Musik im Jüdischen Museum Berlin

Jüdische Kreative stellen ihren "Jewish Soundtrack" vor

10:25 Minuten
Der Musiker Daniel Kahn sitzt mit schwarzem Hemd, schwarzem Hut und einer Ukulele hinter einem Mikrofon.
"My Jewish Soundtrack": Bei der Veranstaltung des Jüdischen Museums Berlin stellte auch der Musiker Daniel Kahn seine jüdische Lieblingsmusik vor. © picture alliance / Ralf Mueller
Von Miron Tenenberg · 06.08.2021
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Ist Musik jüdischer Künstlerinnen und Künstler per se "jüdische Musik"? Oder muss diese immer etwas mit Judentum zu tun haben? Fünf Kreative stellen ihre jüdische Lieblingsmusik vor – von israelischen Klassikern bis zu amerikanischem und deutschem Rap.
Musik inspiriert viele Menschen. Manche sagen sogar, dass durch Musik die Präsenz Gottes spürbar gemacht werden könne. Soweit wollen wir uns hier nicht aus dem Fenster lehnen, aber wir können schauen, inwieweit jüdische Musik jüdische Kreative beeinflusst hat. Darum ging es in der vergangenen Woche im Garten des Jüdischen Museums in Berlin.
Unter anderem haben der Stararchitekt Daniel Libeskind, der jiddische Sänger Daniel Kahn, der Autor Dmitrij Kapitelman, der Veranstalter Roy Sinai und die Rapperin Sharon verraten, welche explizit jüdischen Songs ihnen am Herzen liegen.
Die Rapperin und Songwriterin Sharon steht mit schwarzer Lederjacke im Garten des Jüdischen Museums Berlin und streicht sich die langen braunen Locken aus dem Gesicht.
Der Rapperin und Songwriterin Sharon fiel es nicht ganz leicht, ihren "Jewish Soundtrack" zusammenzustellen.© picture alliance / Ralf Müller
Dabei hat zumindest der Künstler Daniel Kahn lieber gar nicht so grundsätzlich werden wollen:
"Alle Fragen: ‚Was ist jüdische Musik?‘ Ich habe eine kurze Antwort: Jüdische Musik ist irgendeine Musik, die versucht, diese Frage zu beantworten. Deswegen ist auch diese Frage nicht so interessant für mich."
Wer so viel Kontakt zu allen möglichen musikalischen Stilrichtungen der jüdischen Musik hat, wie der 42-jährige Kahn, mag dieser profanen Frage einfach nicht viel abgewinnen können. Dennoch: An diesem Abend im Jüdischen Museum ging es um die eigenen "Jewish Soundtracks", also die jüdische Musik, welche die fünf Künstlerinnen und Künstler stark beeinflusst hat. Dabei waren sich alle auf der Bühne einig, dass sie eigentlich nicht wüssten, wo die ach so typischen jüdischen Einflüsse in ihrer Kunst zu finden seien.
Für den Musiker und Autor Dmitrij Kapitelman wäre typisch-jüdische Musik eigentlich ein rotes Tuch – doch während der Diskussion musste er eingestehen, dass da eben doch mehr dahinter steckt.
"Das kommt darauf an, wie sehr ich unintendiert das Jüdische verkörpere beim Musikmachen. Ich ertappe mich sehr oft dabei, dass ich sage, der Text, den du da geschrieben hast, das ist jüdischer Humor, und das ist extrem jüdische Musik, die du da fabrizierst, ob du willst oder nicht."
So kann man wahrscheinlich auch seinen aktuellen Lieblingstitel interpretieren: einen modernen Rapsong des jung verstorbenen Musikers Mac Miller "Small Worlds" – ohnehin ist Kapitelmans Soundtrack größtenteils von aktueller U-Musik geprägt.
Danach haben die Zuschauenden unter dem Laubdach des kleinen Hains im Garten des Jüdischen Museums gespannt zugehört, als der international renommierte Architekt Daniel Libeskind seinen Lieblingstrack vorgestellt hat: einen Partisanenklassiker, einen Ghettosong, interpretiert von der israelischen Sängerin Chava Alberstein "Zog nit kayn’mol".
"A song that always asserts something positive. It's not a song that looks back to the irretrievable, but speaks about the blue sky at the end. So it's something very moving every time I hear it."
Dieses Widerstandlied sei für Libeskind auch mit etwas Positivem verknüpft, da es nicht auf das Unwiederbringliche zurückblicke, sondern nach vorne schaue. Etwas, was den Architekten, der übrigens auch das Jüdische Museum selbst entworfen hat, immer wieder berühre. Ansonsten besteht sein "Jüdischer Soundtrack" aus einer Auswahl an jiddischen, klassischen und ein paar Soulliedern.
Auf die Frage nach Daniel Kahns speziell jüdischen Songs hat der Künstler einfach selbst zur Ukulele gegriffen und zwei Strophen seines wohl prominentesten Liedes gespielt: ein Remake des "Halleluja" von Leonard Cohen:
Mit diesem Song gewinnt der jiddische Sänger Daniel Kahn eigentlich immer alle Herzen.
Auch der israelische Berliner Veranstalter Roy Sinai hat einen klassischen Gassenhauer gewählt, den viele wahrscheinlich vor allem als italienisches Lied "Azzurro" von Adriano Celentano kennen, hier von Arik Einstein "Amru Lo".
Roy Sinai, der in Berlin die Partyreihe "Karneval de Purim" oder das "Hummus Festival" ausrichtet, ist in Israel im Umfeld einer stark aschkenasisch geprägten Kultur aufgewachsen, obwohl er selbst misrachischer Jude ist.
"Ich habe mich immer nicht so wohl in diesen Kreisen gefühlt und langsam hat sich eine andere, so eine Contra-Gruppe entwickelt. Wir waren halt die Bad Boys…" – die ihre Einflüsse in der damals marginalisierten misrachischen Kultur gefunden haben, also der Kultur der arabisch-stämmigen Jüdinnen und Juden. Doch richtig warm ist er damit auch nicht geworden.
Roy Sinais Soundtrack besteht eigentlich ausschließlich aus israelischen Songs verschiedener Jahrzehnte.
Der jungen deutschen Rapperin Sharon ist die Zusammenstellung ihres "Jewish Soundtracks" auch nicht leicht gefallen. (*)
"Anfangs wars ziemlich schwer, dachte ich, aber dann ging es doch. Als ich losgelegt habe, ist mir dann immer mehr eingefallen."
Herausgekommen sind dann aber nur sieben Tracks, die größtenteils von Idan Raichel stammen.
Als Lieblingstrack hat sie dann aber eine israelische Schnulze aus dem Jahr 1963 gewählt.
Doch Sharon hat die Bühne nicht ohne ein anschließendes Konzert verlassen. Immerhin ist ihr aktuelles Album "Floetic" noch nicht lange draußen.
(*)Redaktioneller Hinweis: Wir haben die Nationalität der Künstlerin korrigiert.
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