Museum der Woche
In Berlin findet sich ein Kleinod für Kinder und Jugendliche: ein Museum, das einlädt mitzumachen, anzufassen, nachzuforschen und so Lokalgeschichte lebendig werden lässt, das Jugendmuseum in Berlin-Schöneberg.
Das Zimmer ist nicht größer als vier Quadratmeter. Zwei Polstersessel stehen neben einem kleinen Tisch in der Mitte des Raums. Auf dem Tisch liegt ein geöffnetes Fotoalbum. An den Wänden hängen Bilder aus Anatolien. Leise Musik ist zu hören. Ein Bett ist auch da: kitschig schön mit Rüschen- und Spitzenkissen geschmückt. Es ist das Zimmer von Frau Yüsel.
Ist man im Zimmer, fühlt sich fast so an, als hätte Frau Yüsel das Zimmer nur für kurze Zeit verlassen. Doch der Eindruck täuscht! Frau Yüsels Zimmer ist eines von 14 Zimmern in der "Villa Global", so der Name einer der beiden Dauerausstellungen im Berliner Jugendmuseum Schöneberg.
"Dort kommt man in eine Situation, wo beispielsweise eine türkische Frau gerade das Beschneiddungsfest für ihren Sohn vorbereitet. Man kann in einen iranischen Raum gehen, wo ein iranischer Historiker lebt, der aber gleichzeitig leidenschaftlicher Koch ist. Man lernt ein kurdisches Mädchen kennen, das hier geboren ist, für sich aber entschieden hat, Botschafterin im Sinne der Kurden zu werden, und so weiter."
Petra Zwaka. Seit 1991 ist sie hier die Museumsdirektorin.
"Diese Ausstellung eignet sich für Kinder ab zehn Jahren und dann aufwärts, also wir beobachten, dass sehr viele Erwachsene sehr gerne in diesen Räumen bleiben, weil sie dazu einladen, dass man Schubladen öffnet, Vorhänge zur Seite schiebt, Fotoalben anschaut, also relativ private Dinge. Dies ist erlaubt, weil nur so sich diese Person erschließt."
Die jungen Besucher sollen eintauchen in die Geschichte dieses Berliner Bezirks, der einst ein kleines Dorf war und heute mit seinen 340.000 Mitbürgern zu einem multikulturellen Großstadtviertel herangewachsen ist.
Die "Villa Global" erzählt also jüngste Schöneberger Lokalgeschichte und das äußerst anschaulich: Denn zu hören gibt es auch etwas, per Knopfdruck etwa.
Staubige Glasvitrinen sucht man in dieser einstöckigen Gründerzeitvilla vergebens. Vielmehr finden sich hier sogenannte Wunderkammern und Wunderkisten. Sie sind die zweite Dauerausstellung und das preisgekrönte Herzstück des Jugend Museums.
"Das ist eine Ausstellung, die in 27 großen Transportkisten gezeigt wird und die Themen aus der Lokalgeschichte, der Regionalgeschichte aufgreift. Und da erfährt man etwas über die Geschichte dieses Hauses, man erfährt wie diese Stadt gewachsen ist, also Schöneberg vom Dorf zur Stadt. Man erfährt aber auch generell, wie kam das Licht in die Stadt, was bedeutet Infrastruktur, was haben da für Menschen gelebt."
Petra Zwaka ist heute noch begeistert über die einfache wie geniale Idee, mit Hilfe authentischer Objekte, Geschichte begreifbar zu machen, und das im wahrsten Sinne des Wortes. Denn jeden Gegenstand in einer solchen Wunderkammer kann man anfassen. Wie etwa den Koffer einer alten Dame, in dem ein Rechenschieber, Nähzeug, Briefe und altmodische Reiseschuhe liegen, oder aber die Pistole, die einer berüchtigten Räuberbande gehörte, die hier in Schöneberg Anfang des 19. Jahrhunderts ihr Unwesen trieb.
"Und um Kinder nicht nur auf dieser passiven Ebene zu lassen, dass sie nur schauen, gibt es dazu ein Kinderarchiv, wo sie dann bestimmte Objekte noch mal genauer recherchieren und anfassen können, weil unsere Erfahrung war, dass Kinder am liebsten dort sind, wo sie nicht hingehören, im Depot oder im Keller, da suchen sie am liebsten rum und wir haben diese Beobachtung dann zum Konzept gemacht."
Automatisch wird man damit zum kleinen Archivar: In den Wunderkisten ist alles in Seidenpapier gewickelt, es gibt eine Archivierungskartei und eine dazugehörige Findliste. Der Fantasie sind so keine Grenzen gesetzt:
"Stell dir vor, wie es war, als dieses Objekt noch einem Menschen gehörte, dann kann man dazu malen und zeichnen oder eine kleine Theaterszene dazu entwickeln, wir haben einen Kostümfundus, wo die Kinder sich verkleiden können und dann unter Anleitung von Theaterpädagogen eine kleine Zeitreise machen."
Eine Zeitreise machen kann man auch im Geschichtslabor, das dritte Standbein dieses überaus vielfältigen Museums. Hier geht es um die Geschichte zwischen 1933 und 1945. Im Geschichtslabor muss jeder selbst ermitteln.
Mit dem "Geschichtslabor", so die Hoffnung, werden die Kinder immun gemacht gegen Fremdenfeindlichkeit, und das Konzept scheint aufzugehen: Das Jugend Museum hat sich zu einem kleinen, aber feinen Geheimtipp für Schulklassen entwickelt.
