Musik soll glücklich machen

Von Anna Bilger · 28.03.2012
Musik darf das Herz berühren und auch mal kitschig sein, davon ist Maike Rosa Vogel überzeugt. Sie gehört zu einer Generation von Singer/Songwritern, die manche "die neuen Deutschpoeten" nennen.
"Dinge passier’n aus guten Gründen,
nichts was passiert, passiert umsonst
aber ich steh hier vor’m großen Leben,
weiß nicht wieso ich immer fühl"

(Aus "So hab ich Dich bei mir" von Maike Rosa)

"Immer wenn’s drauf ankam hatte ich das Gefühl, es versteht mich keiner und wenn man dann so was singen kann, dann verstehen einen die Leute plötzlich. Das ist wie so’n Übersetzer."

"Du bist von ganz woanders
nicht nur von ganz weit"

(Aus "So hab ich Dich bei mir" von Maike Rosa)

Jung sieht sie aus, zart und mädchenhaft und singt mit dieser glockenhellen Stimme von Liebe, Sehnsucht und von dem, was fehlt.

"Ich sag’ immer: Es geht eigentlich immer nur um mich. Aber es geht auch um das, was ich sehe, also geht es auch um alles um mich herum."

Maike Rosa Vogel schreibt Texte, die leidenschaftlich autobiografisch sind. Sie lotet sich und ihre Seele aus in ihrer Musik. Ein bisschen kitschig ist das, auch mal naiv. Aber so geht es ihr nun mal.

"Ich mag das Fühlen
Meiner kleinen Schritte
Und ich mag den Trotz
In meiner Stimme
Und dass, egal wohin ich gehe
Ich nie war wo ich nicht hingehöre
Das mag ich"

(Aus "Ich bau mir ein Zelt" von Maike Rosa)

"Wut oder sich unverstanden fühlen, alles was einen in der Pubertät so überkommt oder auch vorher schon... Ich hatte das Gefühl, ich habe das immer mit so 'nem totalen Verstärker gehabt."

Mittlerweile ist Maike Rosa Vogel 34 und kann und will sich noch immer nicht abschirmen gegen das, was um sie herum passiert.

"Was ich nicht versteh’: die Fähigkeit von ganz vielen Leuten sich so zuzumachen, die sich gegenüber anderen total verschließen können, die auch wenig Bock haben, ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen. Es wird wiedergekäut, was einem mal vorgesetzt wurde, das ist mir fremd."

Die 34-Jährige sitzt in ihrer Garderobe im Berliner Maxim Gorki Theater, die dunklen Haare zusammengebunden, das Gesicht kaum geschminkt. Mittagspause. Sie löffelt eine Kartoffelsuppe. Sie probt gerade für das Stück "Der kleine Bruder" in der Inszenierung von Milan Peschel. Es ist ihre zweite Theaterarbeit mit dem Regisseur und es ist ein Glückfall für sie. Denn es sind gerade solche Aufträge, die Maike Rosa Vogel ermöglichen von der Musik zu leben. Und genau das will sie eigentlich schon immer. Seit fast 20 Jahren spielt sie nun schon Gitarre, steht auf der Bühne und will keinesfalls so leben, wie alle leben.

"Ich weiß, dass viele faule Menschen unter uns sind
Die nur große Sachen machen, auf die Eltern stolz sind
Sie verkehren in wichtigen Kreisen und entscheiden tun sie auch
Und wissen immer genau, was diese Welt so braucht"

(Aus "Faule Menschen" von Maike Rosa)

Aufgewachsen ist sie in Frankfurt am Main; sie hat einen Bruder; die Eltern sind politisch sehr engagiert in der Friedensbewegung, bei den Grünen, gegen die Start-Bahn West. Der Vater ist Betriebsrat bei Siemens, die Mutter Sozialarbeiterin.

"Es war immer so, dass das Weltgeschehen am Frühstückstisch schon Thema war, wir haben viel diskutiert und geredet und sind sehr ernst genommen worden. Was mich auch beeinflusst hat, dass meine Eltern sich immer engagiert haben, bei uns wurde immer alles geändert, ich bin mit dem Gefühl aufgewachsen, dass man alles ändern kann."

Schule findet Maike Rosa Vogel immer schwierig. Sie mag sich nicht unterordnen, ist in manchen Fächern schon viel weiter als der Rest und langweilt sich. Nach der 12. Klasse geht sie von der Schule ab, jobbt als Fahrradkurier, macht immer Musik. 2005 geht sie dann an die Popakademie Baden-Württemberg und von dort nach Berlin.

Mit ihrem irischen Freund - auch ein Musiker - und ihrer dreijährigen Tochter lebt sie nun in Friedrichshain.

Maike Rosa Vogel steht links auf der Bühne des Gorki-Theaters und singt zwischen den einzelnen Szenen Lieder aus den 80ern, der Zeit, in der das Stück "Der kleine Bruder" spielt. Sven Regener hat die Romanvorlage des Stücks geschrieben. Und auch wenn es hier nur Zufall ist, begleitet Regener die Musikerin jetzt schon länger. Sie war mit ihm und seiner Band Element of Crime auf Tour, er hat ihr letztes Album produziert und auch das neue, das im Juni erscheint.

"Zuhause und auf der Popakademie gab es 'ne bestimmte Ästhetik, alles richtig zu machen. Und beim Sven Regener war das alles egal. Wir haben ohne Metronom gespielt. Das waren so lauter Impulse, die waren total befreiend, dass man einfach so spielen kann, wie es einen überkommt. Und das kann man auch auf CD pressen."

Ich bin ein Hippie und wollt' immer einer sein
Ich bin ein Hippie und wollt' immer einer sein

(Aus "Ich bin ein Hippie" von Maike Rosa)

Maike Rosa Vogel steht auf der Bühne; sitzen kommt für sie nicht in Frage. Die Gitarre vor dem Bauch zupft sie nicht, sondern schlägt sie. Sie mag diesen schrammeligen Sound, die Mundharmonikas dazu. Es klingt ein bisschen nach den Liedermachern der 68er, die ihre Eltern zuhause gehört haben. Und auch wenn Maike Rosa Vogel deren weltverbesserischen Anspruch nicht teilt, will sie mit ihrer manchmal erfrischenden Naivität doch die Menschen verändern und die Herzen erwärmen. Musik soll glücklich machen, findet sie.

"Ich glaub ja immer, dass diese ganzen großen Veränderungen durch so innere Wandel passieren, Mentalitätsverschiebungen. Ich erlebe schon, dass wir in einer Zeit leben, wo Gefühle immer wichtiger werden und wo ich auch auf so 'ner Welle schwimme und Bock habe, dass weiter auszureizen und Leute zu berühren."

"Und hier bin ich und ich will so viel geben
Und hier bin ich und ich glaube an ein wunderschönes
Leben
Und daran, dass in den allerschwersten Zeiten das Gefühl
zu teilen
Einen überleben lässt
Und egal was sie sagen, das werd ich niemals verneinen."

(Aus "Faule Menschen " von Maike Rosa)
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