Keine Lust auf Feminimus-Debatten
Die beiden Berliner Rapperinnen SXTN haben es mit ihrem Debütalbum "Leben am Limit" in die Charts geschafft. Sie punkten mit expliziten Texten und tanzbarer Musik. Dennoch lassen negative Kommentare nicht auf sich warten.
Ihr Debütalbum wird in den vergangenen Wochen kontrovers diskutiert, auch wegen expliziter Lyrics wie "Die Fotzen sind jetzt wieder da". Bekannt waren sie schon vorher. Wenn zwei Frauen rappen, dann fühlt sich der ein oder andere Internetnutzer berechtigt, das zu kommentieren und möchte, dass die Rapperinnen den Kochlöffel statt das Mikrofon in die Hand nehmen. Reaktionen dieser Art nehmen aber in der letzten Zeit eher ab, meint Juju und ernst nehmen können sie das ohnehin nicht, ergänzt Nura:
"Irgendjemand schreibt hin: Geh zurück in die Küche! - und bekommt 1.500 Likes. Das sind immer solche Standardsprüche, die man immer unter irgendeinem Video postet: Ihr Nutten, ab in die Küche oder so. Das war am Anfang, ganz am Anfang war das noch mega-lustig, beschmeißt sie mit Kochbüchern und so, aber jetzt merkt man richtig, oh Gott, da will jemand richtig viele Likes und dann like ich das auch manchmal, über meinen eigenen privaten Youtube-Account, weil ich mir denke, och, da hat sich jemand richtig Mühe gegeben."
SXTN kann auch Ironisch: Nura nimmt sämtliche Klischees über Schwarze Menschen aufs Korn.
Immerhin: Sexistische Kommentare werden weniger
Die Aufmerksamkeit, die SXTN zuteil wird, kommt nicht von ungefähr. Die Musik geht ins Ohr, die trappigen Beats sind tanzbar. Ein ausgefeiltes Konzept hat SXTN bei der Produktion nicht verfolgt, aber ein Kriterium gab es: Party- und vor allem live-tauglich sollen die Songs sein. An aktuellen Trends wie Afrotrap orientieren sie sich zumindest nicht bewusst. Dass das Album "Leben am Limit" musikalisch teilweise in diese Richtung geht, ist dem Stil ihres Produzenten Krutsch geschuldet, meint Nura. Bei aller Tanzbarkeit lohnt es sich aber zwischendurch auch auf den Text zu hören:
"Kanaken und Schwarze haben Hip Hop erfunden, doch der Türsteher lässt sie nicht rein."
Nura und Juju beschreiben, dass ausgerechnet diejenigen, die die Hip-Hop-Kultur mitbegründet haben, an der Clubtür abgewiesen werden. Solche Inhalte aus ihrem Debütalbum "Leben Am Limit" gehen in der Rezeption aber eher verloren. Auch wenn die beiden nicht finden, dass sie politischen Rap machen, werden Nura und Juju in Feminismus-Debatten verwickelt, auf die sie beide keine Lust haben. Die Songs auf dem Album nutzen sie, um solche und andere Erfahrungen zu verarbeiten:
Musik mit Haltung
Ich habe keinen Halt, doch ich habe eine Haltung
Sie weichen mir aus auf 'ne eklige Weise
Und reden am Leben vorbei
Die Fragen ergeben 'nen ewigen Kreis
"Wie ist es, als Weiber in dieser Szene zu sein?"
Sie weichen mir aus auf 'ne eklige Weise
Und reden am Leben vorbei
Die Fragen ergeben 'nen ewigen Kreis
"Wie ist es, als Weiber in dieser Szene zu sein?"
Feminismus sei mittlerweile ein Mainstream-Thema und sie wollen dafür nicht ausgenutzt werden, erklärt Juju. Deshalb sagen sie mittlerweile auch Interviewfragen von großen Magazinen ab
"Weil die Fragen auch so hängengeblieben sind und irgendwann nervts auch. Und auch die ganze Zeit das selbe. Ja, immer das gleiche."
"Hängengebliebene" Fragen wären zum Beispiel?
"Was sind eure Rap-Vorbilder, habt ihr weibliche Vorbilder oder habt ihr männliche Vorbilder und wie werdet ihr in der Szene aufgenommen? Welche Frauen haben euch in eurem Leben beeinflusst? Und was sagen eure Väter dazu?"
SXTN wollen eigentlich nur eines: Rappen. Dass ihr Album auf Platz acht der Charts gelandet ist und ihre Konzerte regelmäßig in größere Clubs verlegt werden müssen, ist keinem ausgefeilten Konzept zu verdanken. Weder hinter der Musik noch dem Marketing der Gruppe steckt Kalkül. Der Grund, weshalb sie so erfolgreich sind, liegt darin, dass sie – im Rap nicht ganz unwichtig - einfach nur sie selbst sind. Und dabei eine ganze Menge Spaß haben.