mp3 und die Folgen
Mit dem mp3-Format ist Musik verfügbarer und transportabler geworden. Spätestens mit der Einführung von Online-Shops, in denen legal mp3s eingekauft werden können, ist das Dateiformat im Mainstream angekommen. Mittlerweile ist mp3 das Medium zum Musikhören.
Eigentlich ja erstaunlich: Seit Jahrzehnten betreibt man einen großen Aufwand, für den Umstieg von der analogen zur digitalen Wiedergabe von Musik, und das vorherrschende Ergebnis ist ein verlustbehaftetes Format. Die heutige junge Generation, die Anfang 20-Jährigen, sie kennen oft gar nichts anderes als den mp3-Sound. Hifi ist für sie ein Fremdwort aus vergangenen Zeiten.
Vor gut 20 Jahren traf sich eine Gruppe von Experten in Hannover mit dem Ziel, digitale Audiosignale kleiner zu rechnen. Die Video-CD, heutzutage längst vergessen, verlangte nach Platz für Ton und Bild. Die Gruppe, die Moving Pictures Experts Group, kurz MPEG, entwickelte daraufhin drei Verfahren - drei Layer, zur Audiodatenreduktion.
"Nachdem der Standard fertig war, war es so, dass Layer 1 und 2 sehr schnell in Produkte gekommen ist."
Dr. Bernd Edler, Ingenieur und wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Leibniz-Universität Hannover, hat die Verfahren damals mit entwickelt. Layer 1 wurde für die erfolglose digitale Compact-Cassette genutzt, Layer 2 findet noch heute im Rundfunk seinen Einsatz.
"Und dieses MPEG Audio Layer 3 ist die Abkürzung eben mp3. Das war gar nicht geplant damals alles. Man hat eigentlich gar keinen Markt mehr gesehen, wo man den Layer 3 benutzen kann. Dann haben die Leute bei Fraunhofer ein paar Musiksignale mit mp3 codiert ins Internet gestellt. Das hat sich dann rumgesprochen und sich dann ganz plötzlich schneller verbreitet als man gedacht hat."
Heute dominiert mp3 den Musikmarkt. Es nutzt bekanntermaßen Schwächen des menschlichen Ohres:
"Welche leiseren Signale, die auch in dem Musiksignal drin sind, können wir weglassen, weil sie jeweils gerade von lauteren Tönen verdeckt werden."
Es wird abgeschnitten, weggelassen und maskiert, gerade so stark, dass es nicht hörbar ist. Das rohe Musiksignal ist kaum vom mp3-kodierten zu unterscheiden. Schon gar nicht im Radio, das ja ebenfalls datenkomprimiert sendet. Wenn man jedoch beide Signale voneinander abzieht, werden die eigentlich maskierten Störungen im mp3 Signal hörbar:
Emil Lubej, Professor der Musikwissenschaften in Wien, spielt seinen Studenten seit Jahren mp3- und Musikstücke von CD im Blindvergleich vor.
"Eines, das ich sehr häufig verwende ist, von der Carmina Burana, der Beginn, so 30 Sekunden. Da hat man das ganze Spektrum Klang, Raum und so weiter. Das schaut dann so aus: Ich hab' nen vollen Hörsaal, um die 100 Leute, ich spiel' diese Sachen im AB-Vergleich vor - Original, dann 56, 128, 256 k/bit. Die Frage ist nur: Ist dieses Paar das vorgespielt wird, gleich oder nicht gleich? Das mache ich seit sechs, sieben Jahren.
Was dabei rauskommt ist, dass es immer weniger unterscheidbar wird für die Leute. In den ersten Jahren haben sie relativ gut unterscheiden können. Da hat die Mehrheit festgestellt, wo's nicht gleich ist. Mit den Jahren ist es dann immer schwieriger geworden für die Studenten zu unterscheiden."
Je alltäglicher also der mp3-Konsum, desto tauber scheinen die Ohren für die Manipulationen von mp3 zu werden. Es geht aber noch weiter: Die Fälschung wird anscheinend zunehmend für das Original gehalten. Bei einem ebenfalls mehrjährigen Versuch an der kalifornischen Stanford-Universität kam heraus, dass immer mehr Studenten mp3 gegenüber dem unkomprimierten Signal bevorzugen.
"mp3 reduziert die Informationen und macht es für das Ohr einfacher und bequemer, die Informationen aufzunehmen."
