Morten A. Strøksnes: "Das Buch vom Meer"
Oder wie zwei Freunde im Schlauchboot ausziehen, um im Nordmeer einen Eishai zu fangen und dafür ein ganzes Jahr brauchen
Deutsche Verlagsanstalt, München 2016
364 Seiten, 19,99 Euro
Auf der Suche nach dem Grönlandhai
Kann man in einem Schlauchboot im Nordmeer Jagd auf den legendären Eishai machen? Das klingt nach Fiktion, doch genau das hat der norwegische Autor Morten A. Strøksnes ein Jahr lang getan. Das daraus entstandene "Buch vom Meer" ist in Norwegen zu einem Bestseller geworden.
Ein Jahr lang fuhren der norwegische Sachbuchautor Morten A. Strøksnes und der mit ihm befreundete Maler Hugo Aasjord immer wieder hinaus aufs Nordmeer: In einem Schlauchboot wollten sie Jagd auf einen Hai zu machen, der "viele hundert Millionen Jahre Evolution auf dem Buckel hat": den Grönlandhai, der auch Eishai genannt wird. Aus ihren Erlebnissen ist das "Buch vom Meer entstanden". In Norwegen wurde es zum Bestseller und ist mittlerweile in 15 Sprachen übersetzt worden.
Die treibende Kraft für die Jagd nach dem legendären Eishai sei sein Freund Aasjord gewesen, erzählt Strøksnes im Deutschlandradio Kultur:
"Seitdem er ein kleiner Junge ist, kennt er sich aus mit dem Meer. Er kennt sich gut aus mit ungewöhnlichen Fischen, Walen. Er hat eigentlich alles schon gesehen, alles schon erlebt. Aber den Eishai, den hat er nie selber gesehen. Und er hat auch nie einen gefangen. Und er kennt die Geschichten von seinem Vater, von seinem Großvater, die auch richtige Horror-Geschichten erzählt haben. Und die konnte er niemals vergessen."
Die Angst vor Tieren, die man nicht kontrollieren kann
Für Norweger seien die Eishaie allerdings keine Bedrohung, sagte Strøksnes. Die Tiere lebten in einer Tiefe von 400 Metern, manchmal sogar bis zu 1200 Metern:
"Und wenn er sich schon einmal an die Küste Norwegens begibt, dann zieht er meistens weiter in Richtung Nordpol. Und dort lebt er wirklich unter dem Eis. Das heißt: Die atavistische Angst vor diesem Tier kennen wir eigentlich nicht so richtig. Aber der Mensch hat natürlich immer Angst vor Tieren, die er nicht kontrollieren kann. Das ist tief in uns verwurzelt. Das ist etwas, was wir seit der Evolution mit uns herumschleppen."
"Die Norweger haben die Verbindung zum Wasser verloren"
Wie ist das Verhältnis der Norweger zur Natur. Werden sie mit einer tiefen Sehnsucht nach dem Meer geboren? Strøksnes Einschätzung lautet:
"Vielleicht ist diese Sehnsucht gar nicht so groß. Vielleicht haben Deutsche oder andere Europäer eine viel größere Sehnsucht nach dem Ozean. Wir Norweger, wir sind vom Wasser umgeben. Vielleicht haben Sie aber auch recht: Weil der Riesenerfolg meines Buches iIn Norwegen rührt auch daher, dass die modernen Norweger so ihre Verbindung zum Wasser, zum Ozean so ein wenig verloren haben. Wir haben nur noch mit dem Meer zu tun, weil es dort Ölplattformen gibt. Mein Buch hat vielleicht etwas Neues entfacht."