Mord und Müßiggang am Mittelmeer
Marseille ist laut, schmutzig und gilt als gefährlichste Metropole Europas. Die zweitgrößte Stadt Frankreichs ist aber auch von brodelnder Vitalität und multikulturell. Ein Spaziergang durch die Europäische Kulturhauptstadt 2013.
Nana: "Oh mein Schätzchen, wenn ich nicht in Marseille bin, habe ich Angst. Selbst, wenn man mir die Reise bezahlt, gehe ich nicht weg von hier. Ich muss das Meer und die Basilika mit der Jungfrau sehen. Ich bin hier am Hafen geboren und seit dem nicht weggegangen. Er ist mein Leben, seit 88 Jahren."
Nana, die Fischverkäuferin mit den wuseligen grauen Haaren und dem von der Sonne gegerbten Gesicht, strahlt, wenn sie über ihren Vieux Port, den alten Hafen, spricht. Seit ihrem zehnten Lebensjahr verkauft sie hier Fisch. Damals noch in der Fischauktionshalle, heute direkt am Uferkai des rechteckigen Hafenbeckens, in dem Jachten und Ausflugsboote schaukeln.
Nana: "Ich mag die Stimmung in Marseille."
Auch und gerade jetzt, wo der Vieux Port ein völlig neues Gesicht bekommen hat, mit einer großen Fußgängerzone um das Hafenbecken herum und einem futuristischen Sonnendach aus Stahl. Wo heute Touristen und Einheimische flanieren, legten etwa 600 vor Christi griechische Siedler an und gründeten Massalia.
Über 2000 Jahre lang bescherte der Hafen der Stadt Reichtum und eine bunte Einwohnerschar. Wie die verschiedenen Fische in der Bouillabaisse vermischten sich in Marseille alle möglichen Kulturen aus Italien, Nord- und Schwarzafrika. Hier wurden Schiffe auf Kiel gelegt, die Stadt mit Gütern aus aller Welt versorgt und Meerestiere verkauft, wie es in der verfilmten Trilogie des provenzalischen Schriftstellers Marcel Pagnol gezeigt wird.
Heute hat ihm der neue Hafen im Norden von Marseille den Rang abgelaufen, doch gefühlt ist der Vieux Port immer noch der Mittelpunkt der Stadt. Wer sich einmal wie ein echter Marseiller fühlen möchte, sollte Folgendes tun, erklärt der 51-jährige Claude.
"Einfach den Aperitif am Hafen trinken mit einem Pastis, zwei Erdnüssen, einem Glas Rosé oder einem guten Marseiller Bier. Und wenn man nach Marseille kommt und die Stadt mag, dann kommt auch der Akzent von ganz alleine."
Ja, der Marseiller Akzent, "l’accent chantant", der singende Akzent, wie man so schön sagt, ist nur einer der Belege dafür, dass man sich ganz tief im Süden Frankreichs befindet. Dieser Barmann hat noch einen anderen Tipp für eine schnelle Assimilation:
"Um ein Marseiller zu sein, muss man Marseille mögen, den Hafen und das Fischen. Marseille ist für mich das Meer, die Sonne, Südfrankreich. Und: Ein echter Marseiller hat es nicht eilig, er ist geduldig."
Eine Charaktereigenschaft, die man im Verkehr nicht gleich zu spüren bekommt. Marseille ist nicht nur die zweitgrößte Stadt Frankreichs, sondern auch die zweitverstopfteste Metropole Europas. Und nicht nur wenn sich zur Rushhour im heißen Sommer Stoßstange an Stoßstange reiht, glänzen die Marseiller mit besonderem, südländischem Temperament:
Frau: "In Marseille gibt es wirklich viel Aggressivität. Sei es am Steuer oder verbal. Und auch mangelndes Benehmen: Man nimmt die Vorfahrt, fährt über rote Ampeln. Es gibt keinen wirklichen Respekt dem anderen gegenüber."
Doch ein echter Marseiller, stets stolz auf seine Stadt und seine Bewohner, sieht auch dies als einen besonderen Vorzug:
Frau: "Wir sind lieb, freundlich. Es stimmt, dass wir ein bisschen schreien. Aber dann ist es auch gut."
Es scheint sogar, als seien die Marseiller besonders stolz auf das Nichtangepasste und Rebellische in ihrem Temperament. Wie schon zu Zeiten von Louis XIV. im 17. Jahrhundert, als sie sich gegen die Gesetze aus Paris auflehnten.
Mann: "Ich glaube, wir sind die einzige Stadt Frankreichs, in der man uns den Namen entzogen hat und uns entmündigt hat, in der die Kanonen nicht gegen den Feind, sondern gegen die Stadt gerichtet waren. Marseille war schon immer rebellisch und wird es hoffentlich auch bleiben - im guten Sinne."
Marseille, eine Stadt der vielen Gesichter: eine Stadt des ständigen Sonnenscheins und Müßiggangs, die ihren Fußballverein, den Olympique de Marseille, leidenschaftlich feiert, die aber gleichzeitig immer wieder mit Überfällen, Morden und Drogenhandel von sich reden macht. Eine der ärmsten Städte Frankreichs, in der jede dritte Familie unter der Armutsschwelle lebt, die es aber schafft, mit vielen Nationalitäten weitgehend friedlich zusammenzuleben. Kurzum eine Stadt, die manchmal aufregt, aber die von den meisten Marseillern heiß geliebt wird.
