Monolog über die großen Fragen des Lebens
Als Schauspieler wurde Fabian Hinrichs unter anderem durch seine Rolle in "Sophie Scholl - die letzten Tage" sowie durch seine Theaterabende mit René Pollesch bekannt. Mit "Die Zeit schlägt dich tot" stellt er seinen ersten eigenen Theatertext mit sich in der Hauptrolle auf die Bühne.
Wie in seinen ersten Soloabenden und in den Arbeiten seines Vorbilds und Wegbegleiters René Pollesch verschränken sich in dieser Soloerzählung eigene und vorgeformte Texte. Es beginnt mit Ausschnitten aus dem "Empedokles" des Friedrich Hölderlin, jener Tragödie um den Agrigenter Philosophen Empedokles, der gegen Enge und Dogma seines Umfelds angeht, dafür verhöhnt und vertrieben wird und schließlich am Kraterrand des Ätna seine Einheit mit Gott und der "allgeduldigen Natur" findet. Spätere Textpassagen wie die von der Furcht vor einem angepasstem kleingeistigem Leben klingen da schon an.
Dann der Sprung in die Jetztzeit. Gleichsam aus den Feuerschlünden wird der Protagonist herausgeschleudert und nimmt – nun im Straßenkostüm - den Großstadtmoloch Berlin ins Visier. "Ich will hier nicht mehr leben", schreit er heraus und mit den Füßen aufstampfend verkündet er den vernichtenden Befund: "Die Zeit schlägt dich tot", der ja dem Abend den Titel gibt.
Im Folgenden fürchtet er in mehreren Anläufen den Verlust der Individualität und ruft zur Bewahrung des Unterschieds zwischen den Menschen auf. Da gerät schon das Schreckensbild von der Erkaltung aller menschlichen Beziehungen ins Blickfeld. Abgeleitet hat er das vom zweiten Hauptsatz der Thermodynamik, nach dem jeder Planet – ob bewohnt oder nicht - irgendwann erkalten muss.
Am Ende taucht die bange Frage auf: "Gibt es denn gar nicht Neues mehr?" Die aber wischt er weg mit der trotzigen Gewissheit, dass wenigstens die Sehnsucht als einzige wahre Regung bestehen bleibt.
Hinrichs, Träger des Alfred-Kerr-Preises, hat einmal als Maxime seines szenischen Spiels verkündet, dass das Klavier "nicht nur die schwarzen Tasten" hat. Das mündet auf der Bühne in die Suche nach den Zwischentönen und den abrupten Wechsel extremer schauspielerischer Haltungen.
Die unbeirrbare Behauptung der eigenen Individualität steht neben der wütenden Klage und der ängstlichen Frage. Er studiert mit dem Publikum eine zornige Adresse an die Mächtigen über uns ein, und er lacht selbstironisch über seine wiederholten Texthänger. Er rast und versteigt sich in kühne Behauptungen, er flirtet mit jungen Frauen aus dem Zuschauerraum und sucht seine Verbündeten unter den im Hintergrund sitzenden Musikern. Das nimmt dem Abend den Eindruck von der "geschwollenen Stirnader".
Ermüdend aber seine absichtsvoll eingesetzten Wiederholungen von Worten und Sätzen. Da verliert das Unternehmen seine unaufdringliche spielerische Leichtigkeit. Gleichförmigkeit und pädagogischer Nachdruck stellen sich ein.
Als Klanguntergrund und Verstärker von Hinrichs Absichten fungieren die im Hintergrund sitzenden Musiker um den Gitarristen Jakob Ilja. Die Behauptung des Protagonisten "die Zeit schlägt uns tot" und seine flammenden Aufrufe zur Flucht aus der Stadt werden akzentuiert durch peitschendes Gitarrengewitter und zum Schluss finden sich alle - Hinrichs nun auch an der Gitarre - zum wortlosen Spiel einer ebenso einfachen wie gefühlvollen Melodie.
Wenn Hans-Thies Lehmann in einem das Festival "Foreign Affairs" begleitendem Vortrag von der Forderung Brechts an das Theater, "dem Schrecken Raum zu geben", sprach, so gibt es gerade in Bezug auf die Warnfunktion der darstellenden Kunst Berührungen zwischen Hinrichs' Parforceritt und anderen in diesen Tagen gezeigten Produktionen. Wird der Soloakteur von der Vorahnung einer erkalteten Welt erfasst, so malt Rodrigo Garcias "Golgata Piknik" das Schreckensbild einer in Völlerei erstickenden Welt an die Wand und die Produktion des Antwerpener "FC Bergmann" warnt vor einem Auseinanderbrechen familiärer Bindungen.
