Die gründliche Umwälzung aller Verhältnisse
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Wenn von Musik und Revolution die Rede, gibt es zwei Phänomene: Musik, die für revolutionäre Bewegungen geschrieben wird und musikalische Revolutionen, die Wendepunkte in der Musikgeschichte darstellen. Zusammengegangen ist das meistens nicht.
Vom Musiktheoretiker Heinz-Klaus Metzger ist das Bonmot überliefert, dass sich das Scheitern von Revolutionen voraussagen lasse, die meinen, Lieder zu benötigen. Dennoch waren Komponisten immer wieder bereit, sich in den Dienst revolutionärer Bewegungen zu stellen und komponierten etwa Märsche und Hymnen für die Französische Revolution.
Der große C-Dur-Befreiungsschlag im Finale der 5. Symphonie Ludwig van Beethovens zitiert diese Revolutionsmusiken. Und Hector Berlioz orchestrierte nicht nur die Marsellaise, sondern schuf Musik für politische Anlässe – keineswegs nur Nebenwerke.
Wer Revolutionen machen will, muss sehr gut planen
Die frühen Jahre der Sowjetunion waren eine der raren Episoden, in denen politischer und ästhetischer Aufbruch zusammenkamen. Ein musikalischer Futurist wie Alexander Mossolow konnte sich hier beispielsweise einbringen. Die stalinistische Kulturpolitik beendete diese Ära.
In den Jahren nach 1968, als viele Künstler und Intellektuelle in Westeuropa eine sozialistische Revolution erhofften, wollten auch Komponisten ihren Beitrag leisten. Luigi Nonos engagierte Musik zählt heute zum Kanon der Nachkriegs-Avantgarde, sein Schüler Nicolaus A. Huber arbeitete in den 1970er Jahren im Ruhrgebiet an politisch eingreifender Musik.
Junge Komponisten heute hingegen brauchen offenbar den Anlass von Kompostionsaufträgen – etwa zum 200. Geburtstag von Karl Marx –, um sich mit einschlägigen Texten und Konzepten zu befassen.
Junge Komponisten heute hingegen brauchen offenbar den Anlass von Kompostionsaufträgen – etwa zum 200. Geburtstag von Karl Marx –, um sich mit einschlägigen Texten und Konzepten zu befassen.