Mordfall Palme aufgeklärt?

"Das Trauma bleibt"

05:25 Minuten
Menschen haben sich auf der Straße zu einer Gruppe zusammengefunden und schauen auf ein Laptop.
Der Fall Palme beschäftigt die Schweden heute noch: Gespannt verfolgen Menschen auf ihren Laptops die Pressekonferenz der Staatswanwaltschaft. © imago / Bildbyran / Johanna Lundberg
Derek Scally im Gespräch mit Anke Schaefer |
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Der damals 52-jährige Werbegrafiker Stig Engström hat 1986 Schwedens Ministerpräsident Olof Palme erschossen. Diese Erkenntnis präsentierte die Staatsanwaltschaft heute - und schloss die Akte. Unverständlich, findet Journalist Derek Scally.
Fall gelöst, Akte zu: Im Februar hatte Staatsanwalt Krister Pettersson öffentlich angekündigt, bis zum Sommer aufzeigen zu wollen, wer für den Mord am schwedischen Ministerpräsidenten Olof Palme 1986 verantwortlich gewesen sei. Am heutigen Mittwoch war es dann so weit: Der Täter sei der Werbegrafiker Stig Engström, hieß es. Doch weil Engström bereits 2000 gestorben sei, könne keine Anklage gegen ihn erhoben werden. Die Ermittlungen würden hiermit eingestellt.
Den Journalisten Derek Scally, langjähriger Berlin-Korrespondent der "Irish Times", macht dieses Vorgehen fassungslos: Er kenne Journalisten, die nicht hätten schlafen können angesichts der bevorstehenden Enthüllung des Täters. Und dann das: "Ein Mann, der bei einer Versicherungsfirma gearbeitet hat und der schon verdächtig war", so Scally. "Ich finde es schade, dass so viel Hoffnung und Aufmerksamkeit wieder aufgebaut wurde, weil das ein Trauma ist, ein Nationaltrauma."
Der 1986 ermordete schwedische Ministerpräsident Palme.
Der 1986 ermordete schwedische Ministerpräsident Palme. © picture alliance / dpa / Tobbe Gustavsson
Denn Schweden habe an jenem 28. Februar 1986 seine Unschuld verloren, als Olof Palme, der ohne Leibwächter mit seiner Frau in der Innenstadt von Stockholm unterwegs war, aus nächster Nähe erschossen wurde: "Sie dachten, wir sind in einem besseren Land, auf einem besseren Weg, mit einem Wohlfahrtsstaat, wo viel investiert wurde in Gesundheit, in Bildung, in Schulen", sagt Scally. "Und dann kommt jemand und erschießt einen Politiker."
Dieses Trauma werde jetzt bleiben, so der Journalist. Und wenn es jetzt weitergeht mit den Verschwörungstheorien im Fall Palme, nämlich dass irgendjemand nicht wollte, dass die Wahrheit ans Licht kommt, hätten die schwedischen Behörden mit ihrer Ankündigung vom Februar ihren Anteil daran. Denn diese hätten gehandelt wie "Privatfernsehen" – nach dem Motto: "Schalten Sie nicht ab, kommen Sie nach der Werbepause zurück!" – und nicht wie eine Staatsanwaltschaft.
(uko)

Derek Scally, geboren 1977, ist seit fast 20 Jahren Korrespondent der Zeitung "Irish Times" in Berlin. Er studierte zuvor Journalismus an der Dublin City University. Seine Haupthemen sind deutsche und europäische Politik, Wirtschaft und Kultur. Er ist häufiger Gast in Radio und Fernsehen, sowohl in Irland wie in Deutschland.

Die gesamte Sendung "Der Tat mit Derek Scally zum Nachhören":
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