Musikfest Berlin: Philadelphia Orchestra spielt Price

Endlich großer Rahmen für ihre Musik

Ein historisches sepiafarbiges Portraitfoto von Florence Price.
Florence Price: ihre 1. Symphonie war das erste Werk einer Afroamerikanerin, das je in einem Konzerthaus aufgeführt wurde. © G. Nelidoff / University of Arkansas
Moderation: Ruth Jarre |
Nicht auf dem Dachboden, aber bei der Renovierung eines Ferienhauses wurden vor einigen Jahren Manuskripte der Komponistin Florence Price gefunden. Mit dem Philadelphia Orchestra unter Yannick Nézet-Séguin präsentiert erstmals ein großes Traditionsorchester eine Sinfonie von Price beim Musikfest Berlin.
Florence Price war eine Komponistin „of color“. Und eine Romantikerin dazu. Prices Erste Sinfonie ist das mit Spannung erwartete Schlussstück auf dem Berliner Programm des Philadelphia Orchestra unter der Leitung seines Chefdirigenten Yannick Nézet-Séguin beim Musikfest Berlin.

Kein einfacher Weg

Florence Price hatte keine Illusionen: „Ich habe zwei Handicaps: ich bin eine Frau, und in meinen Adern fließt schwarzes Blut“. Immerhin schrieb sie das an Sergej Kussewitzky, den damals, also 1943, berühmten Chefdirigenten des Boston Symphony Orchestra, der sich besonders für zeitgenössische Musik interessierte.
Price hatte da schon die epochale Leistung vollbracht, das Chicago Symphony Orchestra und seinen Chef Frederick Stock für die Uraufführung ihrer Ersten Sinfonie zu gewinnen. Die Premiere hatte 1933 im Rahmen einer Handelsmesse in Chicago stattgefunden und die Schizophrenie der Gesellschaft offenbart: Während Price die erste Afroamerikanerin war, deren Musik von einem Spitzenorchester gespielt wurde, wurden schwarze Messebesucher in den Restaurants des Veranstalters nicht bedient.

Vorbild Dvořák

Dass Price aufgrund ihrer Hautfarbe und ihres Geschlechts einen anderen Hintergrund als ihre berühmten Kollegen hatte, liegt auf der Hand und ist ihrer Musik auch anzuhören. Diese steht zwar spürbar unter dem überwältigenden Eindruck von Antonín Dvořáks „Sinfonie aus der neuen Welt“, bereichert aber nicht nur im Scherzo die Orchestermusik um Elemente des westafrikanischen Juba-Tanzes.
Im Zusammenhang mit Dvořáks Musik wird die bis vor wenigen Jahren weitgehend vergessene Musik von Florence Price also zu entdecken sein. Prices Sinfonie wird eine Mittlerstellung zwischen der Musik des 19. und der des 20. Jahrhunderts einnehmen und zugleich beweisen, aus welch anderen Quellen sinfonische Musik auch schöpfen kann. Ein spannendes Projekt, mit dem wir einen Reigen von Übertragungen vom Musikfest Berlin beginnen.
Konzert vom 1. September 2022 aus der Philharmonie Berlin

Antonín Dvořák
„Karneval“, Konzertouvertüre op. 92

Konzertpause

Florence Price
Sinfonie Nr. 1 e-Moll
Adoration, bearbeitet für Streichorchester (Zugabe)

Notiz: Leider haben wir für die Onlinebereitstellung des 1. Violinkonzertes von Karol Szymanowski, das ebenfalls in dem Konzert live übertragen wurde, keine Erlaubnis von der Solistin Lisa Batiashvili erhalten.
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