Musiker und Autor Sven Regener

Vom Hölzchen aufs Stöckchen

40:05 Minuten
Sven Regener, schwarze Brille, schwarzes Shirt, schaut freundlich in die Kamera.
Hat den Herr-Lehmann-Kosmos durch ein weiteres Buch ergänzt: der Autor und Musiker Sven Regener. © picture alliance / Frank May
Moderation: Britta Bürger |
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Als Sven Regener 2001 den Roman “Herr Lehmann” schrieb, kannte man ihn bereits als Sänger und Trompeter der Band Element of Crime. Mit “Glitterschnitter” ist jetzt das neueste Buch erschienen. Auch seine Band schwächelt nach über 35 Jahren noch nicht.
Wenn man sich mit Sven Regener trifft, sollte man Zeit mitbringen und am besten einen Kaffee mit viel aufgeschäumter Milch trinken, so wie in seinem neuen Roman „Glitterschnitter“. Die alten Bekannten aus seiner „Herr Lehmann“-Reihe sind wieder versammelt und um ein paar neue ergänzt. Ein typisches Wimmelbild à la Regener.
„Ich schreibe ja gerne Romane, sodass man auch erfährt, was die Leute denken, während sie reden oder während sie irgendetwas tun, und vor allen Dingen, wie ihre Gedanken um alle möglichen Ecken gehen", sagt der Autor und Musiker. "Das, was bei Arno Schmidt das längere Gedankenspiel heißt, wo man vom Hölzchen aufs Stöckchen kommt, und das ist hier ein bisschen so.“

Als alles mit Herrn Lehmann begann

Begonnen hat alles 2001 mit dem ersten „Herr Lehmann“-Band. Seine Figur Frank Lehmann sei ihm quasi zugelaufen, erzählt Regener. „Ich wollte eine Geschichte schreiben über jemanden, der nachts zu einer Zeit, wo niemand mehr auf der Straße ist, einem Hund begegnet. Ich habe diese Geschichte erzählt von jemandem, der eben einen sehr unglamourösen Job hat, nämlich in so einer Kneipe zu arbeiten, ohne soziale Absicherung, ohne irgendwelche Karriereaussichten, einen Job, der ins Nichts, der nirgendwo hinführt, der aber auch in den Augen dieses Menschen nirgendwo hinführen soll.“ So simpel, wie erfolgreich – bis zum heutigen Band „Glitterschnitter“.
Regener selbst ist 1961 in Bremen geboren, aufgewachsen im damaligen Neubaugebiet „Neue Vahr Süd“ – Titelgeber eines seiner Romane. Der Vater war Architekt, die Mutter Geschäftsführerin der dortigen Friseurinnung, zwei Geschwister.
Er geht früh von zu Hause weg, mit 16. Der Grund: Familienkonflikte. „Im Alter mit 16 macht man viele Sachen, wo die Eltern natürlich einschreiten wollen und müssen, gleichzeitig aber nicht mehr so richtig können. Das führt zu vielen Konflikten, das ist ganz normal. Man muss immer hoffen, dass es sich nicht so sehr verhärtet. Das habe ich mir später eigentlich immer auch vorgeworfen, dass ich das auf eine Weise habe so verhärten lassen. Aber das ist in dem Alter auch so, dass man manchmal nicht anders kann. Ich habe selber Kinder in dem Alter gehabt. Das ist halt auch schwierig.“

Albtraum Bundeswehr

Es folgen wilde Zeiten: Regener ist Mitglied im Kommunistischen Bund Westdeutschland, tritt mit 19 Jahren den Wehrdienst an, um die Bundeswehr „zu unterwandern“.
„Die Idee war halt, und die war ja auch nicht ganz doof: Wenn man dann schon einen auf Kommunisten macht und auf Revolution und die Arbeiterklasse soll an die Macht, dass man dann dahin geht, wo die Leute sind.“ Wie sich schnell herausstellt wird es ein Himmelfahrtskommando und ein Albtraum.
„Man kommt in eine Institution, wo man überhaupt nicht mehr machen kann, was man will, wo einem gesagt wird, was man essen soll, was man anziehen soll, wie man zu reden hat, wann man zu schweigen hat, was man zu tun hat, wie man zu gehen hat, zu stehen hat, zu liegen hat.“ Regener verweigert nachträglich.

Wild und lässig

1985 beginnt seine Musikkarriere mit „Element of Crime“, zunächst singt er auf Englisch: „Weil wir uns diese Art von Songs mit deutschen Texten nicht vorstellen konnten und die Neue Deutsche Welle gerade abebbte. Die war krepiert, kann man fast sagen. Das wollte einfach keiner mehr, und wir wollten damit nichts mehr zu tun haben. Da wir richtige Songs schreiben wollten, hatten wir auch Angst, dass es als Schlager rüberkommt.“ 1989 erscheint der erste deutschsprachige Song. "Das war genauso 'Element of Crime' wie die anderen. Dann haben wir gedacht: Wenn es einmal geht, geht es auch immer.“
Der Rest sind über 35 Jahre Bandgeschichte, 17 Alben, inzwischen gibt es zu fast jedem Album einen eigenen Podcast, „Narzissen und Kakteen“. Und neuerdings sind Sven Regener und andere Bandmitglieder auch im Jazz unterwegs. Regeners Ansatz dabei: „Wild und lässig“ – wie im echten Leben.
(sus)

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