Moscheesteuern

An der Realität des Islams in Deutschland vorbei

Gläubige beim Freitagsgebet in der Ditib-Merkez-Moschee in Duisburg.
Freitagsgebet in der Ditib-Merkez-Moschee in Duisburg: Die Idee einer Moscheesteuer habe mehrere Haken, meint Eren Güvercin. © dpa / picture-alliance
Ein Einwurf von Eren Güvercin · 03.01.2019
In Deutschland wird über eine Moscheesteuer diskutiert: So soll sich der Islam von der Einflussnahme ausländischer Staaten emanzipieren. Der Journalist Eren Güvercin hält dieses Mittel für völlig falsch - auch wenn er das angestrebte Ziel unterstützt.
Erst sollte es eine Moscheesteuer sein, die der Staat für "seine" Muslime erheben soll. Jetzt ist die Rede von der Zakat – der Armenabgabe zu der die Gläubigen verpflichtet sind – , die an den Staat abzuführen ist. Fortan sollen Muslime, wie die Christen, quasi Mitgliedsbeiträge erheben und der Staat würde beim Eintreiben helfen. Klingt einfach, praktikabel und gerecht. Die Vorschläge haben allerdings mehrere Haken.

Zentrale Institutionen sind dem Islam wesensfremd

Wie so oft in der Islamdebatte wird entweder das Organisationsverständnis der christlichen Kirchen eins zu eins auf den Islam übertragen, oder aber islamische Konzepte wie die Zakat, immerhin eine der fünf Säulen des Islam, werden einfach mal grundsätzlich verändert.
Aber der Reihe nach: Keiner der großen Moscheeverbände ist aktuell eine Religionsgesellschaft mit Körperschaftsstatus. Ohne diesen Status aber ist eine wie auch immer geartete Moscheesteuer nicht möglich. Und: Eine zentral erhobene Steuer widerspricht sowohl dem Organisationsverständnis als auch der realen Organisationsform des Islams in Deutschland. Zentrale Institutionen sind dem Islam wesensfremd.
Der Vorschlag nun das Ganze als Zakat zu labeln, wie der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime Aiman Mazyek forderte, ist genauso absurd. Die Zakat ist eine Armenabgabe, die dazu dient, soziale Not und Armut im direkten Umfeld zu lindern. Sie darf nicht zentral und von einem Staat eingezogen werden, und schon gar nicht darf sie für Betrieb von Moscheen verwendet werden. Nächste Sackgasse.

DITIB finanziert Imame und macht damit Politik

Der wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestages hat bereits im Mai 2018 in einem Gutachten (WD 10 – 3000 – 028/18) festgestellt, dass deutsche Moscheegemeinden hauptsächlich mit Mitgliedsbeiträgen finanziert werden. Es ist durchaus Geld da! Der eigentliche Punkt ist demzufolge gar nicht die direkte Auslandsfinanzierung der Gemeinden, sondern eine eher mittelbare finanzielle Unterstützung – und dabei vor allem die Finanzierung der Imame durch die türkische Religionsbehörde Diyanet für die DITIB und andere Moscheeverbände.
Das schafft bekanntermaßen Probleme: Die Religionsattachés in den Konsulaten und die Imame der türkischen Religionsbehörde sind nämlich nicht nur fromme Männer, sie setzten auch die politische Agenda der türkischen Regierung durch.

Argumente für ein Stiftungsmodell

Wenn die Verbände nicht weiterhin wie Heimatvertriebenenorganisationen wahrgenommen werden wollen, und wenn es den deutschen Muslimen um eine Beheimatung des Islam in Deutschland geht, dann braucht es auch organisatorische Alternativen. Dafür sind eine Imamausbildung in Deutschland und ein neues Finanzierungsmodell unumgänglich. Das islamische Stiftungsmodell bietet sich dazu an. Es entspricht dem Organisationsverständnis des Islam und genügt auch dem deutschen Recht.
Dieses Modell sieht vor, dass alle Gemeinden lokal organisiert bleiben und nicht Teil von zentralistischen Strukturen sein müssen. Die Moscheegebäude wären im Besitz einer Stiftung mit fest definierten Zwecken. Neben dem Gebetsraum gäbe es verschiedene Dienstleistungsangebote, die Einkünfte generierten – für die Gemeinde und für den Imam.

Die Macht der großen Immobiliengesellschaften brechen

Die Stiftungen würden von den lokalen Gemeinden kontrolliert. Jetzt ist es so, dass jede einzelne DITIB-Moschee, die von der Gemeinde vor Ort gekauft oder gebaut wird, Eigentum der DITIB-Zentrale ist, oder wie im Fall anderer Verbände Eigentum einer Immobiliengesellschaft. Dies dient natürlich der Kontrolle. Mit der Stärkung und Professionalisierung der lokalen Gemeinden durch ein Stiftungsmodell wäre die Macht der großen Immobiliengesellschaften gebrochen.
Die meisten der großen Verbände scheuen diese Diskussion, denn Vereine und GmbHs lassen sich besser lenken und kontrollieren. Darüber müssen wir diskutieren, nicht über Moscheesteuern.

Eren Güvercin ist freier Journalist und Autor. Er schrieb unter anderem das Buch "Neo-Moslems – Porträt einer deutschen Generation". Er ist Gründungs- und Vorstandmitglied der Alhambra Gesellschaft e.V.


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