Fabian Hinrichs: "Die Zeit schlägt dich tot"
Premiere: 20. 10. Großer Saal Haus der Berliner Festspiele
Regie und Konzeption: Fabian Hinrichs
Dann der Sprung in die Jetztzeit. Gleichsam aus den Feuerschlünden wird der Protagonist herausgeschleudert und nimmt – nun im Straßenkostüm - den Großstadtmoloch Berlin ins Visier. "Ich will hier nicht mehr leben", schreit er heraus und mit den Füßen aufstampfend verkündet er den vernichtenden Befund: "Die Zeit schlägt dich tot", der ja dem Abend den Titel gibt.
Im Folgenden fürchtet er in mehreren Anläufen den Verlust der Individualität und ruft zur Bewahrung des Unterschieds zwischen den Menschen auf. Da gerät schon das Schreckensbild von der Erkaltung aller menschlichen Beziehungen ins Blickfeld. Abgeleitet hat er das vom zweiten Hauptsatz der Thermodynamik, nach dem jeder Planet – ob bewohnt oder nicht - irgendwann erkalten muss.
Am Ende taucht die bange Frage auf: "Gibt es denn gar nicht Neues mehr?" Die aber wischt er weg mit der trotzigen Gewissheit, dass wenigstens die Sehnsucht als einzige wahre Regung bestehen bleibt.
Hinrichs, Träger des Alfred-Kerr-Preises, hat einmal als Maxime seines szenischen Spiels verkündet, dass das Klavier "nicht nur die schwarzen Tasten" hat. Das mündet auf der Bühne in die Suche nach den Zwischentönen und den abrupten Wechsel extremer schauspielerischer Haltungen.
Die unbeirrbare Behauptung der eigenen Individualität steht neben der wütenden Klage und der ängstlichen Frage. Er studiert mit dem Publikum eine zornige Adresse an die Mächtigen über uns ein, und er lacht selbstironisch über seine wiederholten Texthänger. Er rast und versteigt sich in kühne Behauptungen, er flirtet mit jungen Frauen aus dem Zuschauerraum und sucht seine Verbündeten unter den im Hintergrund sitzenden Musikern. Das nimmt dem Abend den Eindruck von der "geschwollenen Stirnader".
Ermüdend aber seine absichtsvoll eingesetzten Wiederholungen von Worten und Sätzen. Da verliert das Unternehmen seine unaufdringliche spielerische Leichtigkeit. Gleichförmigkeit und pädagogischer Nachdruck stellen sich ein.
Als Klanguntergrund und Verstärker von Hinrichs Absichten fungieren die im Hintergrund sitzenden Musiker um den Gitarristen Jakob Ilja. Die Behauptung des Protagonisten "die Zeit schlägt uns tot" und seine flammenden Aufrufe zur Flucht aus der Stadt werden akzentuiert durch peitschendes Gitarrengewitter und zum Schluss finden sich alle - Hinrichs nun auch an der Gitarre - zum wortlosen Spiel einer ebenso einfachen wie gefühlvollen Melodie.
Wenn Hans-Thies Lehmann in einem das Festival "Foreign Affairs" begleitendem Vortrag von der Forderung Brechts an das Theater, "dem Schrecken Raum zu geben", sprach, so gibt es gerade in Bezug auf die Warnfunktion der darstellenden Kunst Berührungen zwischen Hinrichs' Parforceritt und anderen in diesen Tagen gezeigten Produktionen. Wird der Soloakteur von der Vorahnung einer erkalteten Welt erfasst, so malt Rodrigo Garcias "Golgata Piknik" das Schreckensbild einer in Völlerei erstickenden Welt an die Wand und die Produktion des Antwerpener "FC Bergmann" warnt vor einem Auseinanderbrechen familiärer Bindungen.
Fabian Hinrichs: "Die Zeit schlägt dich tot"
Premiere: 20. 10. Großer Saal Haus der Berliner Festspiele
Regie und Konzeption: Fabian Hinrichs