"Wir sehen eine krasse Ungleichbehandlung"
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Während Biergärten und Innenstädte wieder voller Menschen sind, bleiben viele Kulturveranstaltungen fast ohne Publikum. Die Vertretung der Musikfestivalbetreiber verlangt, "die Möglichkeit zu bekommen, wieder selber unsere Mittel zu erwirtschaften".
Rund 600 Musikfestivals gibt es in Deutschland. Seit sechs Monaten ist es allerdings still geworden auf deutschen Festivalbühnen. Aufgrund der Coronapandemie wurden Veranstaltungen vor Publikum abgesagt. Einige Festivals fanden dann doch noch statt, aber mit begrenzten Zuschauerzahlen und ausgeklügelten Sicherheitskonzepten.
Um auf die auch finanziell prekäre Situation der Festivals aufmerksam zu machen, haben sich über 100 Veranstalterinnen und Veranstalter zum "Forum Musik Festival" zusammengeschlossen. Einer der Initiatoren ist Tobias Wolff, der Intendant der Internationalen Händel Festspiele Göttingen.
"Keine Gleichbehandlung mit Sport und Wirtschaft"
In der Halbjahresbilanz des Forums sieht er ein gemischtes Bild, da einige Grundforderungen noch nicht erfüllt seien. Zum Beispiel gebe es noch keine Gleichbehandlung von Kultur mit Sport, Religionsgemeinschaften oder der Wirtschaft. So würden die Züge wieder mit Volllast fahren, die Biergärten seien voll und in den Innenstädten herrsche dichtes Gedränge.
Währenddessen sei es so, dass in Bundesländern wie Bayern nach wie vor nur 200 Leute in einen Saal dürften, in den normalerweise 2.400 Menschen passen würden: "Da sehen wir eine krasse Ungleichbehandlung", so Wolff. "Und insofern gelten viele dieser anderen Forderungen, die wir hatten, nach wie vor auch, was die einheitliche Regelung betrifft."
Nicht alle profitieren von der Förderung
Es gebe jedoch auch viele Bundesländer, die sich für die Kulturbranche einsetzen würden: "Es freut uns, dass es eben diese Förderprogramme gibt. Die sind gut strukturiert. Es ist auch beachtlich, was die Bundesbeauftragte für Kultur und Medien mit ihrem 'Neustart'-Programm geschafft hat. Da funktioniert vieles sehr. Aber sie decken eben nur einen bestimmten Teil ab. Diejenigen, die nicht berechtigt sind, brauchen dringend Hilfe auf Landkreisebene, auf kommunaler Ebene. Und vor allem müssen wir einfach die Möglichkeit bekommen, wieder selber unsere Mittel zu erwirtschaften."
Zu den Veranstaltungen, die nicht förderberechtigt sind, würden unter anderem die Umsonst-und-Draußen-Festivals zählen, da diese keine Tickets verkaufen und das aber ein Förderkriterium sei. Auch Festivals unter kommunaler Trägerschaft seien von den Bundesprogrammen ausgeschlossen.
Lobbyarbeit bringt gute neue Kontakte
Wolff sieht dabei im regionalen Bereich große Probleme, da gerade die Kommunen momentan Zusatzbelastungen ausgesetzt seien und darum keine Mittel für Kultur zur Verfügung stellen könnten. Dazu kämen die zusätzlichen Belastungen durch neue Regelungen rund um die Pandemie, die die oft ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an ihre Belastungsgrenzen bringen würden.
Gleichzeitig ist Wolff über die Reaktionen der Bundespolitik auf das Positionspapier des "Forum Musik Festivals" positiv überrascht: "Ich bin sehr stolz darauf, dass wir seit Frühjahr zur Bundespolitik, aber auch zu den verschiedenen Länderparlamenten einen guten Kontakt bekommen haben und dass wir da in einem engen Austausch sind. Und das erzählt uns auch, dass es wichtig ist, Lobbyarbeit zu machen. Selbstkritisch muss man sagen, dass wir das vielleicht auch in den letzten zehn, 20 Jahren vernachlässigt haben."
Außerdem gebe es zwar einen regen Austausch, aber viele Dinge liefen trotzdem viel zu langsam. So würden verschiedene Länder erst jetzt mit ihrem ersten Kultur-Hilfsprogramm starten. Insofern sei es wichtig, auch weiter aktiv zu bleiben, um die Interessen des Forums durchzusetzen, so Wolff.
(hte)