2000 Jahre an einem Ort
Die Stadt Köln plant direkt am Dom ihr nächstes Großprojekt: die "Historische Mitte" soll mehrere Museen in einem Neubau-Ensemble vereinen.
Köln, Anfang Oktober. Es sind die letzten Tage von Jürgen Roters als Oberbürgermeister der Stadt. Der 66-Jährige steht im Schatten des Doms, ein paar Meter von seinem Büro im Historischen Rathaus, weist auf einen eher nüchternen Zweckbau:
"Nach dem Abriss dieses nicht besonders schönen Verwaltungsgebäudes dann hier ein ganz neues Ensemble zu schaffen."
"Historische Mitte" wird dieses neue Ensemble auch genannt. Gemeint ist ein Neubau, in dem die Verwaltung des Römisch-Germanischen Museums, das Kurienhaus der Hohen Domkirche mit Archiv, Bibliothek und Finanzabteilung sowie die Sammlung des Kölnischen Stadtmuseums unterkommen sollen. Es wird das letzte große Projekt sein, das Roters als Oberbürgermeister der Millionenstadt auf die Schienen gesetzt hat:
"Es wird ein neues Ensemble errichtet von Museen, die bislang getrennt waren. Und zwar im unmittelbaren Umfeld der großen Kathedrale."
Langes Warten auf eine Renovierung
Für Roters, der mittlerweile weiter Richtung Dom gegangen ist, eine einmalige Gelegenheit: Zwar kämpft Köln seit Jahren mit einem strukturellen Haushaltsdefizit in dreistelliger Millionenhöhe. Zahlreiche Bauprojekte wie die Fertigstellung der Nord-Süd-Stadtbahn, die Sanierung der Oper, die Instandsetzung der maroden Rheinbrücken gehen in die Milliarden. Und doch ist Roters von den Plänen, die er erstmals im März 2014 öffentlich machte, überzeugt:
"Ich kann nur sagen, wenn eine große Chance da ist, die kommt in den nächsten hundert Jahren nicht wieder, muss man es jetzt tun."
Eine Meinung, der sich mittlerweile auch Roters Nachfolgerin im Amt, Henriette Reker, angeschlossen hat. Denn: Würden das Römisch-Germanische Museum sowie das Stadtmuseum einzeln saniert werden, würde dies rund 91 Millionen Euro kosten, ein Neubau mit der Neugestaltung des gesamten Roncalliplatzes wird dagegen mit bis zu 140 Millionen Euro veranschlagt. Die Differenz sei es wert, hat mittlerweile auch der Kölner Stadtrat gesagt, eine neue Lösung für die beiden Museen sowie die Domkirche zu schaffen.
Außerdem erhofft man sich in Köln eine Neugestaltung des Platzes. Mitte November gab es im Rat grünes Licht für einen Realisierungswettbewerb. Für Mario Kramp, Direktor des Kölnischen Stadtmuseums, eine längst überfällige Entscheidung. Seit 1958, der Eröffnung des Stadtmuseums im Zeughaus, wartet das Gebäude auf eine Renovierung.
Es ist nicht barrierefrei, auch eine Lüftung fehlt. Passiert nichts, müsse sein Haus geschlossen werden. Doch ungeachtet der baulichen und organisatorischen Fragen liegt für Kramp in der Zusammenführung der Museen auch eine große Chance, die 2000-jährige Geschichte der Metropole Köln endlich zusammenzuführen:
Dreiklang soll nur der Anfang sein
"Das Römisch-Germanische Museum macht mit den Bodenfunden, den Archäologischen Funden die ersten 1000 Jahre, wir machen die zweiten 1000 Jahre der Geschichte. Bis in Gegenwart und Zukunft hinein. Der Dom ist eine Konstante, der über allen eine Rolle spielt, auch in der Präsentation und auch natürlich noch real dann direkt nebenan und gegenüber."
Und zieht als Touristenmagnet zudem noch weitere Besucher. Doch dieser Dreiklang soll nur der Anfang sein. Roters und Kramp schwebt mehr vor:
"Es ist der Auftakt zur Via Culturalis, zum Weg vom Dom über diesen Museumskomplex, Rathaus, Archelogische Zone, Wallraff, Sankt Maria im Kapitol. Also eine bisher eher noch ungeschlachtete und halb gestaltete Stadtlandschaft im Herzen des 2000 Jahre alten Köln."
Noch ist diese Vision einer einheitlichen, auf sich abgestimmten Führung durch die ursprüngliche historische Stadt Kölns Zukunftsmusik. Auf dem Weg dominieren derzeit eher Baustellen und einzelne Zweckbauten aus den 70er-Jahren das Bild. Sobald die Entwurfsplanung inklusive einer Kostenrechnung aufgestellt ist, entscheidet der Rat final über den Umbau. Museumsdirektor Kramp:
"Wenn es so kommt, wie es im Moment in der Planung ist, mehr kann man noch nicht sagen, es ist ja noch nicht einmal der Wettbewerb gelaufen, dann werden wir 2022, 2023 da in einen Neubau ziehen, aber die Frage ist ja: Bleiben wir solange hier im Zeughaus?"
Hoffen auf eine schnelle Realisierung
Kramps Horrorszenario: Das Museum muss ausziehen, bevor es einen Neubau gibt, da das alte Gebäude schlicht zu baufällig ist. Jede Interimslösung ist Kramp ein Gräuel. Auch deswegen hofft er auf eine schnelle Realisierung der Neubaupläne – obwohl er die kritischen Stimmen in der Bevölkerung durchaus kennt und nachvollziehen kann. Doch gerade deswegen – angesichts der Schwierigkeiten und Risiken, die eine Sanierung bietet – hat sich Kramp eben für den Neubau ausgesprochen.
Damit sich die Bauarbeiten in Dom-Nähe nicht endlos in die Länge ziehen, will die Stadtverwaltung schon ab dem kommenden Jahr zehn Stellen allein für die Umgestaltung des Roncalliplatzes schaffen: Fünf Ingenieure, zwei Techniker sowie eine Verwaltungskraft. Befürchtungen dass es hier zu einem ähnlichen Debakel wie bei der Sanierung des Kölner Opernquartiers kommen wird, teilt der heutige Alt-OB Roters nicht. Er verweist stattdessen ebenfalls auf den Faktor Neubau:
"Es ist ja nicht so übermäßig kompliziert. Es ist keine Elb-Philharmonie, es ist kein Flughafen in Berlin, sondern es ist ein neues Museum und viele, viele andere Städte haben das auch gebaut."