Musikalische Autorität und politische Anpassung

Allen Gewalten zum Trotz?

Wilhelm Furtwängler auf einem Galasouper in der italienischen Botschaft in Berlin anlässlich eines Besuchs des Dirigenten Arturo Toscanini im Rahmen der Berliner Kunstwochen. Das Foto wurde am 28. Mai nach Toscaninis 2. Berliner Konzert aufgenommen. (V.l.n.r.: Bruno Walter, Maestro Arturo Toscanini, Erich Kleiber, Otto Klemperer, Wilhelm Furtwängler).
Das Foto vom 28. Mai 1930 in Berlin: Bruno Walter, Maestro Arturo Toscanini, Erich Kleiber, Otto Klemperer und Wilhelm Furtwängler (v.l.n.r.). © SZ Photo / Scherl
Von Stefan Zednik |
Der Dirigent Arturo Toscanini sprach sich frühzeitig gegen den italienischen Faschismus aus. Deutschland war daraufhin für ihn tabu. Auch befreundete Kollegen mussten sich positionieren, denn ihre Karrieren standen auf dem Spiel.
Im Mai 1930 entsteht anlässlich eines Gastspiels von Arturo Toscanini in Berlin ein einzigartiges Foto. Vier der bedeutendsten Dirigenten Deutschlands erweisen dem damaligen Superstar der Musikwelt die Ehre - Bruno Walter, Erich Kleiber, Otto Klemperer und Wilhelm Furtwängler.

Eine Geschichte von Anpassung und Widerstand

Die vier bekleiden herausragende Positionen im Berliner Musikleben und gelten auch international als erstranginge Vertreter der deutschen Musik. Drei Jahre später zwingt die Geschichte alle fünf zur Positionierung. Ihre Karrieren als Musiker sind gefährdet, die Ausübung ihres Berufes wird ihnen stark eingeschränkt oder ganz verwehrt.
Arturo Toscanini winkt fröhlich.
Arturo Toscanini beim Auftakt einer Tour mit dem NBC Symphonie-Orchester.© UPI / picture-alliance / dpa
Zwei - Bruno Walter und Otto Klemperer haben jüdische Vorfahren - müssen Deutschland 1933 sofort verlassen. Zwei - Erich Kleiber und Wilhelm Furtwängler - bleiben vorerst. Der Italiener Toscanini hatte sich bereits vorher öffentlich gegen seinen Staatschef Mussolini gestellt, ab 1933 ist für ihn auch Deutschland tabu. Wie reagieren die fünf auf die Entwicklung, auf Einschränkung, Zensur oder Berufsverbot? Was sind ihre jeweiligen Motive? Und wie setzt sich ihr Weg fort?
Die "Lange Nacht" erzählt die Geschichte dieser Männer, eine Geschichte von Anpassung und Widerstand, von Flucht und Vertreibung, von Politik und Kunst. Und von den unterschiedlichen Ansätzen bei der Interpretation klassischer Musik. Christian Thielemann, international bekannter Dirigent und musikalischer Direktor der Bayreuther Festspiele, erläutert die Entwicklungen der fünf Maestri und ihrer unterschiedlichen musikalischen Auffassungen aus heutiger Perspektive.

Das Manuskript zur Sendung können Sie hier als PDF nachlesen.

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