Drei Mal mehr Kunst
Nach mehreren Jahren Umbau und Erweiterung wird das "San Francisco Museum of Modern Art" nun wieder eröffnet. Mit rund 14.000 Quadratmeter Fläche ist es drei Mal so groß wie vorher - und kann fast mit dem New Yorker MoMA mithalten.
"Das hier ist der Teil des Gebäudes des Schweizer Architekten Mario Botta, von 1995: das Atrium, also der ehemalige Haupteingangsbereich, mit dem für Botta typischen großen Bullauge und der grau-weißen Streifung der Wände. Wir haben Bottas symmetrische durch eine neue asymmetrische Treppe ersetzt, die uns in den Museumsbereich mit der Kunst des 21. Jahrhunderts führt."
Ruth Berson, stellvertretende Kuratorin des "San Francisco Museum of Modern Art", kurz SFMOMA, ist überglücklich über die zusätzliche Ausstellungsfläche. Mit rund 14.000 Quadratmeter Fläche ist es jetzt drei Mal so groß wie vorher, und kann somit fast mit dem New Yorker MoMA mithalten. Ein neues Megamuseum also für moderne und zeitgenössische Kunst, im noch immer angesagten SoMA-Distrikt der kalifornischen Metropole.
Doch der neue Bauteil des SFMOMA fällt nicht gleich ins Auge: Er wurde, da der Baugrund begrenzt war, hinter dem bestehenden Gebäude von Botta angefügt und entwickelt sich in Form eines L. Der hässliche Hotel-Wolkenkratzer, der sich rechterhand der Hauptfassade erhebt, vereitelt den Blick auf den Neubau: Nur von der Howard Street aus kann die blütenweiße, wellenförmige Fassade eingesehen werden.
Wohin mit den vielen neuen Bildern und Skulpturen?
Ruth Berson bezweifelt, dass Mario Botta ebenso glücklich ist wie sie - über den Aus- und Umbau, der den von ihm entworfenen Atriumsbereich stark verändert hat:
"Wir haben ihm die Umbauarbeiten erklärt. Das Resultat hat er ja noch nicht gesehen. Er meinte: Das ist ja Ihr Gebäude, Sie können damit machen was sie wollen. Nach einer kurzen Pause fügte er dann hinzu: Aber ich werde sicherlich nicht schweigen, wenn mir das nicht gefallen sollte."
Der Aus- und Umbau des SFMOMA war dringend notwendig geworden. Doris Fisher hatte nach dem Tod ihres Mannes Donald, der neben seiner Tätigkeit als Textilunternehmer vor allem Kunstsammler war, etwa 260 Hauptwerke moderner und zeitgenössischer Kunst, dem SFMOMA vermacht. Platz für diese größte private US-Sammlung moderner und zeitgenössischer Kunst, mit Werken, die den Zeitraum von 1960 an abdecken, gab es allerdings nicht. Wohin also mit den vielen neuen Bildern und Skulpturen von Sol LeWitt, Alexander Calder, William Kentridge, Agnes Martin et cetera?
Für den Umbau fiel die Wahl auf Snøhetta. Der Entwurf des US-norwegischen Büros hatte sich an die präzisen Vorgaben der Auftraggeber zu halten. Snøhetta, auch das ist interessant, hat nie zuvor ein Museum entworfen.
"Der Museumsdirektor und ich bereisten, nachdem wir uns für Snøhetta entschieden hatten, mit den Architekten verschiedenen Museen in den USA und in Europa, um zu verdeutlichen, worum es uns ging: um zeitgenössische Architektur, die allerdings nicht im Vordergrund stehen, sondern eine ästhetische und zweckmäßige Hülle für die Kunst bieten sollte. So fanden wir eine gemeinsame Sprache, um uns auf dieses Gebäude zu einigen."
Der Eingriff, den Snøhetta vornahmen, schließt das ursprüngliche Bauwerk von Botta mit ein. Im Unterschied zu der Hauptfassade des Museums, die der Schweizer als rotfarbene Wand gestaltete und die sich an der 3th Street wie eine festungsartige Mauer erhebt und ein wenig abweisend wirkt, öffnet sich der große Anbau der Stadt. Snøhettas Grundkonzept mit seinen gratis zugänglichen Ausstellungsflächen bindet das Museum besser als vorher in die Umgebung ein.
Wellen aus über 700 Polymer-Glasfaserpaneelen
Ein Kunstwerk an sich ist die neue Ostfassade, ganz in weiß, die Wasserwellen nachempfunden wurde, und aus über 700 Polymer-Glasfaserpaneelen besteht. Sie enthalten Sandkristalle aus der nahen Monterey Bay. Sie spiegeln das Tageslicht, dadurch ändert sich die Fassadenfarbe im Laufe des Tages. Sämtliche neue Innenräume erinnern an die rational klare und somit eckige Architektur eines Mies van der Rohe: dominantes Weiß und wandgroße Fenster.
Viel Wert wurde auf das Zusammenspiel künstlicher und natürlicher Beleuchtung gelegt. Die meisten Innenwände können komplett verschoben werden und ermöglichen so verschiedene große Ausstellungsflächen. Neben der Fisher Collection, mit Werken von Alexander Calder, Andy Warhol, von Gerhard Richter, Richard Serra, Anselm Kiefer und anderen, kann das SFMOMA jetzt auch mehr als 250 Werke aus eigenen Beständen zeigen. Ein Teil des Neubaus beherbergt das Pritzker Center for Photography mit etwa 17.000 Fotografien.
Neu- und Umbaukosten: 610 Millionen Dollar
Der Neu- und Umbau kostete das San Francisco Museum of Modern Art stolze 610 Millionen Dollar: Geld, das einzig und allein durch private Spenden zusammen kam, erklärt Kuratorin Ruth Berson.
"Da wir ja ein privates Museum sind, bekommen wir keine öffentlichen Gelder. Wir sind eine nicht Profit orientierte Institution, die von privaten Geldgebern lebt. Die meisten der 26.000 Werke in unseren Beständen, Hauptwerke des 20. und 21. Jahrhunderts, von Klee über Duchamp, Pollock bis zu den jüngsten künstlerischen Tendenzen, sind Gaben von Mäzenen oder wurden mit den Mitteln unseres Kuratoriums angeschafft, und auch viele Bürger spendeten Geld."
Anders als viele deutsche Museen für zeitgenössische Kunst in öffentlicher Hand braucht sich das SFMOMA um die zukünftige Finanzierung laufender Kosten, um Geldmittel für Neuanschaffungen und den Erhalt der Kunstwerke keine Sorgen machen: Das Kuratorium aus Vielfachmillionären und Milliardären sorgt für einen nicht abreißenden Dollarfluss.