Sagt Rolf Bader, Professor der Musikwissenschaften in Hamburg, und hat zur Erklärung ein vergleichendes Bild parat:
"Viele Kids ernähren sich hauptsächlich von Fastfood. Wenn diese Leute dann mal was Gutes essen, dann ist der Körper, der Magen, gar nicht mehr in der Lage, das zu verarbeiten. Analogie zum mp3: Wenn die Leute mal was Tolles hören, dann können die das gar nicht mehr verarbeiten, gar nichts mehr damit anfangen."
Demnach würden weniger Daten-Informationen ein Zuhören mit weniger Aufwand ermöglichen. Doch beim Thema Zuhören winkt Professor Rolf Bader nur ab:
"Das ist teilweise erschreckend, wie wenig die Leute heute noch hören können. Das trainieren von Hören ist 'ne Kunst, die geht gegen null. Die Leute wollen im Sound was erleben. Sie hören dem Sound nicht zu, sondern sie wollen durch den Sound ein Gefühl vermittelt bekommen."
Wenn Hamburger Studenten mit dem Soundtrack ihres Alltags auf den Ohren durchs Viertel gehen, dann kommen sie am Hifi- und Hi-End-Geschäft "Audiophonie" vorbei. Manche von ihnen sehen gar keinen Sinn in den Geräten, die hier im Schaufenster stehen. Geschäftsführer Jörg Schütt:
"Ein Student meinte, es ist ja wissenschaftlich längst bestätigt, dass mp3 genauso gut klingt wie eine CD oder Schallplatte. Ich:' Ok, du kannst uns ja gerne mal besuchen, dann bringst du deine Festplatte mit oder deinen mp3-Player mit und dann hören wir im Vergleich mal die CD.' Der stand drei Tage später hier mit seinem Rechner, mit eigenen CDs, die wir dann nicht komprimiert über einen CD-Player hören konnten, und dann alternativ über seinen Computer.
Das Ergebnis war so: Der Student war so erschrocken. Er meinte, er hätte es nie gedacht, dass die Unterschiede so groß sind, weil er hatte es noch nie direkt im Vergleich und auch noch nicht über eine gute Anlage. Er saß hier mindestens drei Stunden und hat Musik gehört und war einfach nur irritiert, wie gut Musik klingen kann."
Trotz mp3-Fastfood bleiben also die Fähigkeiten der Ohren erhalten, natürlichere Klangfarben, größere Räumlichkeit und Dynamik zu entdecken. Unsere hochauflösende Umwelt bietet da ein unbestechliches Training - wenn denn die Kopfhörer mal ab sind.
Vor gut 20 Jahren traf sich eine Gruppe von Experten in Hannover mit dem Ziel, digitale Audiosignale kleiner zu rechnen. Die Video-CD, heutzutage längst vergessen, verlangte nach Platz für Ton und Bild. Die Gruppe, die Moving Pictures Experts Group, kurz MPEG, entwickelte daraufhin drei Verfahren - drei Layer, zur Audiodatenreduktion.
"Nachdem der Standard fertig war, war es so, dass Layer 1 und 2 sehr schnell in Produkte gekommen ist."
Dr. Bernd Edler, Ingenieur und wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Leibniz-Universität Hannover, hat die Verfahren damals mit entwickelt. Layer 1 wurde für die erfolglose digitale Compact-Cassette genutzt, Layer 2 findet noch heute im Rundfunk seinen Einsatz.
"Und dieses MPEG Audio Layer 3 ist die Abkürzung eben mp3. Das war gar nicht geplant damals alles. Man hat eigentlich gar keinen Markt mehr gesehen, wo man den Layer 3 benutzen kann. Dann haben die Leute bei Fraunhofer ein paar Musiksignale mit mp3 codiert ins Internet gestellt. Das hat sich dann rumgesprochen und sich dann ganz plötzlich schneller verbreitet als man gedacht hat."
Heute dominiert mp3 den Musikmarkt. Es nutzt bekanntermaßen Schwächen des menschlichen Ohres:
"Welche leiseren Signale, die auch in dem Musiksignal drin sind, können wir weglassen, weil sie jeweils gerade von lauteren Tönen verdeckt werden."
