild die menschenleere Hohe Straße in Köln, 19.01.2021.
Kein Mensch, nirgends: Wie sinnvoll sind nächtliche Ausgangssperren? © imago/Future Image/C.Hardt
Ulrich Khuon im Gespräch mit Korbinian Frenzel |
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In der Debatte um den Lockdown spricht sich der Intendant des Deutschen Theaters Berlin, Ulrich Khuon, gegen Ausgangssperren aus. Sie seien ein "zusätzliches Depressionsmittel". Auch die Ausrichtung am Inzidenzwert kritisiert er.
Die Zahl der Neuinfektionen mit dem Coronavirus steigt rasant. Deshalb droht ein bis Mitte April verlängerter Lockdown. Darüber beraten heute Bund und Länder. Zur Diskussion steht auch eine nächtliche Ausgangssperre ab einer bestimmten Inzidenz. Davon hält der Intendant des Deutschen Theaters in Berlin, Ulrich Khuon, gar nichts: "Man zieht etwas Neues aus dem Ärmel", sagt er. Die Wirksamkeit bezweifelt er: Wenn er am Abend vom Theater nach Hause fahre, sei ohnehin "nichts los". Ausgangssperren bezeichnet Khuon deshalb als "zusätzliches Depressionsmittel". Die Menschen hätten "diese Extremgängelung" satt.
Ulrich Khuon, Intendant Deutsches Theater.
Ulrich Khuon, Intendant des Deutschen Theaters.© imago images / Sabine Gudath
Die starke Konzentration der Pandemie-Politik auf den Inzidenzwert findet Khuon falsch: "Ich glaube, man geht davon aus, dass man den Bürgerinnen und Bürgern einfache Botschaften schicken muss. Man versucht alles zu reduzieren auf eine Zahl, die dann aber nicht trägt."
Nach einem Jahr Leben mit dem Coronavirus seien die Menschen aber keinesfalls von einer "komplexeren Analyse" überfordert. Und auch die Politik könne differenzierter reagieren, so Khuon. Aus seiner Sicht wäre es sinnvoller, mehrere Werte als Maßstab zu nehmen, etwa die Auslastung der Intensivstationen oder den so genannten R-Wert. Dies werde in Berlin mit der "Ampel" bereits praktiziert.
(bth)


Ulrich Khuon ist Intendant des Deutschen Theaters in Berlin. Er begann in den 1970er-Jahren als Theater- und Literaturkritiker bei der "Badischen Zeitung" und wechselte Anfang der 1980er-Jahre an das Stadttheater Konstanz. Dort arbeitete er zunächst mehrere Jahre als Chefdramaturg, bevor er Intendant wurde. Im Anschluss ging er ans Schauspielhaus Hannover und übernahm 2000/2001 die Nachfolge von Intendant Jürgen Flimm am Hamburger Thalia Theater. Seit 2009 ist er in Berlin.

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