Gegenentwürfe zu Hasspredigern
Monologe über Gerechtigkeit und Orientierung: Ein Mal im Jahr widmet sich das Monologfestival in Berlin der Solo-Disziplin des Sprechtheaters. Bei der Premiere mit dabei: PeterLicht.
PeterLicht: "Willkommen beim Brabbeln der Worte an den Wänden.. willkommen in der Buchstabensuppe , sie murmelt und wir lauschen."
Willkommen beim Monologfestival. Einer löffelt die Buchstabensuppe aus. Wir das Publikum lauscht. Aber, so Michael Müller, der das Programm mit Jeanette Mickan für den Berliner Theater-Discounter kuratiert hat:
"Aber dann geht es ja auch darum zu reagieren, das ist ja keine Einbahnstraße. Es geht auf jeden Fall um diesen Dialog mit dem Publikum, dass das vorkommt und es geht um dieses Spannungsfeld zur Gesellschaft."
Begeisterung für PeterLicht
Auf PeterLichts hymnisches Lob der Realität reagiert das Publikum am Eröffnungsabend begeistert: Ein Prosa-Gedicht, eine moderne euphorische Gegenrede auf "Howl", Allan Ginsburgs zornigen Weltabgesang.
"Gegrüßet ... die tiefen Blasen der Bässe... Blase für Blase ... sie heben die Welt ..."
PeterLichts mal euphorischer mal ironischer Text passt haargenau zum Motto des Festivals: "Aus Liebe zur Welt: Die Umordnung der Dinge".
"Es gibt den roten Faden, dass sich alle Aufführungen auseinandersetzen mit den Ordnungen der Gegenwart, mit Regelwerken, mit Regelsystemen. mit dieser Regelhaftigkeit der Welt."
Die die Liebe zur Welt mitunter auf eine harte Probe stellen. Das Performance-Kollektiv Ms Schrittmacher zum Beispiel kündigt für seine Premiere am Wochenende "Unmenschenrecht" eine getanzte Antwort auf die alltäglichen Verletzungen der Menschenrechte an. Der junge Performer Guy Marsan erzählt dagegen einen Tag später in seinem Monolog von den Zwängen, als Schwuler in einer Mormomenfamilie aufzuwachsen.
Gegenentwurf zu Hasspredigern
Die Monologe im Festivalprogramm sie sind auch ein Gegenentwurf zu den Gardinen- und Hasspredigern in der Welt da draußen, besonders in der Netzwelt:
"Dass die Kirche in Wirklichkeit Satan ist... wollte ich nicht wahrhaben..."
"Da sprech ich jeden von Euch an... Wenn wir das nicht hinbekommen, dann werden wir uns dieses Jahr in einer Katastrophe."
"Dieses Pack , diese Dreckschweine ... die im Bundestag sitzen."
Am Eröffnungsabend spielte die Performerin Marina Miller die Internet-Auftritte der geifernden Verschwörungstheoretiker und Neonazis auf. Eine bedrückendee Ausflug in eine hermetisch abgeschlossene irre Wut-Welt, mit der Miller das Publikum allerdings allein ließ, ohne einen Ausweg aufzuzeigen. Den wies PeterLicht mit seinem Weltlob. Und ist es nicht so? Wirklich zuhören und wahrnehmen, kann ich nur jemandem, der davon überzeugt ist dass seine Rede nicht ungehört verhallt, dass aus seinem Monolog irgendwann ein Dialog wird. Nur dann versenken wir...
... "unsere Sonden in das große Weltohr, und wir sitzen im Rund drum herum und betrachten die Tiefe in der es rauscht." (PeterLicht)
"Was ist die Welt?"
Irgendwann spät in der Nacht nach der rauschhaften Premierenfeier, zuhause an meinem Schreibtisch, fällt mein Blick auf ein Sonett von Hugo von Hoffmannsthal, dass ich einmal vor Jahren frisch verliebt aus einer Zeitung ausgeschnitten hatte:
"Was ist die Welt? Ein ewiges Gedicht,
Daraus der Geist der Gottheit strahlt und glüht,
Daraus der Wein der Weisheit schäumt und sprüht,
Daraus der Laut der Liebe zu uns spricht"
Daraus der Geist der Gottheit strahlt und glüht,
Daraus der Wein der Weisheit schäumt und sprüht,
Daraus der Laut der Liebe zu uns spricht"
Darf man sowas heute noch sagen? In Berlin suchen ein gutes Dutzend Performer in den nächsten zehn Tagen auf dem Monologfestival eine Antwort.