Musikkritiker: Er war auf der Bühne eine Sensation

Moderation: Klaus Pokatzky |
Mit seinen Wagner-Rollen begeisterte Star-Tenor Peter Hofmann seine Fans. Jetzt ist er im Alter von 66 Jahren gestorben. Musikkritiker Uwe Friedrich beschreibt den zuletzt schwerkranken Sänger als "ein Phänomen in jeder Hinsicht".
Klaus Pokatzky: Am Telefon begrüße ich nun meinen Kollegen, unseren Musikkritiker Uwe Friedrich: Hallo, Herr Friedrich!

Uwe Friedrich: Guten Tag!

Pokatzky: Was verbinden Sie mit Peter Hofmann, was ist Ihnen als Erstes durch den Kopf gegangen, als Sie gehört haben, dass er heute Nacht gestorben ist?

Friedrich: Als Erstes geht einem natürlich durch den Kopf, dass das wirklich eine sehr traurige Geschichte ist, in den letzten Jahren, als er schwer krank war, auch wohl in materiell großen Nöten war, aber dann auch wie traurig die letzten Jahre seiner Karriere waren, als er im Musical – nur noch muss man in dem Fall sagen – aufgetreten ist und das nicht so recht wahrhaben wollte, dass die Stimme das nicht mehr hergab, was sie denn zu den Hochzeiten seiner Karriere konnte. Und das ist natürlich vor allem sein sensationeller "Siegmund" im Chéreau-Ring, im berühmten Jahrhundertring von '76 gewesen, wo er auch eine unglaubliche erotische Ausstrahlung auf der Bühne hatte, die man ja selbst auf der DVD oder der Videofassung noch spüren kann.

Pokatzky: Er war ja wirklich eine ganz ungewöhnliche Gestalt. Er hat angefangen mit 16 Jahren als Sänger und Gitarrist in einer Rock-and-Roll-Band zu spielen, dann hat er sich dem Leistungssport gewidmet, er war unter anderem hessischer Jugendmeister im Stabhochsprung und Zehnkämpfer, und sein Gesangsstudium, das hat er sich finanziert, als er als Fallschirmjäger und Stabsunteroffizier der Reserve bei der Bundeswehr ausgeschieden ist und eine Abfindung bekommen hat.

Friedrich: Das klingt ja schon mal so unwahrscheinlich, dass so jemand überhaupt dann den Weg auf die Bühne noch findet und …

Pokatzky: Genau, er hätte ja zum Stabsmusikcorps der Bundeswehr auch gehen können, aber er hat es so gemacht.

Friedrich: Er hätte Leistungssportler werden können, er hätte alles machen können, nur auf Wagner kommt man nicht so unbedingt. Und er ist natürlich da in eine Lücke auch gestoßen, dieser Mangel an Heldentenören oder auch jugendlichen Heldentenören war ja zu dem Zeitpunkt schon eklatant. Ich erinnere mich an Gespräche mit Leuten, die ihn eben damals '76 gesehen haben und gesagt haben: Ja, na ja, also gesanglich, klar haben wir schon gehört, das war auch nicht ideal, aber dieser Mann auf der Bühne war einfach eine Sensation. Und selbstverständlich war er dann sehr gefragt international, auch im Schallplattenstudio. Es gibt doch eine Menge Aufnahmen von ihm, die dann auch sicher ihre Abnehmer gefunden haben, ein begeistertes Fanpublikum, das ihm nachgereist ist – wirklich ein Phänomen in jeder Hinsicht, dieser Mann.

Pokatzky: Und er war ja aber nicht nur der Klassiker, sondern er – ich habe ja gesagt, er hat begonnen als 16-Jähriger in einer Rock-and-Roll-Band, er war auch im Bereich der sogenannten U-Musik sehr präsent, hat sich als Rocker mit Lederkluft und schweren Motorrädern präsentiert. Ist das ein Abfall gewesen oder war das sozusagen die andere Seite der Medaille, das andere Herz, das in seiner Brust geschlagen hat und genauso überzeugend geschlagen hat?

Friedrich: Das war klar die andere Seite, er hat das ja auch nie wirklich vernachlässigt, und das hat da sicherlich auch Brücken geschlagen, dass Leute sich Opern angehört haben, die das sonst nicht getan hätten. Was heute ja gerne gefordert wird, das hat er schon damals eingelöst. Später war es dann schon so, wenn man sich mit ihm unterhalten hat, dass er immer noch von der Rückkehr auf die Opernbühne träumte, als davon nun wirklich keine Rede mehr sein konnte – das hat die Stimme dann nicht mehr hergegeben. Er hat auch relativ früh schon stimmlichen Raubbau betrieben. Auch das, ich sagte es schon, gehört eigentlich zu den traurigen Seiten seiner Karriere.

Pokatzky: Danke, Uwe Friedrich!