Mann: "Sein Klima, das Meer, die umliegenden Hügel."
Frau: "Die Mischung der Bevölkerung, die Heiterkeit der Stadt."
Zweite Frau: "Wir würden nicht woanders wohnen wollen."
Nana, die Fischverkäuferin mit den wuseligen grauen Haaren und dem von der Sonne gegerbten Gesicht, strahlt, wenn sie über ihren Vieux Port, den alten Hafen, spricht. Seit ihrem zehnten Lebensjahr verkauft sie hier Fisch. Damals noch in der Fischauktionshalle, heute direkt am Uferkai des rechteckigen Hafenbeckens, in dem Jachten und Ausflugsboote schaukeln.
Nana: "Ich mag die Stimmung in Marseille."
Auch und gerade jetzt, wo der Vieux Port ein völlig neues Gesicht bekommen hat, mit einer großen Fußgängerzone um das Hafenbecken herum und einem futuristischen Sonnendach aus Stahl. Wo heute Touristen und Einheimische flanieren, legten etwa 600 vor Christi griechische Siedler an und gründeten Massalia.
Über 2000 Jahre lang bescherte der Hafen der Stadt Reichtum und eine bunte Einwohnerschar. Wie die verschiedenen Fische in der Bouillabaisse vermischten sich in Marseille alle möglichen Kulturen aus Italien, Nord- und Schwarzafrika. Hier wurden Schiffe auf Kiel gelegt, die Stadt mit Gütern aus aller Welt versorgt und Meerestiere verkauft, wie es in der verfilmten Trilogie des provenzalischen Schriftstellers Marcel Pagnol gezeigt wird.
Heute hat ihm der neue Hafen im Norden von Marseille den Rang abgelaufen, doch gefühlt ist der Vieux Port immer noch der Mittelpunkt der Stadt. Wer sich einmal wie ein echter Marseiller fühlen möchte, sollte Folgendes tun, erklärt der 51-jährige Claude.
"Einfach den Aperitif am Hafen trinken mit einem Pastis, zwei Erdnüssen, einem Glas Rosé oder einem guten Marseiller Bier. Und wenn man nach Marseille kommt und die Stadt mag, dann kommt auch der Akzent von ganz alleine."
Ja, der Marseiller Akzent, "l’accent chantant", der singende Akzent, wie man so schön sagt, ist nur einer der Belege dafür, dass man sich ganz tief im Süden Frankreichs befindet. Dieser Barmann hat noch einen anderen Tipp für eine schnelle Assimilation:
"Um ein Marseiller zu sein, muss man Marseille mögen, den Hafen und das Fischen. Marseille ist für mich das Meer, die Sonne, Südfrankreich. Und: Ein echter Marseiller hat es nicht eilig, er ist geduldig."
Eine Charaktereigenschaft, die man im Verkehr nicht gleich zu spüren bekommt. Marseille ist nicht nur die zweitgrößte Stadt Frankreichs, sondern auch die zweitverstopfteste Metropole Europas. Und nicht nur wenn sich zur Rushhour im heißen Sommer Stoßstange an Stoßstange reiht, glänzen die Marseiller mit besonderem, südländischem Temperament:
Frau: "In Marseille gibt es wirklich viel Aggressivität. Sei es am Steuer oder verbal. Und auch mangelndes Benehmen: Man nimmt die Vorfahrt, fährt über rote Ampeln. Es gibt keinen wirklichen Respekt dem anderen gegenüber."
Doch ein echter Marseiller, stets stolz auf seine Stadt und seine Bewohner, sieht auch dies als einen besonderen Vorzug:
Frau: "Wir sind lieb, freundlich. Es stimmt, dass wir ein bisschen schreien. Aber dann ist es auch gut."
Es scheint sogar, als seien die Marseiller besonders stolz auf das Nichtangepasste und Rebellische in ihrem Temperament. Wie schon zu Zeiten von Louis XIV. im 17. Jahrhundert, als sie sich gegen die Gesetze aus Paris auflehnten.
Mann: "Ich glaube, wir sind die einzige Stadt Frankreichs, in der man uns den Namen entzogen hat und uns entmündigt hat, in der die Kanonen nicht gegen den Feind, sondern gegen die Stadt gerichtet waren. Marseille war schon immer rebellisch und wird es hoffentlich auch bleiben - im guten Sinne."
Marseille, eine Stadt der vielen Gesichter: eine Stadt des ständigen Sonnenscheins und Müßiggangs, die ihren Fußballverein, den Olympique de Marseille, leidenschaftlich feiert, die aber gleichzeitig immer wieder mit Überfällen, Morden und Drogenhandel von sich reden macht. Eine der ärmsten Städte Frankreichs, in der jede dritte Familie unter der Armutsschwelle lebt, die es aber schafft, mit vielen Nationalitäten weitgehend friedlich zusammenzuleben. Kurzum eine Stadt, die manchmal aufregt, aber die von den meisten Marseillern heiß geliebt wird.
Mann: "Sein Klima, das Meer, die umliegenden Hügel."
Frau: "Die Mischung der Bevölkerung, die Heiterkeit der Stadt."
Zweite Frau: "Wir würden nicht woanders wohnen wollen."