Münchner Opernfestspiele

Wer Vögel liebt, liebt auch den, der ihnen predigt: Ein großes Vogelkonzert steht im Mittelpunkt von Olivier Messiaens Oper über den Heiligen Franziskus von Assisi. Es ist eines der monumentalsten Bühnenwerke der Musikgeschichte, Aufführungen sind wegen der enormen Anforderungen selten. Mit Kent Nagano wurde "Saint François d’Assise" an der Münchner Staatsoper von einem der besten Kenner dirigiert.
Es war höchste Zeit, dass dieses große Werk in Deutschlands größtem Opernhaus Einzug hielt: Die Bayerische Staatsoper mit ihrer schieren Dimension, ihrem künstlerischen und logistischen Vermögen und ihrer Wagner-Tradition ist das ideale Haus für Messiaens "franziskanische Szenen" in acht Bildern. Und angesichts des offenkundig sehr wohlhabenden Münchner Festspielpublikums kann ein Nachdenken über freiwillige Armut und Nächstenliebe – wie vom Heiligen Franziskus radikal vorgelebt – zumindest nicht schaden.

Für drei so bejubelte wie umstrittene Vorstellungen kam Messiaens Franziskus-Oper nach München: Bejubelt wegen der exzeptionellen Leistung von Kent Nagano und dem Bayerischen Staatsorchester sowie der Sänger Paul Gay und Christine Schäfer; umstritten wegen des szenischen Arrangements von Hermann Nitsch, dem Apostel des blutdurchtränkten, maßlosen "orgien mysterien theater".

Maßlos war Messiaen allerdings auch – sein Werk über "das langsame Eingehen der Göttlichen Gnade in die Seele eines unserer größten Heiligen" sollte das Publikum akustisch und optisch blenden, und zwar bis an die physische Schmerzgrenze. Bei einer solchen Ästhetik muss jeder Radio-Mitschnitt verblassen – andererseits kann man sich nirgendwo besser auf diese überwältigende Musik einlassen, an der Messiaen zwischen 1975 und 1983 fieberhaft arbeitete. Ein junger Dirigent lebte damals mehrere Monate bei Messiaen in Paris, um das entstehende Werk Takt für Takt zu studieren – einer, der dieses Werk dann nach Meinung des Komponisten "mit geradezu genialer Meisterschaft" dirigierte. Sein Name: Kent Nagano, heute Generalmusikdirektor der Bayerischen Staatsoper.


Bayerische Staatsoper München
Aufzeichnung vom 1.7.11

Olivier Messiaen
"Saint François d’Assise"
Franziskanische Szenen in drei Akten und acht Bildern
Text vom Komponisten

L’Ange – Christine Schäfer, Sopran
Saint François – Paul Gay, Bariton
Le Lépreux – John Daszak, Tenor
Frère Léon – Nikolay Borchev, Bariton
Frère Massée – Kenneth Roberson, Tenor
Frère Élie – Ulrich Reß, Tenor
Frère Bernard – Christoph Stephinger, Bass
Frère Sylvestre – Rüdiger Trebes, Bass
Frère Rufin – Peter Mazalán, Bass
Chor der Bayerischen Staatsoper
Bayerisches Staatsorchester
Leitung: Kent Nagano


ca. 19:15 Uhr nach dem 1. Akt
Olaf Wilhelmer im Gespräch mit Hermann Nitsch
über seine Münchner Messiaen-Inszenierung

ca. 21:20 Uhr nach dem 2. Akt
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