"Mona Lisa" zieht um

Von Siegfried Foster |
Das berühmteste Gemälde der Welt ist innerhalb des Pariser Louvre von einem dunklen in einen hellen Saal umgezogen. Nun ist die "Mona Lisa" von Leonardo da Vinci in neuem Licht in einer klimatisierten Vitrine aus Panzerglas zu bewundern. Die Besucher werden zusätzlich mit einer Absperrung auf Abstand gehalten.
Das berühmteste Gemälde der Welt ist umgezogen. Die neue Adresse befindet sich nur 200 Meter weiter, aber in einem vollkommen neu gestalteten Saal: "La salle des Etats", der größte und prächtigste Raum des ehemaligen Königpalastes. Für "Mona Lisa" beginnt ein neues Leben, so die verantwortliche Kuratorin Cécile Scaillierez :

" Wenn Sie sich an den anderen Saal erinnern, das war doch recht düster, sehr dunkel, mit einem Grünstich. Hier sehen Sie das Gemälde erheblich lesbarer, auch was die Farbgebung angeht. Es ist sehr lange her, dass die "Mona Lisa" mit einem so guten Licht ausgestellt worden ist. "

Nun thront die Ikone der Kunstgeschichte vollkommen allein auf einer riesigen Wand, hinter einer klimatisierten Vitrine aus Panzerglas, die Besucher werden mit einer Absperrung aus Holz drei Meter auf Abstand gehalten. Die wichtigste Frage: Hat das Lächeln der "Mona Lisa" den Umzug gut überstanden? Cécile Scaillierez :

" Ich konnte keine Veränderung in ihrem Lächeln feststellen."

Das rätselhafte Lächeln hat "La Joconde", wie die Franzosen das geheimnisvolle Fräulein liebevoll bezeichnen, natürlich nicht verloren. Die Geheimnisse hinter dem Gemälde bleiben aber nach wie vor bestehen. Nicht etwa die Frage, wer uns da eigentlich entgegenblickt. Das ist nach Meinung der Mona-Lisa-Experten des Louvre längst eindeutig geklärt. Es handelt sich um ein revolutionäres Porträt von Monna Lisa, der Gattin des florentinischen Edelmanns Francesco del Giocondo. Das eigentliche Geheimnis liegt anderswo, so Jean Habert:

"Das wahre Geheimnis lautet: Warum hat Leonardo da Vinci dieses Porträt gemalt? In Auftrag von wem? Und vor allem: Warum hat er es bei sich behalten? Das ist das wirkliche Rätsel? (…) Warum hat Leonardo dieses Gemälde sein ganzes Leben lang bei sich behalten? (…) Das ist das Geheimnis."

Vier Jahre lang dauerten die Vorbereitungen für den Umzug, der in allen Medien auf der Welt große Wellen schlägt. Für "Mona Lisa" ist der Umzug weniger eine Luft-, sondern vielmehr eine Lichtveränderung. Der Kunstberater des japanischen Sponsors verspricht den Besuchern, dass sie vollkommen neue Licht- und Schatteneffekte auf der "Mona Lisa" entdecken werden.

Kaizo Anuaka: "Man wird nicht mehr sagen: Die "Mona Lisa", das ist ein dunkles, rätselhaftes Gemälde. Das Gemälde ist nun in natürliches Licht getaucht. Das wird unseren Blick auf dieses Gemälde erheblich verändern."

Jede auch nur noch so kleine Unpässlichkeit der "Mona Lisa" sorgt bei den Museumsleitern für höchstes Unwohlsein, jedes kleine Zittrigsein für ein museales Erdbeben. Wie vor einem Jahr, als Vincent Pomarède, einer der Mitglieder der kunsthistorischen Leibgarde der "Mona Lisa", plötzlich mit Entsetzen festgestellt hatte, dass die von Leonardo da Vinci bemalte Leinwand hinter dem Madonnengesicht sich um wenige Mikrometer gewölbt hatte. Der Umzug der "Mona Lisa" erlaubte neue wissenschaftliche Untersuchungen.

Vincent Pomarède: " Wir haben eine vollständige wissenschaftliche Studie zu diesem Gemälde angefertigt, die wir bis dahin nicht hatten. Die Röntgenaufnahme war sehr alt, noch aus den 50er Jahren. Wir haben eine neue Aufnahme mit Hilfe der modernsten Bildanalyse-Techniken angefertigt. Wir haben auch UV- und Infrarot-Fotografien gemacht. Die Digitaltechniken kamen bei den Fotografien ebenfalls stark zum Einsatz, um zu verstehen, wie beispielsweise die Farben auf dem Gemälde verteilt sind."

Ob der neue Platz tatsächlich besser ist, darüber werden jedoch letztlich die jährlich Millionen Bewunderer entscheiden. Tatsache ist, dass das einstmals etwas scheue, anziehend zurückhaltend und geheimnisvoll wirkende Antlitz der "Mona Lisa" sich künftig gegen das monumentale Gemälde von Veronese "Die Hochzeit von Kanaan" durchsetzen muss. Den Besucher erwartet nun ein face-à-face von zwei gigantischen kunsthistorischen Meisterwerken in einem großen Saal für viele Besucher.

Es bleibt eher wenig Platz für einen intimen, verborgenen Blick, der sich bei vielen einstellte, wenn sie nach langer Suche im Louvre-Labyrinth endlich den kleinen, dunklen Saal aufspürten und inmitten vieler anderer Gemälde mit Emotion 'ihre' "Mona Lisa" entdeckten. Seit der Renovierung ist der Weg zur berühmtesten Bewohnerin des Louvre-Palastes beschildert und das Gemälde wird mundgerecht präsentiert.