"Judenhass ist wieder salonfähig geworden"
Florian Gleibs ist Gastronom und hat 16 Jahre lang das jüdische Restaurant "Schmock" in München betrieben. Jetzt hat er sich entschlossen, es zu schließen - die Gründe liegen vor allem im veränderten gesellschaftlichen Klima, meint er.
Deutschlandradio Kultur: Das Schmock gab es 16 Jahre – warum schließen Sie es jetzt?
Florian Gleibs: Ja richtig, es gab uns 16 Jahre. Das lief anfänglich auch außerordentlich gut, wir hatten eine große Anhängerschaft. Aber 2014 mit dem Gaza-Krieg ist das gekippt. Plötzlich sahen wir uns mit all diesen Debatten konfrontiert: "Wie könnt ihr denn Wein von den Golan-Höhen anbieten, das ist doch besetztes Gebiet?" Oder: "Ihr Juden wisst doch als Opfer, wie sich das anfühlt?" Irgendwann hatte ich das satt – wir sind doch keine israelische Außenstelle!
Deutschlandradio Kultur: Als sie eröffneten, warben Sie etwa mit dem Slogan "Deutsche, esst bei Juden" – das war absichtlich provokant. Haben Sie solche Reaktionen nicht erwartet?
Gleibs: Es war eine bewusste Entscheidung, da so humorvoll ranzugehen. Damals ging das auch noch, da war das Klima auch noch anders. Das war natürlich einfach unsere Werbung – für die wir irgendwann in Sippenhaft genommen wurden.
Deutschlandradio Kultur: Sie sagen, blanker Judenhass komme zunehmend unter dem Deckmantel der Israelkritik daher. Warum ist das so?
Gleibs: Endlich haben Judenhasser den Schlüssel gefunden, den Juden ans Bein zu pissen, indem sie Israel kritisieren. Das konnte man früher nicht, jetzt geht das wieder. Judenhass war nie weg, doch durch solche Gruppierungen wie Pegida ist das wieder salonfähig geworden – das ist doch völlig irre.
"Am Essen liegt es nicht"
Deutschlandradio Kultur: Also blieben ihnen die Kunden weg, weil sich die Deutschen wieder schwer tun, bei Juden einzukaufen? Ja, das wäre in der Tat irre.
Gleibs: Ich habe das Gefühl, dass das eher die empfundene Terrorgefahr ist, die die Leute wegbleiben lässt. Wenn bei uns ein Unternehmensberater seinen Koffer in der Ecke abstellt, um hinten was essen zu gehen, fragen sofort drei Leute, wem der Koffer gehört. Die Leute fühlen sich unsicher und bleiben vor allem deshalb weg. Am Essen liegt es jedenfalls nicht: Ich habe noch zwei andere Restaurants, das eine heißt "Meschugge" - und da kommt verschiedene Küche auf die Teller, unter anderem auch jüdische, und das klappt ganz wunderbar. Dabei ist das genau dasselbe, nur unter einem anderen Deckmantel.
Deutschlandradio Kultur: Sie werden das "Schmock" neu eröffnen, unter einem anderen Namen und mit laotischer Küche. Wie kamen Sie dazu?
Gleibs: Asiatisch liegt voll im Trend und geht immer. Das ist weit weg, da haben die Leute keine Berührungspunkte - ich habe mich dafür entschieden, einfach, weil es total unproblematisch ist.