Musik ohne Ketten
Sie haben den Krieg im besetzten Warschau überlebt, mit gemeinsamer Caféhausmusik: Die beiden Komponisten Witold Lutosławski und Andrzej Panufnik. Ihre 100. Geburtstage werden nun in Folge in Polen feierlich begangen, im vergangenen Jahr Lutosławski und jetzt Panufnik.
Andrzej Panufnik wurde in seiner Wahlheimat Großbritannien sogar zum Sir geschlagen. Aus Abneigung gegen die kommunistische Führung hatte er anders als Lutosławski seine Heimat zu Beginn der 60er-Jahre verlassen. Lutosławski blieb in Polen und konnte mit anderen Kollegen eine gewisse künstlerische Freiheit genießen, die in anderen Ländern des Ostblocks weniger selbstverständlich war.Seit einigen Jahren gibt es in Warschau das Festival CHAIN/Kette. Das ist dem Schaffen Lutosławskis gewidmet und nach einer späten Werkfolge des Komponisten benannt.Bei seinem Festivalkonzert stellte das Warschauer Radiosinfonieorchester die Musik gleich dreier polnischer Komponisten des 20. Jahrhunderts in einen Zusammenhang. Zum Freundespaar Lutosławski/Panufnik gesellte sich Aleksander Tansman mit seinem Konzert für Orchester. Ja, auch der nach Paris emigrierte Künstler schrieb ein solches Stück der Gattung, für die Bála Bartók und eben Witold Lutosławski so wichtige Beiträge geleistet haben.Tansman war vor allem in seiner Wahlheimat Frankreich in den 30er-Jahren des letzten Jahrhunderts bekannt, hatte Erfolge als Pianist und Komponist ebenfalls im Rest Europas und in Nordamerika. Er floh vor dem Faschismus nach Amerika und kehrt nach Kriegsende nach Frankreich zurück.So treffen in diesem Konzert mit großbesetzten Orchesterstücken drei Lebensläufe polnischer Komponisten aufeinander, die vor allem musikalisch sehr unterschiedlich verlaufen sind. Tansman gilt als Neoklassizist, Panufnik widmete sich nach avantgardistischen Anfängen ebenfalls einer eher traditionellen Tonsprache, während Lutosławski den entgegengesetzten Weg ging: Je älter er wurde, desto avancierter komponierte er.Sicherlich würden auch die beiden Warschauer Freunde unterschreiben, was der franko-polnische Musiker Tansman über seine Musik sagte: „Sicher verdanke ich Frankreich sehr viel, aber keiner, der meine Stücke gehört hat, kann bezweifeln, dass ich ein polnischer Komponist war, bin und sein werde.“Der Mailänder Dirigent Renato Rivolta hat sich mit viel Liebe der komplexen Partituren dieses Konzertprogramms im Warschauer Konzertstudio angenommen.
Lutosławski-Konzertstudio Warschau
Aufzeichnung vom 08.02.2014
Andrzej Panufnik
Tragische Ouvertüre
Aleksander Tansman
Konzert für Orchester
Witold Lutosławski
Mała Suita (Version für Kammerorchester)
ca. 21:00 Uhr Konzertpause mit Nachrichten
"Poland Abroad – polnische Komponisten zwischen Exil und Anpassung"
Ein Gespräch über Aleksander Tansman, Witold Lutosławski und Andrzej Panufnik
mit dem Musikverleger Frank Harders-Wuthenow
Von Inga Trost und Volker Michael
Witold Lutosławski
Chain III
Andrzej Panufnik
Polonia
Polnisches Radio-Sinfonieorchester Warschau
Leitung: Renato Rivolta