Es wird abgeschnitten, weggelassen und maskiert, gerade so stark, dass es nicht hörbar ist. Das rohe Musiksignal ist kaum vom mp3-kodierten zu unterscheiden. Schon gar nicht im Radio, das ja ebenfalls datenkomprimiert sendet. Wenn man jedoch beide Signale voneinander abzieht, werden die eigentlich maskierten Störungen im mp3 Signal hörbar:
Emil Lubej, Professor der Musikwissenschaften in Wien, spielt seinen Studenten seit Jahren mp3- und Musikstücke von CD im Blindvergleich vor.
"Eines, das ich sehr häufig verwende ist, von der Carmina Burana, der Beginn, so 30 Sekunden. Da hat man das ganze Spektrum Klang, Raum und so weiter. Das schaut dann so aus: Ich hab' nen vollen Hörsaal, um die 100 Leute, ich spiel' diese Sachen im AB-Vergleich vor - Original, dann 56, 128, 256 k/bit. Die Frage ist nur: Ist dieses Paar das vorgespielt wird, gleich oder nicht gleich? Das mache ich seit sechs, sieben Jahren.
Was dabei rauskommt ist, dass es immer weniger unterscheidbar wird für die Leute. In den ersten Jahren haben sie relativ gut unterscheiden können. Da hat die Mehrheit festgestellt, wo's nicht gleich ist. Mit den Jahren ist es dann immer schwieriger geworden für die Studenten zu unterscheiden."
Je alltäglicher also der mp3-Konsum, desto tauber scheinen die Ohren für die Manipulationen von mp3 zu werden. Es geht aber noch weiter: Die Fälschung wird anscheinend zunehmend für das Original gehalten. Bei einem ebenfalls mehrjährigen Versuch an der kalifornischen Stanford-Universität kam heraus, dass immer mehr Studenten mp3 gegenüber dem unkomprimierten Signal bevorzugen.
"mp3 reduziert die Informationen und macht es für das Ohr einfacher und bequemer, die Informationen aufzunehmen."
Sagt Rolf Bader, Professor der Musikwissenschaften in Hamburg, und hat zur Erklärung ein vergleichendes Bild parat:
"Viele Kids ernähren sich hauptsächlich von Fastfood. Wenn diese Leute dann mal was Gutes essen, dann ist der Körper, der Magen, gar nicht mehr in der Lage, das zu verarbeiten. Analogie zum mp3: Wenn die Leute mal was Tolles hören, dann können die das gar nicht mehr verarbeiten, gar nichts mehr damit anfangen."
Demnach würden weniger Daten-Informationen ein Zuhören mit weniger Aufwand ermöglichen. Doch beim Thema Zuhören winkt Professor Rolf Bader nur ab:
"Das ist teilweise erschreckend, wie wenig die Leute heute noch hören können. Das trainieren von Hören ist 'ne Kunst, die geht gegen null. Die Leute wollen im Sound was erleben. Sie hören dem Sound nicht zu, sondern sie wollen durch den Sound ein Gefühl vermittelt bekommen."
Wenn Hamburger Studenten mit dem Soundtrack ihres Alltags auf den Ohren durchs Viertel gehen, dann kommen sie am Hifi- und Hi-End-Geschäft "Audiophonie" vorbei. Manche von ihnen sehen gar keinen Sinn in den Geräten, die hier im Schaufenster stehen. Geschäftsführer Jörg Schütt:
"Ein Student meinte, es ist ja wissenschaftlich längst bestätigt, dass mp3 genauso gut klingt wie eine CD oder Schallplatte. Ich:' Ok, du kannst uns ja gerne mal besuchen, dann bringst du deine Festplatte mit oder deinen mp3-Player mit und dann hören wir im Vergleich mal die CD.' Der stand drei Tage später hier mit seinem Rechner, mit eigenen CDs, die wir dann nicht komprimiert über einen CD-Player hören konnten, und dann alternativ über seinen Computer.
Das Ergebnis war so: Der Student war so erschrocken. Er meinte, er hätte es nie gedacht, dass die Unterschiede so groß sind, weil er hatte es noch nie direkt im Vergleich und auch noch nicht über eine gute Anlage. Er saß hier mindestens drei Stunden und hat Musik gehört und war einfach nur irritiert, wie gut Musik klingen kann."
Trotz mp3-Fastfood bleiben also die Fähigkeiten der Ohren erhalten, natürlichere Klangfarben, größere Räumlichkeit und Dynamik zu entdecken. Unsere hochauflösende Umwelt bietet da ein unbestechliches Training - wenn denn die Kopfhörer mal ab sind.