Ein Held mit kleinen Kratzern
Das Leben des südafrikanischern Anti-Apartheid-Kämpfers und Politikers mit viel Pomp auf der Bühne. Das hätte schief gehen können – tut es aber nicht. Der Soundtrack der "Mandela Trilogy" ist prächtig, und der Held bleibt menschlich, etwa wenn es um seine Frauengeschichten geht.
Uraufgeführt wurde das Stück bereits 2010, als gerade die Fußball-Weltmeisterschaft in Südafrika stattfand und Nelson Mandela noch lebte. Doch die Öffentlichkeit interessierte sich damals vor allem für knappe Tore, verpatzte Elfmeter und athletische Pässe, die "Mandela Trilogie" wurde kaum wahrgenommen. Jetzt geht diese folk opera auf große Europa-Tournee und gastiert aktuell im Deutschen Theater München.
Warum eine Trilogie? Weil sich die kreativen Köpfe der Cape Town Opera eine eher ungewöhnliche Herangehensweise ausdachten. Es gibt drei Akte mit ganz unterschiedlicher Musik, Mandelas Kindheit und Jugend hat der Komponist Louis van Dijk sehr perkussiv angelegt, der Tonsatz ist hörbar geprägt von traditionellen Rhythmen und Gesängen der Xhosa, einer Volksgruppe, zu der Nelson Mandela gehörte. Akt Nummer zwei führt nach Johannesburg, wir erleben den aufstrebenden Rechtsanwalt und Bürgerrechtler Mandela, Mike Campell schrieb dafür einen prächtigen Soundtrack mit viel Jazz, Afrobeats und Showeinlagen im Stil der großen Hollywood-Musicals. Der Schlussteil bietet ausführliche, pathetische Trauerszenen im Gefängnis auf Robben Island und kraftvolle Chorpassagen mit einem wuchtigen Finale. Die Musik stammt wiederum von Louis van Dijk.
Das Ensemble der Cape Town Opera singt ausnahmslos gut
Erfreulicherweise versteht man unter einer Hommage hier keine ungebrochene Jubelveranstaltung, die Macher gehen durchaus - ein klein wenig - kritisch mit ihrem Helden um. Nelson Mandelas zahlreiche Frauengeschichten spielen eine Rolle, etwa wenn ihn seine Gattin im Nachtclub aufstöbert und einfach mal nachfragt, warum er nie zuhause ist. Die Antwort: Es gehe um eine wichtige politische Angelegenheit, da müsse man eben Überstunden machen, auch nachts...
Regisseur und Textautor Michael Williams zeigt das Leben und Wirken Mandelas in klaren Bildern und in genau passender Ausstattung - weder zu sparsam noch zu pompös. Das Ensemble der Cape Town Opera agiert mit vollem Körpereinsatz und singt ausnahmslos gut. Dirigent Albert Horne ist ein Import aus Südafrika, aber das Orchester dafür ein echtes bayerisches Gewächs: die Münchner Symphoniker. Zwei Dutzend Musiker sitzen im Graben und fühlen sich wirklich wohl bei all den rasch wechselnden Klangmischungen. An der Isar wetteifern ja diverse Spitzenklangkörper miteinander, daher ist es besonders schön, dass die sonst eher unscheinbaren Symphoniker hier einmal selbstbewusst in den Fokus der Öffentlichkeit treten.
Nachgearbeitet werden müsste allerdings noch bei der Akustik. Dass sämtliche Solisten und Musiker elektronisch verstärkt werden, geht bei solch einem zwischen Musical, Revue und Oper schwankenden Projekt zwar in Ordnung, doch dröhnt manches einfach zu laut. Ein weiterer, diesmal inhaltlicher Einwand: Es gibt eigentlich keine Nummer, die man mitsingen kann oder die einem nach der Vorstellung noch in Kopf und Ohr herumschwirrt. Doch insgesamt überzeugt die "Mandela Trilogie" und hebt sich deutlich von der üblichen Kommerzkonkurrenz ab.