Sie sind das Ende eines jeden Museumsbesuches und oft eine wahre Wunderkammer: Museumsshops. Manche Besucher beginnen hier sogar aus Neugier den Rundgang durchs Haus. Am Ende verlässt man die Ausstellungshäuser beschwert durch hübsche, aber meist unnütze Staubfänger. Doch gibt es neben Bildbänden, Radiergummis, Stiften, Postkarten, T-Shirts und Umhängetaschen auch Gegenstände, die den Geist eines Museums aufs Schönste interpretieren und verkörpern? Wir haben für die "Fazit"-Winterserie wieder unsere Autoren in ihre Lieblingsmuseen geschickt – auf der Suche nach dem ultimativen Objekt.
24.12. Ultimatives Objekt #1
Kassel: "Pechkekse" als Eintrittskarte zur Hölle (Von Ludger Fittkau)
25.12. Ultimatives Objekt #2
Buenos Aires: Evita als Metall-Relief (Von Victoria Eglau)
26.12. Ultimatives Objekt #3
Paris: Die Postkartendame von 1760 (Von Jürgen König)
27.12. Ultimatives Objekt #4
London: Ai Weiwei-Gliederpuppe aus Holz (Von Friedbert Meurer)
28.12. Ultimatives Objekt #5
Weimar: "Faust I" und "Faust II" als Handschuhe (Von Henry Bernhard)
29.12. Ultimatives Objekt #6
Wismar: Die Wasserrakete zum Selbstbasteln (Von Silke Hasselmann)
Die patriotische Brosche der Evita
Ihr Gesicht ist in der ganzen Welt bekannt, ihr Leben wurde verfilmt – Eva Perón, die mit 33 Jahren an Krebs gestorbene Frau des Präsidenten Perón. In Buenos Aires ist ihr das "Museo Evita" gewidmet, und im Museumsshop kann man ein glamouröses Souvenir kaufen.
In der Glasvitrine des Shops im "Museo Evita" glitzert es verführerisch. Eine mit Strass besetzte Brosche liegt dort, die einer wehenden argentinischen Flagge nachempfunden ist: Zwei blaue und ein weißer Streifen, in der Mitte eine gelbe Sonne. Sie ist mit Abstand das eleganteste Objekt in dem Laden, in dem es auch Evita-Tassen, Flaschenöffner und Lesezeichen gibt.
"Was wir hier verkaufen, ist eine Replik aus Metall und Strass der Originalbrosche, die Eva Perón zu tragen pflegte."
… erklärt Micaela Dominguez, verantwortlich für den Museumsshop. Umgerechnet gut 20 Euro kostet der Anstecker. Zwar ist der Preis des Originals nicht bekannt, doch dürfte er in die Hunderttausende von US-Dollar gegangen sein. Die Brosche aus Platin, Diamanten und Saphiren bekam Evita 1948 von dem Schifffahrtsunternehmer Alberto Dodero geschenkt, der enge geschäftliche Kontakte zur Regierung von Juan Domingo Perón pflegte. Dodero erstand das wertvolle Schmuckstück bei dem bekannten französischen Juwelier Van Cleef and Arpels. Und Evita, Beschützerin der Armen, trug die patriotische Brosche gerne – am liebsten am Blazer-Revers, links, über dem Herzen.
Santiago Regolo, wissenschaftlicher Museumsmitarbeiter:
"Eva Perón hat ihre Vorliebe für elegante Kleider nie verhehlt. Außerdem war sie eine Staatsfrau, und dazu gehörten eine bestimmte Garderobe und Accessoires, die Macht ausdrückten. Kein Zweifel, der Unternehmer Dodero hat sein Geschenk klug gewählt."
Das Original lag auf ihrem Nachttisch
Besonders bei wichtigen politischen Anlässen steckte Eva Perón sich die funkelnde Fahne an – das belegen auch historische Fotos. Micaela Dominguez vom Shop des Evita-Museums:
"Normalerweise sind es Argentinier, die die Geschichte der Brosche kennen und deshalb das Imitat kaufen. Aber auch manche ausländische Besucher nehmen es mit."
Das Original soll bis zu Evitas frühem Tod auf ihrem Nachttisch gelegen haben – das hat ihre Krankenschwester erzählt. Danach verlor sich die Spur des edlen Schmuckstücks. Möglich ist, dass es nach dem Sturz Peróns 1955 von der nachfolgenden Militärregierung konfisziert wurde – wie so viele andere Besitztümer des Präsidenten-Ehepaars.
1998 wieder aufgetaucht
Erst 1998 tauchte die Brosche wieder auf und wurde bei einer Christie's-Auktion in New York für fast eine Million Dollar an einen anonymen Käufer versteigert – den Scheich von Brunei, wurde damals gemunkelt. 2014 schließlich erwarb ein argentinischer Unternehmer die Glitzer-Fahne – unklar ist aber, ob es sich tatsächlich um das Original handelt.
Und die Argentinier, sie haben die Odyssee von Evitas kostbarem Anstecker erstaunt verfolgt – egal, wie sie zu ihr stehen:
"Bis heute ist es so, dass Argentinier sofort reagieren, wenn sie auf Eva Perón angesprochen werden. Die einen lieben, die anderen hassen sie – aber keinen lässt Evita gleichgültig."