Molekularbiologe über Biohacking

Die eigene Küche ist kein Genlabor

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Das Foto zeigt ein Mikroskop, daneben ein Hand im Laborhandschuh, die ein Fläschchen mit einer Flüssigkeit hält.
Forschung an Genen ist aufwendig und teuer - und nichts für ein kleines Privatlabor zu Hause, sagt Molekularbiologe Rüdiger Trojok. © Unsplash / Science in HD
Rüdiger Trojok im Gespräch mit Axel Rahmlow |
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Die dystopische Netflix-Serie "Biohackers" suggeriert mit düsteren Bildern, dass sich jeder bald sein DNA-Süppchen zu Hause kochen kann. "Vollkommen abwegig", sagt der Molekularbiologe Rüdiger Trojok, der ein Buch zum Thema geschrieben hat.
Biohacking ist kein ganz neuer Trend, diese Art des Experimentierens wird schon seit etlichen Jahren betrieben, meist aber unbemerkt von der breiten Öffentlichkeit. Die Formen reichen von körperlicher Selbstoptimierung über genetische Veränderungen bis hin zum Transhumanismus.
Nun startet bei Netflix die deutsche Serie "Biohackers", die von Genexperimenten handelt. Es geht um eine junge Studentin, die an der Universität Freiburg dunkle Geheimnisse des Biohackings aufdeckt.
Rüdiger Trojok, Molekularbiologe, Biohacker und Autor des Buches "Biohacking. Gentechnologie für alle", ist Mitbegründer und Leiter der "Bio.kitchen", dem ersten öffentlich zugänglichen Biotechlabor Deutschlands an der Technischen Universität München.
Sein Hauptanliegen ist es, die Biotechnologie der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Trojoks Biografie diente auch als Vorlage für die Netflix-Serie.

Die Zwiebel-DNA im Cocktailglas

Biohacking sei im Prinzip für alle möglich, sagt der Wissenschaftler: "DNA extrahieren kann eigentlich jeder, aus allem, was um einen herum lebt. Das ist ganz einfach. Das einfachste Experiment, das man machen kann, ist mit Wodka, kaltem Wasser mit Eiswürfeln, ein bisschen Salz und Seife. Indem man zum Beispiel Zwiebelzellen darin auflöst, dann ihre DNA aufschwemmen lässt. Dann sieht man die DNA-Fäden in der Flüssigkeit in seinem Cocktailglas."
Trojok findet jedoch die Vorstellung "vollkommen abwegig", die Küche zu Hause zum Genlabor für Biohacking umzubauen – wie es in der Serie suggeriert wird. Die Gentechnik ermögliche bahnbrechende Entwicklungen, etwa in der Krebsforschung, sei aber so aufwendig und teuer, dass sich wohl kaum jemand so etwas in seiner Privatwohnung einrichten könne.

Bahnbrechende Entwicklungen

Die dystopische Geschichte von Forschern, die mittels Biohacking das menschliche Genom verändern wollen, hält er für übertrieben. Es habe zwar schon Ansätze gegeben, aber: "Wirklich funktionieren tut es nicht. Davon sind wir vermutlich noch Jahrzehnte entfernt, dass man so etwas machen kann."
Bahnbrechend seien Versuche, solche Ideen für die Krebstherapie einzusetzen – dort gebe es schon vielversprechende Versuche, die von der Pharmaforschung vorangetrieben würden.
"In den letzten 20 Jahren hat sich viel bewegt – mehr als in der Computertechnik", sagt Rüdiger Trojok über sein Fachgebiet. Er selbst beschäftigt sich beispielsweise mit Bakteriophagen: Viren von Bakterien, mit denen man therapeutisch arbeiten kann. "Das wurde übrigens schon vor 100 Jahren gemacht, neu ist das nicht", erklärt er. Doch neue Technologien ermöglichten heute, die Genome der Phagen zu "lesen" und zu sequenzieren, in der Hoffnung, mit den Viren noch deutlich mehr erreichen zu können als bislang.
(mkn)

Rüdiger Trojok, "Biohacking. Gentechnologie für alle"
Franzis Verlag, 2016
224 Seiten, 19,95 Euro

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