Von Maschinen-Sklaven zu besseren Menschen
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Lange bevor Roboter tatsächlich gebaut wurden, haben Bücher und Filme sie vorweggenommen. Im Zentrum stehen dabei stets auch moralische Fragen: Was lässt sich von der Science-Fiction für den Umgang mit Maschinenwesen lernen?
"Hier haben wir die Bescherung, lesen Sie, Domin, ein Flugblatt. – 'Roboter der Welt. Wir, die erste Roboterorganisation von Rossums Universalrobotern, erklären den Menschen zum Feind und Geächteten.' – Die Roboterrevolution ist da!"
Nachdem die Roboter lange Jahre als Arbeitssklaven schuften mussten, schlagen sie zurück. Mit seinem 1921 uraufgeführten Theaterstück "R.U.R.", hier als Hörspiel, brachte der tschechische Schriftsteller Karel Čapek nicht nur den Begriff "Roboter" – abgeleitet vom tschechischen Wort 'robota' für Frondienst – in die Welt. Weitsichtig beschrieb er schon damals zentrale ethische Fragen im Umgang mit künstlicher Intelligenz. Im Stück sucht eine Vertreterin der Humanitätsliga die Hersteller der Roboter auf:
"Wir wollen die Roboter befreien. – Wie bitte? – Man soll sie wie Menschen behandeln. – Aha, sie sollen vielleicht wählen? Sie sollen Bier trinken, uns befehlen? – Warum sollten sie nicht wählen können?"
Mensch und Roboter – kaum zu unterscheiden
Roboter als Bürger. Aber wann beginnt eine Maschine, ein Subjekt zu sein, dem Rechte zustehen? Auch im Science-Fiction-Klassiker "Blade Runner" sind die Replikanten rechtlose Sklaven, obwohl sie den Menschen so ähnlich sind, dass sie nur mittels eines komplizierten Fragetests entlarvt werden können:
"Beschreiben Sie nun in einzelnen Worten alle positiven Dinge, die Ihnen in den Sinn kommen, über ihre Mutter. – Meine Mutter? – Ja."
Vorbild für die Befragung ist der sogenannte Turing-Test, den 1950 der Mathematiker Alan Turing formulierte. Ihm zufolge sei die Intelligenz von Roboter und Mensch ebenbürtig, wenn bei einer Befragung die Antworten einer Maschine nicht von denen einer Person zu unterscheiden sind.
Maschinen tun nur so, als ob sie denken
Turing vertrat die These, dass Maschinen Bewusstsein entwickeln können, andere Wissenschaftler wie John Searle meinen, Maschinen könnten Gedanken nur simulieren. So denkt in "Stark Trek – Next Generation" auch Schiffsärztin Dr. Pulaski über den Androiden Data:
"Sie sind anders, Sie funktionieren wie ein Computer. Sie verwenden alles, was Sie auswendig gelernt haben. – Ganz so ist es nicht, kreatives Denken ist Datas große Stärke."
Datas Existenz wirft auch rechtliche Fragen auf. Als die Sternenflotte Data vervielfältigen lassen will, wehrt er sich. Aber das Sterneflottenkommando betrachtet ihn als Eigentum. Es kommt zur Verhandlung, in der Captain Picard für Data Persönlichkeitsrechte fordert:
"Wir sind auch Maschinen, allerdings Maschinen eines gänzlich anderen Typs. Der Kläger hat uns vor Augen geführt, dass Commander Data von einem Menschen erschaffen wurde. Kinder werden erschaffen, und zwar aus den DNA-Bausteinen ihrer Eltern. Sind sie deswegen Eigentum?"
Träumen Androiden von Misshandlungen durch Menschen?
Dass man Maschinen Bewusstsein gar nicht absprechen könne, weil wir nicht einmal wissen, wie das menschliche Bewusstsein entsteht, davon handelt auch die Fernsehserie "Westworld", eine Fortsetzung des gleichnamigen Films von 1973. In einem Vergnügungspark können Besucher im Wilden Westen nach Lust und Laune Androiden vergewaltigen und töten. Die Androiden werden nachts repariert und ihr Gedächtnis gelöscht. Dann zeigen sie Auffälligkeiten:
"Es wirkt, als würde er grübeln. – Du denkst, er hat eine Art Existenzkrise? – Ich denke, da ist etwas verdammt faul in seiner Wahrnehmung."
Die Androiden erleben Flashbacks ihrer traumatischen Erlebnisse, daraus entwickeln sie Bewusstsein. Ob es sich von unserem unterscheidet, bleibt offen – so wie überhaupt die Grenzen in "Westworld" zwischen menschlich und nichtmenschlich verschwimmen. Eine Bewegung weg vom Anthropozentrismus – so wie sie die feministische Wissenschaftlerin Donna Haraway 1984 in ihrem "Cyborg-Manifest" forderte.
Technik überwindet die Grenzen der Geschlechter
Durch eine Verbindung von Mensch und Maschine könnten tradierte Dichotomien – etwa von männlich und weiblich – überwunden werden. Diese Utopie zeigt der japanische Science-Fiction-Anime "Ghost in the Shell" von 1995, in dem Menschen und Maschinen zu gemischtgeschlechtlichen Cyborgs verschmelzen:
"Werde ich ich selbst bleiben? – Dafür gibt es keine Garantie. Alles verändert sich unaufhörlich, wer sich nicht verändert, begrenzt sich selbst."
In Filmen und Literatur erscheinen Roboter in den letzten Jahrzehnten als die moralischeren Wesen – angesichts menschengemachter Krisen wie etwa der Erderwärmung nicht überraschend.