Jährlich kommen mehr als 15.000 junge Besucher hierher. Sie verbringen hier ganze Projekttage und nicht selten kommen viele von ihnen auch am Nachmittag, wenn die Schule längst vorbei ist, wieder. Lokalgeschichte kann eben echt spannend sein.
Ist man im Zimmer, fühlt sich fast so an, als hätte Frau Yüsel das Zimmer nur für kurze Zeit verlassen. Doch der Eindruck täuscht! Frau Yüsels Zimmer ist eines von 14 Zimmern in der "Villa Global", so der Name einer der beiden Dauerausstellungen im Berliner Jugendmuseum Schöneberg.
"Dort kommt man in eine Situation, wo beispielsweise eine türkische Frau gerade das Beschneiddungsfest für ihren Sohn vorbereitet. Man kann in einen iranischen Raum gehen, wo ein iranischer Historiker lebt, der aber gleichzeitig leidenschaftlicher Koch ist. Man lernt ein kurdisches Mädchen kennen, das hier geboren ist, für sich aber entschieden hat, Botschafterin im Sinne der Kurden zu werden, und so weiter."
Petra Zwaka. Seit 1991 ist sie hier die Museumsdirektorin.
"Diese Ausstellung eignet sich für Kinder ab zehn Jahren und dann aufwärts, also wir beobachten, dass sehr viele Erwachsene sehr gerne in diesen Räumen bleiben, weil sie dazu einladen, dass man Schubladen öffnet, Vorhänge zur Seite schiebt, Fotoalben anschaut, also relativ private Dinge. Dies ist erlaubt, weil nur so sich diese Person erschließt."
Die jungen Besucher sollen eintauchen in die Geschichte dieses Berliner Bezirks, der einst ein kleines Dorf war und heute mit seinen 340.000 Mitbürgern zu einem multikulturellen Großstadtviertel herangewachsen ist.
Die "Villa Global" erzählt also jüngste Schöneberger Lokalgeschichte und das äußerst anschaulich: Denn zu hören gibt es auch etwas, per Knopfdruck etwa.
Staubige Glasvitrinen sucht man in dieser einstöckigen Gründerzeitvilla vergebens. Vielmehr finden sich hier sogenannte Wunderkammern und Wunderkisten. Sie sind die zweite Dauerausstellung und das preisgekrönte Herzstück des Jugend Museums.
"Das ist eine Ausstellung, die in 27 großen Transportkisten gezeigt wird und die Themen aus der Lokalgeschichte, der Regionalgeschichte aufgreift. Und da erfährt man etwas über die Geschichte dieses Hauses, man erfährt wie diese Stadt gewachsen ist, also Schöneberg vom Dorf zur Stadt. Man erfährt aber auch generell, wie kam das Licht in die Stadt, was bedeutet Infrastruktur, was haben da für Menschen gelebt."
Petra Zwaka ist heute noch begeistert über die einfache wie geniale Idee, mit Hilfe authentischer Objekte, Geschichte begreifbar zu machen, und das im wahrsten Sinne des Wortes. Denn jeden Gegenstand in einer solchen Wunderkammer kann man anfassen. Wie etwa den Koffer einer alten Dame, in dem ein Rechenschieber, Nähzeug, Briefe und altmodische Reiseschuhe liegen, oder aber die Pistole, die einer berüchtigten Räuberbande gehörte, die hier in Schöneberg Anfang des 19. Jahrhunderts ihr Unwesen trieb.
"Und um Kinder nicht nur auf dieser passiven Ebene zu lassen, dass sie nur schauen, gibt es dazu ein Kinderarchiv, wo sie dann bestimmte Objekte noch mal genauer recherchieren und anfassen können, weil unsere Erfahrung war, dass Kinder am liebsten dort sind, wo sie nicht hingehören, im Depot oder im Keller, da suchen sie am liebsten rum und wir haben diese Beobachtung dann zum Konzept gemacht."
Automatisch wird man damit zum kleinen Archivar: In den Wunderkisten ist alles in Seidenpapier gewickelt, es gibt eine Archivierungskartei und eine dazugehörige Findliste. Der Fantasie sind so keine Grenzen gesetzt:
"Stell dir vor, wie es war, als dieses Objekt noch einem Menschen gehörte, dann kann man dazu malen und zeichnen oder eine kleine Theaterszene dazu entwickeln, wir haben einen Kostümfundus, wo die Kinder sich verkleiden können und dann unter Anleitung von Theaterpädagogen eine kleine Zeitreise machen."
Eine Zeitreise machen kann man auch im Geschichtslabor, das dritte Standbein dieses überaus vielfältigen Museums. Hier geht es um die Geschichte zwischen 1933 und 1945. Im Geschichtslabor muss jeder selbst ermitteln.
Mit dem "Geschichtslabor", so die Hoffnung, werden die Kinder immun gemacht gegen Fremdenfeindlichkeit, und das Konzept scheint aufzugehen: Das Jugend Museum hat sich zu einem kleinen, aber feinen Geheimtipp für Schulklassen entwickelt.
Jährlich kommen mehr als 15.000 junge Besucher hierher. Sie verbringen hier ganze Projekttage und nicht selten kommen viele von ihnen auch am Nachmittag, wenn die Schule längst vorbei ist, wieder. Lokalgeschichte kann eben echt spannend sein.