Musikfest Berlin

Politische Musik von Beethoven bis Isang Yun

Der Geiger Christian Tezlaff
Der Geiger Christian Tezlaff, Solist im Schönberg-Konzert © Giorgia Bertazzi
Heute jährt sich der 100. Geburtstag des bedeutenden koreanischen Komponisten Isang Yun, der eine enge Beziehung zu Berlin hatte, wo er fast die Hälfte seines Lebens verbrachte und auch begraben ist. Doppelt naheliegend also, dass an diesem Tag auch eines seiner Orchesterwerke erklingt.
Indessen belässt es Vladimir Jurowski, der mit diesem Konzert in der Philharmonie seinen Einstand als neuer Chef des Rundfunk-Sinfonieorchesters gibt, nicht bei diesem ehrenden Rückblick, sondern bettet ihn in ein Umfeld prononciert politischer Kompositionen ein – und auch das mit gutem Grund: schließlich fällt in Yuns Berliner Zeit auch seine Entführung durch den südkoreanischen Geheimdienst im Jahre 1967, die nach dem Willen des dortigen Regimes eine langjährige Freiheitsstrafe nach sich gezogen hätte und ihn, nachdem heftige internationale Proteste schließlich seine Freilassung erzwangen, dennoch mehr als anderthalb Lebensjahre im Gefängnis gekostet hatte.
Ein bizarrer Nebenaspekt dabei war, dass sich Yun, der nun in erster Linie als politischer Märtyrer ins Bewusstsein der Öffentlichkeit kam, in seinen konkreten Werken wie in seiner gesamten Schaffensethik und –ästhetik kaum je vordergründig politisch artikuliert hatte. Außerhalb der Klänge allerdings bezog er durchaus Stellung zu den Konflikten seiner Zeit, und aus dieser gelebten Verantwortlichkeit entstehen enge Beziehungen zu den anderen Werken des Programms: sei es zu Arnold Schönbergs im amerikanischen Exil entstandenen, zeitlich wie technisch enorm anspruchsvollem Violinkonzert, mit dem sich Christian Tetzlaff auseinandersetzt; sei es zu Luigi Nonos antifaschistisch-humanistisch intendierter "Julius Fucik"-Komposition über Passagen aus dem Gefängnismemoiren des 1943 hingerichteten tschechischen Widerstandskämpfers. Der junge Italiener hatte sie im Entstehungsjahr 1951 unveröffentlicht und als Fragment liegengelassen, sie wurde erst nach seinem Tod vier Jahrzehnte später im Nachlass wiedergefunden.
Auch Beethovens "Fünfte", Konzentrat einer selbstbewusst-widerständigen Haltung im Zeichen eines damals noch möglich scheinenden rigorosen Fortschrittsoptimismus, passt hervorragend in diesen Kontext – und bringt gleichzeitig mit den Retuschen Gustav Mahlers eine Rückbindung an die Zweite Wiener Schule und ihren zentralen Exponenten Schönberg.


Musikfest Berlin
Live aus der Philharmonie Berlin


Isang Yun
"Dimensionen" für großes Orchester
Arnold Schönberg
Konzert für Violine und Orchester op. 36


ca. 21.00 Konzertpause
Zuflucht in Berlin
Der koreanische Komponist Isang Yun
Von Albrecht Dümling


Luigi Nono
"Julius Fučik" für zwei Rezitatoren und Orchester
Ludwig van Beethoven
Sinfonie Nr. 5 c-Moll op. 67 mit Orchester-Retuschen von Gustav Mahler


Christian Tetzlaff, Violine
Max Hopp, Sprecher
Sven Philipp, Sprecher


Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin
Leitung: Vladimir Jurowski


Surround Sound - Dolby Digital 5.1


Hier können Sie das Abendprogramm nachlesen:


Abendprogramm