Hatschepsut - die mächtigste Frau Ägyptens
Hatschepsut regierte als Pharaonin im Alten Ägypten: Ihre sterblichen Überreste galten über 3000 Jahre als verschollen. Vor zehn Jahren gelang es ägyptischen Wissenschaftlern, eine mehr als ein Jahrhundert zuvor entdeckte Mumie zu identifizieren - als die der Herrscherin.
Es sei die bedeutendste Entdeckung seit dem Fund des Grabes von Tutanchamun, verkündete der Chef der ägyptischen Altertumsbehörde Zahi Hawass am 27. Juni 2007 auf einer Pressekonferenz im ägyptischen Museum in Kairo. Man habe die Mumie der legendären Pharaonin Hatschepsut, die über 3000 Jahre als verschollen gegolten hatte, nun endlich identifizieren können. Von Hatschepsut existierte bislang nur ein versiegelter Kanopenkasten in den Museumsbeständen. In solchen Kästen pflegten die alten Ägypter die bei der Mumifizierung entfernten Eingeweide separat beizusetzen.
Die Wissenschaftler hatten darin auch einen Backenzahn entdeckt. Mit Hilfe von neuen, computertomografischen Tests konnten sie diesen Zahn nun einer bis dahin unbeachteten weiblichen Mumie zuordnen, die der britische Archäologe Howard Carter schon 1903 im Tal der Könige gefunden hatte.
"Auf diesem Kasten steht der Name der Königin Hatschepsut. Wir haben den Kasten mit einem Scanner untersucht und fanden dort Magen, Leber und diesen Zahn. Die Dame war dick, 50 Jahre alt, hatte Diabetes und starb an Krebs”, so Hawass.
Hatschepsut hielt die Fäden in der Hand
"Hatschepsut heißt so etwas wie 'diejenige, die an der Spitze der edlen Damen steht'", erklärt der Kurator der ägyptischen Sammlung des August Kestner Museums in Hannover, Christian Loeben. Sie war die Tochter des bedeutenden Pharaos Tutmoses I. und die mächtigste Frau im alten Ägypten.
"Hatschepsut hat einen ihrer Brüder geheiratet. Das war Tutmoses II. Aber der ist sehr früh gestorben und ein Sohn dieses Tutmoses II. mit einer anderen Frau war dann Tutmoses III., sozusagen ein Stiefkind der Hatschepsut. Der war aber höchstwahrscheinlich erst zwei, drei Jahre alt. Und deswegen hat seine Stiefmutter die Regierungsgeschäfte für ihn übernommen", so Loeben weiter.
Nach einigen Jahren kommissarischer Regentschaft ernannte sie sich schließlich selbst zum Pharao. Zwar galt Tutmoses III. offiziell als Mitherrscher, aber Hatschepsut bestimmte allein die Politik Ägyptens. Um sich zu legitimieren, erklärte sie offiziell den höchsten ägyptischen Gott Arun zu ihrem Vater. Sie ließ einen legendären Totentempel errichten und die Geschichte ihrer göttlichen Zeugung in die Wände der religiösen Kultstätte meißeln:
"Es spricht Amun-Re, der Herr des Himmels: Ich habe meiner Tochter das Königtum und das Amt des Atum gegeben. So wie sie liebt, möge sie leben."
Nur ein Pharao auf dem Thron
Hatschepsut regierte gut zwei Jahrzehnte. Sie trug die Pharaonentracht mit Krone, Kopftuch und künstlichem Bart. Während sich ihr Stiefsohn Tutmoses III. als Krieger einen Namen machte, widmete sie sich vor allem der Baukunst und dem Handel. Aus dem legendären Goldland Punt, vermutlich in Somalia oder im heutigen Eritrea gelegen, importierte sie Gold, Weihrauch und Elfenbein und verhalf Ägypten zu Wohlstand.
Nach ihrem Tod regierte Tutmoses III. allein als Pharao. 20 Jahre später ließ er den Namen Hatschepsuts von den Tempelwänden wieder entfernen, erzählt Loeben:
"Man hat sich offensichtlich überlegt, dass wenn zwei Pharaonen auf dem Königsthron sitzen, es nicht vorgesehen ist in Ägypten, dass es dann für die dynastischen Folgen der Zukunft Probleme geben könnte. Und dort wurde dann überlegt, dass man eventuell Hatschepsut im Nachherein auslöscht, um der Nachwelt zu suggerieren, es gab nie diese Phase von zwei Pharaonen auf dem Thron, sondern es gab immer nur Tutmoses III."
Deshalb wurde in Kairo die Identifizierung von Hatschepsuts Mumie erst recht als Sensation gefeiert, weil manche Archäologen vermutet hatten, sie sei vielleicht vernichtet worden. Aber es gibt auch Wissenschaftler, die daran zweifeln, dass der Nachweis der Identität Hatschepsuts tatsächlich gelungen sei, erläutert Loeben:
"Alles hängt an dem Umstand, dass wir wirklich davon ausgehen müssen, dass ein Zahn in einer Kiste der Person gehört, deren Namen auf der Kiste steht. Und dann kann man das glauben, oder man kann es nicht glauben."